Lohbrügge. Multikulti-Projekt läuft einmal im Monat im Lohbrügger Kulturzentrum Lola. Das Konzept dahinter ist ganz einfach.

Das Integrationsprojekt Hello world! Bergedorfer Global Session“ lockt jeden Monat bis zu 120 Musiker und Zuschauer in die Lola an der Lohbrügger Landstraße. Im Saal des Kulturzentrums musizieren dann geflüchtete Menschen und Menschen mit Migrationshintergrund gemeinsam mit Einheimischen. Das Jam-Session-Projekt wurde vor knapp sieben Jahren von den Lola-Mitarbeitern Hartmut „Hardi“ Falkenberg (69) und Holger Zetzsche (57) gestartet, um die Lola weiter für Geflüchtete und Eingewanderte zu öffnen, „für Menschen, die vielleicht schon länger in Bergedorf leben, aber von der Lola und ihren vielen Angeboten bisher nichts mitbekommen haben“, betont Falkenberg.

Die aufwendig organisierten Sessions sind längst ein Hit. Deshalb gehören sie zu den sechs Projekten, die am 6. Juli im Körberhaus mit dem Preis „Wir für die Zukunft“ ausgezeichnet wurden. Der Zukunftspreis wurde gemeinsam von der Bergedorfer Zeitung, dem Verein Hamburger Abendblatt hilft und der Volksbank Bergedorf ausgelobt. Die 3000 Euro Preisgeld sollen in professionell gestaltete Social-Media-Filme investiert werden, mit denen die „Hello world!“-Sessions einen noch höheren Bekanntheitsgrad erlangen werden.

An jedem dritten Freitag im Monat treffen sich die Musiker – Laien und auch Profis – um 19 Uhr, Zuschauer sind ab 20 Uhr willkommen. Der Eintritt ist frei. Mitmachen darf jeder Instrumentalmusiker und Sänger. Koordiniert werden die Abende von renommierten musikalischen Leitern. „Wir halten eine große Auswahl an Instrumenten vor, etwa Schlagzeug, Keyboard und Gitarren, zudem Mikrofone und das weitere Equipment, um die Musik elektrisch zu verstärken“, sagt Zetzsche. Ein Tontechniker steuert den Sound. Kaffee, Tee, Wasser und Kekse stehen parat, neben einer Spendenbox. Wer andere Getränke- oder Essens-wünsche hat, geht in die Lola-Bar, die sich mit unter dem Dach des Kulturzentrums befindet.

„Anfangs, ab Herbst 2017, gab es die Sessions rund drei Jahre lang auch im Kulturheim am Mittleren Landweg, um die Menschen aus der Flüchtlingsunterkunft Gleisdreieck, der größten in Hamburg, noch besser zu erreichen“, sagt Falkenberg. Zuvor, 2015, waren vor allem Menschen aus Syrien nach Hamburg gekommen. Und die Menschen aus dem Gleisdreieck kamen in den „Kuller“: „Dort hatten wir bis zu 200 Besucher“, sagt Zetzsche und fügt hinzu: „Die Menschen waren froh, dass ihnen etwas geboten wurde, haben im Kreis zu der Musik getanzt. Damals haben ganze Familien mitgefeiert.“

Die „Global Sessions“ in der Lola sind ein internationaler Hit

Die Sessions im „Kuller“ seien ein Türöffner gewesen, viele der Besucher seien in der Folge auch zu den Sessions in der Lola gekommen. Längst sei auch das Ziel erreicht worden, die Geflüchteten und Eingewanderten für die anderen Lola-Angebote zu interessieren: „Die Menschen besuchen hier auch andere Veranstaltungen“, sagt Zetzsche und fügt hinzu: „Sie sind auch anderswo in der Stadt kulturell unterwegs, zu Gast etwa auf Kampnagel, in der Zinnschmelze und im Thalia Theater. Das hat unsere ‚Global Session‘ mitbewirkt.“

Die Sessions auf dem Lande waren damals aufwendig beworben worden, mit Flyern, Plakaten und Auftritten von Musikern bei einem Sommerfest im Gleisdreieck. Der Aufwand, jede dritte Session dort zu veranstalten, sei allerdings enorm gewesen: „Wir mussten ja jedes Mal die gesamte Technik aus der Lola in das Kulturheim schaffen“, sagt Zetzsche, der in der Lola für das Buchen der Bands zuständig ist. Helfer des Vereins Teemobil versorgten die Teilnehmer mit für sie kostenfreien Getränken und Snacks. „Viele arabische Frauen haben selbstgebackene Kuchen und Kekse mitgebracht“, erinnert sich Falkenberg.

Dank des Nationen-Mixes erklingen auch lateinamerikanische Klänge, wird auf Arabisch zu Salsa gesungen

Falkenberg und Zetzsche haben viel Hilfe bekommen: Zwei Bundesfreiwilligendienstleistende, die bei Sessions als Musiker dabei waren, haben Ansagen und Flugblätter ins Arabische und in andere Sprachen übersetzt. „Sie waren unser Kontakt in die Geflüchteten-Szene, die damals vor allem aus Syrern bestand“, sagt Falkenberg. „Inzwischen ist es ein größerer Nationen-Mix, kommen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen auch aus Ländern wie Eritrea, Afghanistan, Venezuela oder dem Sudan. Da erklingen dann auch schon mal lateinamerikanische Grooves.“

Die Lola-Männer haben auch zwei begleitende Workshops initiiert: Im Haus Brügge und im Pink Haus konnten interessierte Musiker sich eingehender mit verschiedenen musikalischen Traditionen vertraut machen.

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Überhaupt sei der Stilmix sehr bunt – eben so wie das Feld der Musiker: „Wir hatten hier auch schon arabischen Gesang zu Salsa-Rhythmen, es wird auch Pop, Rock, Reggae und Jazz gespielt, gelegentlich erklingen Coverversionen“, sagt der Lola-Bucher. Nicht selten seien sehr gute Instrumentalisten und Sänger am Start. Durchschnittlich etwa ein Viertel der Besucher würden sich aktiv in die Sessions einbringen, die anderen sind das Publikum. Oft werde auch getanzt. „Das Schöne ist ja, dass Musik auch ohne Sprachkenntnisse verbindet. Das ist eine internationale Gesetzmäßigkeit“, betont Zetzsche.

Den Besuchern wird sogar ein orientalischer Teppich ausgerollt

Um den Musikern im Publikum Überwindungsängste zu nehmen, gibt es keine Bühne: Die Instrumente stehen ebenerdig. Die Saaltür bleibt den Abend über geöffnet. „Wir rollen sogar einen orientalischen Teppich aus, zumindest ein hübsches Imitat“, sagt Falkenberg mit einem Augenzwinkern. Die Sessions haben viele Stammgäste, einige Besucher sind seit mehreren Jahren regelmäßig dabei – selbst wenn sie inzwischen in einer Wohnung am anderen Ende der Stadt leben. Anfeindungen unter Menschen verschiedener Nationalitäten habe es nie gegeben.

Finanziert werden die „Global Sessions“ durch Spenden, Eigenmittel der Lola und vor allem durch das Bergedorfer Bezirksamt. Von dem mit dem Zukunftspreis verbundenen Preisgeld in Höhe von 3000 Euro sollen nun handwerklich versierte Leute engagiert werden, die bei den Sessions Image-Videos erstellen, um sie dann in Sozialen Medien wie Facebook (facebook.com/helloworldglobalsession) zu präsentieren. „Bisher übernehme ich diese Aufgabe, aber ich bin auf diesem Gebiet ein absoluter Laie“, sagt Zetzsche. Die „Global Session“ ist nun in der Sommerpause. Multikulti-Musik erklingt in der Lola wieder am Freitag, 27. September.