Hamburg. Die 37-Jährige arbeitet seit 22 Jahren mit Kamm und Schere, war jüngste Meisterin und Prüferin der Innung. Wie sie ihren Job sieht.

Ann-Cathrin Wagner hat schon Tausenden Männern und Frauen die Haare geschnitten, gefärbt und gestylt. Bereits im Alter von 15 Jahren begann sie ihre Ausbildung als Friseurin. Heute ist die Vierländerin 37 Jahre und in ihrem Beruf besonders gefragt. Ann-Cathrin Wagner bildet eine Hälfte einer Doppelspitze und leitet gemeinsam mit ihrer Mutter Inge Holst (61) den Friseursalon De Hoorsnieder am Zollenspieker Hauptdeich 134. Zudem ist sie als ehrenamtliche Lehrlingswartin der Hamburger Friseurinnung die Hauptverantwortliche für die korrekten Abläufe der Gesellenprüfungen.

In ihrem Beruf ist Ann-Cathrin Wagner ihrer Zeit stets voraus: Als 18-Jährige, direkt nach ihrer Ausbildung, ging sie auf die Meisterschule in Altona. Ein Jahr später war sie die bis dato jüngste Hamburger Friseurmeisterin aller Zeiten. „Mir kam damals zugute, dass ich dem ersten Jahrgang angehörte, in dem die Teilnehmer keine drei Gesellenjahre vor der Meisterprüfung vorweisen mussten“, sagt sie.

Mit 19 Jahren jüngste Meisterin aller Zeiten: Friseurin Ann-Cathrin Wagner ist ihrer Zeit stets voraus

Parallel zu den Besuchen der Meisterschule arbeitete die damals 18-Jährige schon in dem Salon ihrer Mutter. Inzwischen greift sie dort seit 19 Jahren zu Schere, Kamm und Föhn.

Als 20-Jährige fing Ann-Cathrin Wagner an, sich ehrenamtlich für die Innung zu engagieren und Gesellenprüfungen zu übernehmen, erst praktische, bald auch mündliche. Das tat sie 15 Jahre lang viermal im Jahr. „Oft waren die Prüflinge älter als ich“, sagt sie und schmunzelt. Die gesamte Zeit über sei sie stets das jüngste Mitglied der Prüfungskommission gewesen.

Hauptansprechpartnerin für die Lehrlinge und für die auszubildenden Betriebe

Als Lehrlingswartin stehe sie inzwischen an der Spitze der Prüfungskommission. „Ich bin für die korrekten Abläufe verantwortlich, auch dafür, dass rechtlich alles einwandfrei über die Bühne geht.“ Sie ist ganzjährig Hauptansprechpartnerin für die Lehrlinge und für die auszubildenden Betriebe, hat dafür eigens ein Diensthandy, verrät Ann-Cathrin Wagner.

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Ann-Cathrin Wagner (37) mit ihrer Mutter, Inge Holst (61) aus Neuengamme, die ebenfalls Friseurmeisterin ist, vor deren Salon „De Hoorsnieder“ am Zollenspieker Hauptdeich 134.  © Thomas Heyen | Thomas Heyen

Neben Ann-Cathrin Wagner und ihrer Mutter, die ebenfalls Friseurmeisterin ist, arbeiten zwei weitere Friseurinnen in dem kleinen Salon hinterm Deich. Inge Holst hat ihn vor 38 Jahren übernommen. „Das Geschäft gibt es hier schon seit weit mehr als 60 Jahren“, weiß die Neuengammerin. Die Kunden kommen vor allem aus den Vierlanden. „Bei rund 98 Prozent handelt es sich um Stammkunden. Viele sind für einen Klönschnack zu haben, gern auch op Platt“, sagt die Seniorchefin.

Bei der Zwischenprüfung einem Modell in den Nacken geschnitten und um Blutstiller gebeten

Ob sie schon mal einen Kunden ins Ohr geschnitten hat? „Nein“, sagt die 37-Jährige, „aber als Auszubildende habe ich bei meiner Zwischenprüfung einem Modell versehentlich in den Nacken geschnitten. Ich musste den Prüfer um Blutstiller bitten.“ Der Vorfall sei glücklicherweise einmalig geblieben. Später habe sie sich bei der Arbeit höchstens in die eigenen Finger geschnitten.

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Kundin Fritzy Freschke aus Fünfhausen lässt sich von Ann-Cathrin Wagner die Haare fönen.   © Thomas Heyen | Thomas Heyen

Ann-Cathrin Wagner sagt, sie sei Friseurin aus Leidenschaft, „aus Liebe zum Beruf“. Auch nach 22 Berufsjahren sei jeder Tag anders – „die Kunden, die Köpfe, die Frisuren und die Farben, die ich auftrage“. Für ihren Traumjob halte sie sich stets auf dem Laufenden, besuche Seminare und Weiterbildungen. Was sie über neue Frisurentrends, Haarpflegeprodukte und Formen der Kundenberatung gelernt hat, gebe sie an ihre Mutter und die anderen beiden Kolleginnen im Salon in Zollenspieker weiter. „Wir machen dann hier unsere eigenen kleinen Workshops“, sagt Inge Holst.

De Hoorsnieder beraten die Kunden ausgiebig: „So können keine Missverständnisse auftreten“

Während andere Friseurinnen von verzweifelten Kundinnen berichten, die sich tränenreich beschweren, weil sie mit der neuen Frisur unglücklich sind („Sie haben mir den schönsten Tag meines Lebens versaut“), würden de Hoorsnieder nur selten Beschwerden hören, sagt Ann-Cathrin Wagner. „Das liegt vermutlich daran, dass wir die Kunden ausgiebig beraten. So können keine Missverständnisse auftreten. Wir sagen auch klar und deutlich, wenn die gewünschte neue Haarfarbe chemisch nicht herstellbar ist, schicken die Leute im Zweifelsfall wieder weg.“

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Ihre Tochter sei in der Handwerksrolle bereits als zweite Leiterin des Salons vermerkt, sagt Inge Holst. „Sie wird ihn eines Tages ganz übernehmen.“ Wer ihrer Tochter die Haare schneidet: „Das macht unser Team, meist ich.“ Das sei kein einfacher Job, verrät Inge Holst mit einem Augenzwinkern: „Da ist meine Tochter sehr anspruchsvoll.“

Hamburger Landessiegerin wurde in dem kleinen Salon in Zollenspieker ausgebildet

Rund 20 Lehrlinge wurden im Laufe der vergangenen 38 Jahre von de Hoorsnieder ausgebildet. Zu ihnen zählt Liv Rath aus Lauenburg, die Ende Januar ihre Gesellenprüfung als Beste ihres Jahrgangs in Hamburg (104 Prüflinge) absolvierte. Sie wurde mit der Gesamtnote 1,3 bewertet, holte 95,28 von 100 möglichen Punkten, berichtet die Seniorchefin des Salons stolz.