Hamburg. Die Überschwemmungen in Bergedorf wären wohl vermeidbar gewesen. Doch wer ist für die Reinigung der verstopften Sieleinläufe zuständig?

Der Starkregen vom vergangenen Donnerstag, 27. Juni, und sein Nachläufer am frühen Sonntagmorgen, 30. Juni, haben Hamburgs Behörden buchstäblich ihre Grenzen aufgezeigt: Auch wenn die Wassermassen Hauptstraßen wie die B5 in Lohbrügge überfluteten oder aus der Chrysanderstraße neben dem Sachsentor eine riesige Badewanne machten – zuständig dafür, diese Überschwemmungen künftig zu vermeiden, ist offenbar niemand.

Autofahrer sollten sich an die lebensgefährliche Flut auf der B5 in Höhe der Einmündung des Heckkatenwegs gewöhnen, empfiehlt Hamburg Wasser auf Nachfrage unserer Zeitung: „Die Kanalisation muss grundsätzlich nur Regenereignisse der Kategorien eins und zwei ableiten können, also bis zu 30 Liter je Quadratmeter in der Stunde“, schreibt Sprecherin Anna Vietinghoff. Die in Bergedorf niedergegangenen knapp 50 Liter innerhalb einer Dreiviertelstunde entsprächen aber der Kategorie zehn. „Ein flächendeckender Ausbau der Kanalisation für solche relativ seltenen Regenereignisse ist weder wirtschaftlich sinnvoll, noch technisch möglich.“ Autofahrer müssten ihre Geschwindigkeit also den äußeren Umständen anpassen.

Überflutete Straßen: Behörden lehnen Zuständigkeit dafür ab

Tatsächlich zeigt Hamburgs Wasseratlas für den Fall solcher Niederschläge einen See mit bis zu einem Meter Wassertiefe auf der Bergedorfer Straße/B5 im betroffenen Lohbrügger Bereich. Und auf der Chrysanderstraße dürfen es neben dem Sachsentor dann immerhin auch bis zu 30 Zentimeter sein. „Die Bergedorfer Straße/B5 liegt im betroffenen Bereich in einer natürlichen Senke, weshalb sich das Wasser auf Höhe der Einmündung des Heckkatenwegs sammelt“, schreibt Anna Vietinghoff mit Blick auf den rund 100 Meter langen und gut fünf Meter breiten unnatürlichen See.

Auf gut 100 Metern kaum zu befahren: die Richtungsfahrbahn Hamburg der B5 auf Höhe des Heckkatenwegs in Lohbrügge.
Auf gut 100 Metern kaum zu befahren: die Richtungsfahrbahn Hamburg der B5 auf Höhe des Heckkatenwegs in Lohbrügge. © bgz | Christoph Leimig

Zudem könnten „bei Sturm, Hagel und starkem Wind schnell Laub, Äste und sonstiger Unrat die Straßensiele verstopfen“, beschreibt sie den eigentlichen Kern des Problems. Denn dieser quasi natürliche Pfropfen liegt ganz außerhalb jeglicher Behördenzuständigkeit: Hamburg Wasser verweist darauf, dass ihre Verantwortung erst unter dem Sieleinlauf beginne, nämlich mit der eigentlichen Stadtentwässerung durch die Kanalisation. Oberirdisch seien dagegen das Bezirksamt, die Verkehrs- und die Umweltbehörde zuständig.

Mit Laub und Dreck zugesetzte Straßensiele? Feuerwehr muss es richten

Doch in Bergedorfs Rathaus weist man die Verantwortung zurück: „Zuständig für den Regenabfluss sind Hamburg Wasser sowie der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer, kurz LSBG“, bleibt Bezirksamtssprecherin Gabriele Günter einsilbig. Während auch der LSBG auf unsere Nachfrage abwinkt, weil ihm kein Auftrag irgendeiner Behörde vorliege, hier tätig zu werden, richtet sich der Blick auf die Stadtreinigung. Schließlich sei sie es, die neben den Anliegern für die Sauberkeit der Straßen zuständig ist.

Also auch für oberflächlich zugesetzte Siele? Doch bei der Stadtreinigung fragt man sich, wie das mitten in einem Starkregen möglich sein soll.

Hier fließt nichts mehr ab: eines der mit Laub und Dreck zugesetzten Siele an der Chrysanderstraße nach dem Unwetter.
Hier fließt nichts mehr ab: eines der mit Laub und Dreck zugesetzten Siele an der Chrysanderstraße nach dem Unwetter. © bgz | Ulf-Peter Busse

So blieb die Beseitigung der Laub- und Dreckberge auf den Sielen letztlich der Feuerwehr überlassen, die auf der B5 jeweils mit Wathosen in die Fluten stieg. Tatsächlich genügte es fast überall, die Einläufe frei zu schieben, um die Fahrbahnen binnen Minuten wieder trocken zu legen. Ebenso war es an der Chrysanderstraße, wo beherzte Anlieger zu Schaufel und Besen griffen, um dann zu beobachten, wie die Wassermassen als Strudel in der Kanalisation verschwanden.

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Für Hamburg Wasser ist das trotz des Starkregens keine Überraschung: „In Bergedorf sind die Siele in den vergangenen Jahren sukzessive immer weiter ausgebaut worden, um das System zu optimieren“, schreibt Anna Vietinghoff. Die Kapazitäten seien dabei deutlich erweitert worden.

Unterspült und unbegehbar: Blick auf den Wanderweg direkt neben der Gewerkschaftsbrücke hinter dem Wohnkomplex Billebogen.
Unterspült und unbegehbar: Blick auf den Wanderweg direkt neben der Gewerkschaftsbrücke hinter dem Wohnkomplex Billebogen. © bgz | Christoph Leimig

Viel Arbeit haben die Fluten derweil für Bergedorfs Grünabteilung hinterlassen: Diverse Wanderwege sind von tiefen Furchen durchzogen, mancher Baum ist in Schieflage oder hat abgeknickte Äste. Besonders betroffen ist der Wanderweg hinter dem Wohnkomplex Billebogen. Dort hat die Polizei einen Bereich neben der Gewerkschaftsbrücke gesperrt, weil hier sogar die Pflastersteine weggeschwommen sind.