Bergedorf. Fünf Wochen Zwangspause für Hobbyläuferin Alexandra Simon-Homberger nach Corona-Infektion. Die Rückkehr ins Training birgt Gefahren.

Alexandra Simon-Homberger war gut drauf. Innerhalb von elf Monaten hatte sich die 45-Jährige aus Alt-Nettelnburg unter der Anleitung des Bergedorfer Leichtathletik-Trainers Björn Andressen (www.laufen-macht-spass.com) von der Hobbysportlerin zur ambitionierten Langläuferin entwickelt. Mit dem Hamburg-Marathon 2021 als großem Ziel. In unserer Serie „Lebenstraum Marathon“ begleiten wir sie dabei.

„Sie war wirklich auf einem super Weg“, betont Andressen. Selbst anspruchsvolle Einheiten wie eine 22-Kilometer-Strecke mit Tempowechseln steckte Simon-Homberger mühelos weg.

Nach Corona-Erkrankung: Alexandra Simon-Homberger setzt sich neue Marathon-Ziele

In unserer Serie „Lebenstraum Marathon“ begleiten wir Alexandra Simon-Homberger seit Januar 2020.
In unserer Serie „Lebenstraum Marathon“ begleiten wir Alexandra Simon-Homberger seit Januar 2020. © BGZ | Daniel Reichstaller

Doch was war dann? „An einem Wochenende bin ich beim Laufen plötzlich komplett eingebrochen“, erinnert sie sich. „Ständig musste ich Gehpausen einlegen. Das war mir noch nie zuvor passiert. Ich konnte mir das gar nicht erklären.

Die Juristin und zweifache Mutter hakte die Sache ab. Auch als sie fünf Tage später Halsschmerzen bekam, wurde sie noch nicht misstrauisch. „Die waren schnell wieder weg. Ich habe mir gedacht: ,Du spinnst!‘, und bin am selben Tag noch Laufen gegangen. Elf Kilometer. Danach fühlte ich mich komplett zerschlagen.“ Auch die Halsschmerzen waren wieder da, diesmal dauerhaft. „Das waren so richtig stechende Halsschmerzen“, erzählt sie. „Das hat sich komplett anders angefühlt als alles, was ich kannte.“

„Stechende Halsschmerzen“ als warnendes Signal der Covid-19-Erkrankung

Eine dunkle Befürchtung stieg in ihr auf, die sich schnell bestätigte: Corona! „Ich habe keine Ahnung, wo ich mich angesteckt haben könnte. Das ist das Unheimliche“, rätselt Simon-Homberger. „Zum Glück habe ich in meiner Familie niemanden angesteckt.“

Fünf Wochen musste sie komplett mit dem Sport aussetzen. „Das ist der Reset-Knopf. Wir müssen jetzt praktisch wieder von vorn anfangen“, sagt Andressen. Dass der Hamburg-Marathon mittlerweile auf unbestimmte Zeit verschoben worden ist, hat sich als Glücksfall erwiesen: „Eine Teilnahme am ursprünglichen Termin, dem 25. April, wäre nicht gesundheitsförderlich gewesen“, ist Andressen sicher. Er selbst hat die 42,195 Kilometer schon acht Mal bestritten, zuletzt beim New-York-Marathon 2019.

Mitstreiter einer Facebook-Gruppe laufen weiter, sie aber hat Sportverbot

In seinen Seminaren versucht er, ambitionierten Läufern Trainingshilfen zu geben und Anfängern den Spaß am Laufen zu vermitteln. Häufig muss er dabei seine Aktiven bremsen, denn viele wollen zu schnell zu viel. „Es macht Sinn, im Training die Länge der Strecke mit der Zeit zu steigern“, erläutert der 43-Jährige, dessen Marathon-Bestzeit bei 3:27,39 Stunden liegt. „Aber niemals um mehr als zehn Prozent innerhalb einer Woche, was die Zeit oder die Strecke angeht.“

Über Fitness-Apps wie Garmin Connect, adidas runtastic oder die Hersteller-unabhängige Läufer-App Strava können sich die Aktiven auch in Lockdown-Zeiten vergleichen und gegenseitig motivieren. Kleines Problem dabei: Wenn man selbst lahm gelegt ist, rennen die anderen immer noch. „Ich bin in einer Facebook-Gruppe von Laufanhängern“, erzählt Simon-Homberger. „Die entwickelten sich weiter, ich saß rum. Das war nicht so einfach.“

Wiedereinstieg nach Corona ist gefährlich – auch für Profisportler

Doch Ungeduld ist beim Wiedereinstieg ein schlechter Ratgeber. Erst recht nach einer Corona-Erkrankung, deren Auswirkungen auf den Körper noch nicht vollends erforscht sind. Hier kann es schnell gefährlich werden, auch für Leistungssportler.

Im vergangenen November erkrankte der Wolfsburger Eishockey-Profi Janik Möser an Corona. Leichter Verlauf, kaum der Rede wert. Der 25-Jährige wollte schnell zurück aufs Eis. Bei einer Routine-Untersuchung dann der Schock: Herzmuskelentzündung!

Viele Sportler kommen nicht schnell wieder auf die Beine

„Der Sportler hatte großes Glück“, sagte Martin Halle, Direktor der Präventiven Sportmedizin und Sportkardiologie der TU München dem „Spiegel“. „Bei der Lunge merken Sie, wenn etwas nicht stimmt. Sie husten oder haben Atemnot. Das Herz spüren Sie nicht.“ Möser ist offenbar kein Einzelfall. „Seit Beginn der Pandemie kommen immer mehr Sportler zu uns und sagen: ,Ich hatte Corona und komme nicht wieder auf die Beine‘“, schilderte Halle.

„Der Traum ist jetzt ein anderer“Alexandra Simon-Homberger ist auf Nummer sicher gegangen, absolvierte ein Belastungs- und ein Langzeit-EKG, bevor sie in diesen Tagen wieder ins Training eingestiegen ist. Dass aus dem geplanten Marathon im April nun nichts wird, damit hat sie sich abgefunden. „Der Traum ist ein anderer geworden“, sagt die 45-Jährige. „Ich hoffe jetzt auf den Herbst.“