Hamburg. Die Flugrouten der Vögel lassen sich täglich im Internet verfolgen. Nun haben weitere Tiere einen Rucksack mit auf die Reise bekommen.
Wenn alles gut funktioniert, können Vogelfreunde bald den Flug von elf Störchen in Richtung Süden verfolgen. Denn dem Naturschutzbund Hamburg (Nabu) ist es in den vergangenen Tagen gelungen, sechs Jungstörche zu besendern – darunter ein Vogel in Fünfhausen und fünf Störche in Altengamme. „Es ist uns gelungen, in zwei Tagen alle sechs Sender an den Storch zu bringen“, sagt Hamburgs Storchenvater Jürgen Pelch. Der Vierländer engagiert sich seit annähernd 50 Jahren ehrenamtlich für die in Hamburg lebenden Störche.
Für die Aktion hatte die Familie Buhk aus Altengamme extra den ganzen Tag gemäht. Denn die Störche fürchten die Traktoren nicht. Im Gegenteil: Sie hoffen auf Nahrung. „Bis zu 15 Störche liefen neben und hinter dem großen Traktor her“, berichtet Jürgen Pelch. Vom Traktor aus habe das Team ein Fangnetz ausgeworfen, die Störche schnell besendert und wieder freigelassen – und das alles jeweils innerhalb von etwa zehn Minuten. „Alle Störche haben es gut überstanden“, stellt Jürgen Pelch fest.
Sechs Vierländer Jungstörche tragen nun einen Sender – und auch Namen
Nun tragen sie nicht nur einen Sender, sondern auch Namen: Volker, Malte, Tobias, Marco, Christina und Pepe können bald bei ihrem Flug gen Süden begleitet werden. Die Störche tragen den Sender wie einen kleinen Rucksack. Negative Auswirkungen auf die Störche habe das zusätzliche Gewicht nicht. Der GPS-Sender wiege höchstens zehn Gramm, stellt Jürgen Pelch fest. In den Jahren 2019 und 2020 waren bereits zwölf Störche mit den kleinen GPS-Sendern ausgestattet worden.
Doch von ihnen funkten zuletzt nur noch fünf ihre Signale ins Internet: Ein Senderstorch verfing sich in der Türkei in einem Fischernetz und ertrank, in der Nähe des Nils und im Tschad verlor sich das Signal von zwei weiteren Störchen. Zwei Senderstörche wurden in Frankreich sowie in der Nähe von Delmenhorst vermutlich von Windkraftanlagen getötet. Im vergangenen Jahr wurde Störchin „Mimi“ tot im Nest bei ihren Küken am Reitbrooker Westerdeich gefunden. Jürgen Pelch nahm den Nachwuchs in seine Obhut – und schaffte es sogar, dass auch aus zwei Eiern noch kleine Störche schlüpften. Insgesamt fünf Storchenjunge päppelte er in dem Jahr zu stattlichen Jungtieren heran.
Wissenschaftliche Daten sollen Erkenntnisse zur Nahrungssuche der Störche bringen
Die Zugdaten der Tiere werden von der Universität Kiel wissenschaftlich ausgewertet, beispielsweise um die vielen Gefahren auf dem Weg in den Süden zu minimieren. Vor allem sollen die Daten aber auch Erkenntnisse über die Nahrungssuche der Vögel hier im Norden bringen: So soll herausgefunden werden, welche Flächen die Störche auf der Suche nach Futter am häufigsten aufsuchen.
Fragestellungen wie: „Werden Vertragsnaturschutz- und Ausgleichsflächen von Störchen als Nahrungsflächen bevorzugt?“ oder „Fliegen Störche geräumte Gräben oder spät gemähte Wiesen besonders häufig an?“ sollen dabei beantwortet werden, erklärte Nabu-Referent Dr. Christian Gerbich zum Start des Projekts. Daraus ließen sich dann gegebenenfalls Handlungsempfehlungen ableiten, so Gerbich. Ein Sender kostet zwischen 2000 und 2500 Euro und wird vom Nabu Hamburg finanziert, stellt Jürgen Pelch fest.
2024 war ein Rekordjahr im Storchenhorst: So viele Küken wie noch nie
2024 war erneut ein Rekordjahr für die Störche in Hamburg: 113 Storchenjunge wurden im Juni in den Nestern gezählt. Und es hätten sogar noch mehr sein können – doch wegen des nasskalten Wetters sind etwa 20 bis 30 Küken erfroren. Dennoch ist die Entwicklung der Störche in Hamburg weiter positiv. „Wir haben zehn neue Paare dazu bekommen. Die Zahlen sind echt gut. Das ist Rekord seit vor dem Krieg“, stellt Jürgen Pelch fest. Hamburg sei die Großstadt in Deutschland mit den meisten Storchennestern, wobei die Vier- und Marschlande die unangefochtene Storchenhochburg sind.
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In den kommenden ein, zwei Wochen werden sich die Jungtiere auf die Reise in den Süden begeben. Schon jetzt werden sich in Altengamme die ersten Tiere für den gemeinsamen Flug sammeln. „Die starten immer drei bis vier Wochen vor den Altstörchen“, weiß Jürgen Pelch. Die älteren Tiere müssen sich nach der kräftezehrenden Aufzucht ihrer Jungen erst wieder Fett anfressen, damit sie den langen Flug in den Süden schaffen, erklärt Pelch.
Das Leben der besenderten Weißstörche kann verfolgt werden im Internet unter https://hamburg.nabu.de/tiere-und-pflanzen/voegel/weissstorch/besenderungsprojekt/index.html mit dpa