Wentorf/Reinbek. Der Wentorf-Reinbeker Golf-Club möchte sich stärker für Familien öffnen, ohne langjährige Mitglieder zu verprellen. Ein Drahtseilakt.

Die Seniorinnen und Senioren sind die Seele des Golfsports. Beim Wentorf-Reinbeker Golf-Club etwa, der mit seinem Gründungsjahr 1901 zu den ältesten Golfvereinen in Deutschland gehört, sind zwei Drittel der Mitglieder im Rentenalter. Entsprechend sorgsam muss mit der kostbaren Klientel umgegangen werden. Als der damalige Präsident Patrick Narr die fünfstellige Aufnahmegebühr aussetzte und in einem Interview mit unserer Redaktion im Sommer 2021 verkündete, der Club müsse jünger werden, war die Aufregung groß. „Da war ganz schön Alarm im Club“, erinnert sich Katrin Glum, bei der in der Geschäftsstelle alle Fäden des Vereinslebens zusammenlaufen.

Doch auch unter der neuen Präsidentin Tanja Frank blieb es bei der Abschaffung der Gebühr, und gesunken ist der Altersschnitt im Verein auch, weil während der Corona-Pandemie viele Familien in Kontakt mit dem Golfsport kamen, die vorher keinen Bezug dazu hatten. Joachim Watterodt möchte nun dazu beitragen, diese Entwicklung fortzuführen, und hat daher die Öffentlichkeitsarbeit im Club übernommen. „Golf ist nicht dieser versnobte, elitäre Sport, als der er gilt“, ist der 73-Jährige überzeugt. „Es ist ein Familiensport.“

Wenn der Großvater mit der Enkelin ein Team bildet

Bestimmte Spielformen wie die „Familien-Vierer“, bei der der Großvater an der Seite seiner Enkelin in einer Mannschaft spielen kann, sollen das Zusammengehörigkeitsgefühl von Jung und Alt weiter fördern. Erste Erfolge gibt es schon. Als der Club im April 2022 ein Benefizturnier zugunsten der Ukraine ausrichtete, waren mehr als die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer Senioren, die folglich auch den Löwenanteil der erspielten 8035 Euro Spendensumme beisteuerten.

Um neue Kundenkreise zu erschließen, setzt der Wentorf-Reinbeker Golf-Club mittlerweile auch auf Grundschul-AGs, bei den Neun- bis Zehnjährige zum ersten Mal in ihrem Leben den Schläger schwingen. „Es dauert normalerweise so ungefähr eine halbe Stunde, dann stellen sich bei ihnen schon erste Erfolge ein“, schildert Bill Winters stolz, der Jugendtrainer und 2. Pro des Clubs.

Die Grüns haben eine Länge von präzise 3,5 Millimetern

Doch es bleibt mit Blick auf das 125-jährige Vereinsjubiläum im Jahr 2026 ein Drahtseilakt, die Mitgliederstruktur des Clubs langsam zu wandeln, ohne dabei den familiären Charakter des Vereins zu riskieren. Denn gerade die älteren unter den 960 Mitgliedern schätzen eine Atmosphäre, in der jeder jeden kennt. Bestimmte Standards werden ohnehin erhalten bleiben. So wird Rainer Schmidt, einer von sechs Greenkeepern des Clubs, die Grüns auch weiterhin auf präzise 3,5 Millimeter Länge schneiden, weil es sich darauf am besten spielt.

Die Fairways mit ihrem üppigen Baumbestand sind schmal und schwer zu spielen. Frust für Neulinge ist da programmiert. Der Versuchung zu widerstehen, einfach zu schummeln, wenn der Ball sich verflogen hat, dürfte für viele nicht leicht sein. So wird Golf zur Schule des Lebens. „Wer beim Sport nicht ehrlich gegen sich selbst sein kann“, ist Joachim Watterodt überzeugt, „der hat diese Eigenschaft auch im Leben nicht.“