Bergedorf. In schmaler Sackgasse gehen Beamte oft mit Augenmaß gegen Falschparker vor. LBV-Mitarbeiter kennen hingegen kein Erbarmen.
Das Parken in der kleinen Wohnstraße Unterm Heilbrunnen ist kein Zuckerschlecken. Anwohner Ernst August Schmidt kann ein Lied davon singen. „Die Plätze sind rar, laut Beschilderung muss man an beiden Seiten halb auf dem Bürgersteig und halb auf der Straße stehen, und am Ende unserer Sackgasse kann man noch nicht einmal wenden, weil es hier vor der Fußgängerbrücke über die Brookwetterung viel zu eng ist“, schildert er die Situation. Daher passiert es mehrmals am Tag, dass Autofahrer nach dem Einbiegen von der Holtenklinker Straße (B5) auf der linken Seite eine Parklücke entdecken und dort kurzerhand in Gegenrichtung einparken.
Genau genommen ist das verboten. Es kann auch gefährlich sein, etwa wenn Autofahrer in einer Kurve links parken und später beim Ausparken jenseits der Fahrbahnseite schlechte Sicht haben und zudem erst einmal die Gegenspur kreuzen. In dieser keine 100 Meter langen Sackgasse aber ist das deutlich weniger riskant. Sie verläuft schnurgerade, man kann schon beim Einsteigen schauen, ob unten am Ende ein anderes Auto startklar ist und zudem im rechten Seitenspiegel sehen, ob von hinten aus Richtung B5 jemand gefahren kommt.
Bergedorfer Polizei verteilt „Placebo-Strafzettel“ in kurioser Sackgasse
Die Fußstreifen der Bergedorfer Polizei sind daher in der Regel nachsichtig, wenn in dieser Straße Fahrzeuge in falscher Richtung parken, und verschonen diese mit Knöllchen. Das versicherte Bergedorfs Verkehrspolizeichef Björn Schramm auf Anfrage.
Gleichwohl kassierten in den vergangenen Wochen gleich mehrere Autofahrer gebührenpflichtige Verwarnungen wegen dieses Delikts. Das kostet immerhin zehn oder auch mal 15 Euro. Ernst August Schmidt ärgert das: „Wer das künftig vermeiden will und deswegen möglicherweise mitten im Berufsverkehr mit seinem Wagen auf die B5 zurücksetzt, um dort zu wenden und rückwärts wieder hier reinzufahren – der riskiert doch sein und anderer Menschen Leben.“
Verkehrspolizeichef: „Gehen mit Fingerspitzengefühl vor“
Björn Schramm kann sich nach eigenen Worten nicht vorstellen, dass diese Knöllchen von seinen Bergedorfer Mitarbeitern stammen: „Wir gehen bei der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten im stehenden Verkehr mit Fingerspitzengefühl vor. Wir konzentrieren uns generell auf höherwertige Delikte.“ Und er verrät: „Manchmal stellen wir auch sogenannte Placebos aus, klemmen sie hinter den Scheibenwischer, damit Beobachter sich nicht darüber beschweren, dass wir untätig waren.“ Die „Placebos“ sind kleine Infozettel, die aber keine Gebührenpflicht nach sich ziehen. Der Verkehrspolizeichef vermutet, dass die kostenpflichtigen Knöllchen von den Fußstreifen des Hamburger Landesbetriebs Verkehr (LBV) stammen, die der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVW) untersteht.
BVW-Sprecher Dennis Heinert meint dazu: „Innerhalb der vergangenen drei Monate hat der LBV die Straße Unterm Heilbrunnen lediglich an drei Tagen im Rahmen der Bergedorfer Kontrolltätigkeit aufgesucht. Es gibt auch keine veränderte Ahndungspraxis vor Ort.“ Und: „Bei den Kontrollen vor Ort wurde durchaus festgestellt, dass Fahrzeuge auf beiden Seiten in Fahrtrichtung korrekt geparkt sind.“ Unklar aber sei an der Stelle, wie – wenn entgegen der Fahrtrichtung geparkt wird – der Ausparkvorgang ohne Wenden in Richtung Holtenklinker Straße erfolgen soll. „Hier kann kein Unterschied beim Wendemanöver Ausparken entgegen der Fahrtrichtung, sowie Einparken, um in Fahrtrichtung zu parken, gesehen werden.“
Fahrradfahrer könnten gefährdet werden
Wichtig ist laut Heinert auch: „Bei den Kontrollen wurde ein reger Fahrradverkehr aus Richtung Brookdeich festgestellt. Beim Ausparken entgegen der Fahrtrichtung ist die Sicht in den Fahrbahnbereich meistens erschwert bis gar nicht möglich. Daher stellt dieser Ausparkvorgang auch ein Risiko für entgegenkommende Fahrräder dar.“ Also wird es wohl weiterhin LBV-Knöllchen für Falschrichtungsparker in dieser Straße geben.
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Eine rechtskonforme Lösung des Problems kann nach Einschätzung von Verkehrspolizeichef Schramm allein baulicher Natur sein, sei es durch Anlegen eines Wendehammers oder Beschränkung auf weniger Stellplätze. „Beides bedeutet weniger Parkraum und ist ganz sicher nicht im Interesse der Anlieger.“