Hamburg. Teilnehmerinnen des internationalen Workcamps berichten, was ihnen von der Zeit in Neuengamme besonders in Erinnerung bleiben wird.
15 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus sieben verschiedenen Ländern kommen im Internationalen Workcamp in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme zusammen. Gemeinsam wollen sie über deutsche Geschichte und den Rechtsruck in Europa sprechen. Wie genau ihre Arbeit abläuft und was sie im Workcamp erleben, berichten die Freiwilligen selbst. Den dritten und letzten Beitrag liefern Asleena Saidee-Adinun aus Thailand und Magda Ciesielska aus Polen.
Bevor das Workcamp endet und wir aus Neuengamme abreisen, wollen wir noch berichten, wie von der kleinen Gedenkfeier, die wir spontan organisiert haben. Anlass dafür war der 80. Jahrestag des Warschauer Aufstands im Jahr 1944. An jedem 1. August wird in der polnischen Hauptstadt Warschau eine Schweigeminute abgehalten, um an den Beginn des Aufstands gegen die deutsche Besatzung zu erinnern.
Immer wieder aktiv daran arbeiten, Menschlichkeit zu bewahren
Nach diesem Tag wurde die Stadt nahezu komplett zerstört. Über 150.000 Menschen starben, viele wurden verschleppt – auch in das KZ Neuengamme. Deshalb beschlossen wir als Gruppe, gemeinsam an dieses Kriegsereignis zu erinnern und den Verstorbenen Respekt zu erweisen. lm Gedenkhain am Denkmal zur Erinnerung an die Deportierten des Warschauer Aufstandes legten wir rote und weiße Blumen nieder, die Farben der polnischen Widerstandsorganisation Armia Krajowa.
Wenn wir vor dem Workcamp an den Zweiten Weltkrieg, Holocaust oder Konzentrationslager dachten, dachten wir normalerweise an bestimmte Gruppen von Gefangenen, wie beispielsweise Juden und Jüdinnen oder politische Gefangene aus Osteuropa. Und so geht es sicher vielen Menschen, vielleicht auch Ihnen, die Sie das gerade lesen. Dank eines besonderen Rundgangs lernten wir viel über die Verknüpfungen zwischen Kolonialismus und Nationalismus.
Auch Menschen mit dunkler Hautfarbe oder asiatischem Aussehen wurden verfolgt
Susann Lewerenz, die Leiterin des Studienzentrums der Gedenkstätte gab uns die Gelegenheit, von weniger erforschte Gruppen, wie asiatische Häftlinge oder mit dunkler Hautfarbe im KZ und ihren persönlichen Geschichten zu erfahren. Da war etwa die Geschichte von Gert Schramm, einem schwarzen Deutschen, der als 15-Jähriger verhaftet und in das KZ Buchenwald gebracht wurde. Er überlebte, weil eine Gruppe politischer Gefangener ihn vor den Schikanen der SS schützte.
In seiner Autobiografie schrieb er: „Im Block war ich sicher. (...) Ich konnte mich nicht unsichtbar machen, das konnten nur meine Kameraden.“ Eine andere Geschichte von einem „Häftling of color“ ist die vom im Senegal geborenen Dominique Mendy, der als Widerstandskämpfer in Frankreich festgenommen und ins KZ Neuengamme deportiert wurde. Er war ein versierter Mann auf dem Gebiet der Mechanik und der Fotografie, entschied sich aber, den Dummen zu spielen und so mit dem Strom zu schwimmen, um zu überleben.
Überleben war nur durch gegenseitige Unterstützung möglich
Dank seiner klugen Strategie, rassistischen Stereotypen zu nutzen, gelang es ihm, anderen französischen Häftlingen zu helfen. Als er ein Stück trockenes Brot bekam, teilte er es mit seinen Mitgefangenen, um sicherzugehen, dass sie etwas zu essen hatten. Diese Beispiele erzählen uns auch, dass es selbst in der schlimmsten Zeit der Menschheit, noch jene gab, die sich ihre Menschlichkeit bewahren konnten. Beide überlebten durch die Hilfe anderer, und sie halfen im Gegenzug anderen zu überleben.
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Natürlich haben wir in all den Workshops, Führungen und Diskussionen während unserer gemeinsamen Zeit in Neuengamme viel Wissen über historische Ereignisse und politische Theorien erworben. Das Wichtigste aber war die Erkenntnis, dass „Menschlichkeit“ etwas ist, das überall und jederzeit, mit jeder Gruppe von Menschen aktiv gemacht werden kann und muss.
Besuch am Bullenhuser Damm und im Miniaturwunderland zum Abschluss des Workcamps
Es ist immer traurig, sich von diesem Ort und den neu gewonnen Freundinnen und Freunden zu verabschieden, aber unsere Zeit im Workcamp ist bald zu Ende. Zuletzt besuchen wir noch die Gedenkstätte am Bullenhuser Damm in Rothenburgsort. Dort werden wir mehr über die Geschichte der Kinder erfahren, die dort ermordet wurden, nachdem in Neuengamme medizinische Experimente an ihnen durchgeführt worden waren.
Zum Gedenken an die Kinder ist dort ein Rosengarten angelegt, den wir ein wenig pflegen werden. Anschließend folgen wir den Einladungen des Bucerius Kunst Forums und des Miniaturwunderlandes und verbringen einen gemeinsamen Abend in Hamburg. Und dann ist es an der Zeit, dass wir wieder nach Hause zurückkehren, wo wir unsere Familie und unseren Freunden von den Erfahrungen erzählen werden, die wir erlebt haben, und von allem, was wir hier gelernt haben.