Hamburg. Zu den sechs Zukunftspreisträgern zählt auch das Projekt an der Stadtteilschule Bergedorf. Was die Teilnehmer dort voneinander lernen.
Mögen ältere Menschen Sushi? Können sie etwas mit Bloggern anfangen? Und sind die noch so spontan, dass sie einfach mal so auf die große Bühne gehen und eine Geschichte erzählen? „Ältere Menschen essen gern Sushi“, sagt Samira Schön. Die 17-Jährige ist Schülerin der 12. Klasse der Stadteilschule Bergedorf GSB, die mit ihrem Schulverein seit Mai 2023 die Generationenwerkstatt erfolgreich umsetzt und Orte schafft, an denen sich Jung und Alt gemeinsam wohlfühlen, Erlebnisse feiern. Das hat unsere Redaktion mit dem Preis „Wir für die Zukunft“ und somit 3000 Euro gewürdigt.
Offiziell sind das dann intergenerationale Workshops, die Schüler und Senioren an verschiedenen Orten in verschiedenen Formaten anbieten. So wie zum Beispiel das Sushi zubereiten und essen in der Großküche der Lehranstalt am Ladenbeker Weg. Das lief zum Auftakt der „Kulturbande“, bei der mittlerweile auch der Straßenjunge und Obdachlosen-Insider Dominik Bloh einen Abend lang Gastgeber war und die Zuhörer mit seinen Erzählungen nachhaltig bewegte. Der Blogger fesselte generationenübergreifend.
Zukunftspreis Bergedorf: Jung und Alt in der Generationenwerkstatt – ein starkes Team
Im Körbersaal des Körberhauses wiederum wurde zweimal die Bühne für das „Open Mic of generations“ freigegeben. Da standen nicht nur die Improvisationstheaterkünstler der „Steifen Brise“ als Motivatoren bereit. Einfach aufstehen, rauf auf die Bühne und etwas Nettes hinlegen – auch das klappte, wie ergreifende Momente beispielsweise von einem älteren Herren und seiner Kurzgeschichte oder der Kurz-Gig einer Band, die extra aus Norderstedt angereist war, bewiesen. Doch auch die „connection time“ an den zufällig zusammengesetzten Tischen hatte ihren Reiz. „Da hat man plötzlich mit wildfremden Menschen gesessen und gequatscht“, berichtet Schülerin Joycra Fahala aus den Open-Mic-Sessions.
Ohne Mikrofon, dafür mit Ofen, Spielbrettern oder Klapptischen: Das Format „Hand in Hand. Jung und Alt. Wir sehen uns alle bald“ setzt einfachere Ziele in der Atmosphäre eines gemütlichen Abends im Bille-Treff. Pizza oder Kekse backen, Flohmärkte konzipieren, Spieleabende organisieren. Eine der übergeordneten Zielsetzungen, vielleicht die allerwichtigste, nennt Patricia Reimers dergestalt, „dass wir das Miteinander wieder hinkriegen“. Betont niedrigschwellig, gewollt interkulturell.
Generationenwerkstatt: Überrascht, wofür sich die Generation Ü50 noch so alles engagiert
Patricia Reimers ist Klassenlehrerin des 12. Jahrgangs im Profil „Geschichte und Theater“, welche das erste Jahr Generationenwerkstatt realisierte. 25 Schüler stehen etwa 15 Ü50-Vertreter gegenüber, die seit dem Auftakttreffen im Körberhaus im Mai 2023 dabei geblieben sind. Einmal monatlich kommen die Generationen mindestens zusammen.
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Und wie ging das so mit dem Miteinander? „Was wir jüngeren Leute am ehesten gelernt haben“, sagt Samira Schön, „die Alten kommunizieren anders.“ Lieber doch ein direktes Treffen als ein Zoom-Meeting, doch besser die gute alte E-Mail statt den Ausflug in soziale Netzwerke wie Instagram, TikTok und Konsorten zu wagen. Weil bei Älteren verstärkt Unsicherheit darüber besteht, Fehler zu machen. „Zudem war ich total überrascht, wie aktiv viele Ältere noch sind, wo sie sich überall ehrenamtlich engagieren“, beobachtete Mikail Kaan Özbasi (18). Profilklassenkameradin Joyzra fand manchmal den Weg hin zum Produktiven beschwerlich: „Jung und Alt waren nicht immer sofort auf einer Wellenlänge, aber am Ende zählt das Ergebnis“, sagt die 18-Jährige.
Zukunftspreis Bergedorf: Das will die Generationenwerkstatt mit dem Preisgeld machen
Mit dem Preisgeld von 3000 Euro soll nun das nächste Open Mic realisiert und finanziert werden. Dann übrigens nicht mehr mit Joycra, Mikail oder Samira – sie und ihre Profilklasse übergeben an die jetzige „11.3“, die im neuen Schuljahr zur 12. Klasse wird. Gute Aussichten, dass die Generationenwerkstatt ein Dauerbrenner wird.