Bergedorf. In „Lebenstraum Marathon“ verfolgen wir den Weg von Alexandra Simon-Homberger zu ihrem ersten Marathon.

Sehnsüchtig blickt Alexandra Simon-Homberger in Richtung Fenster. „Ist das heiß hier!“, stöhnt sie. Draußen sind 25 Grad, hier drinnen im zweiten Stock der Praxis-Klinik Bergedorf noch mehr. Doch viel Zeit zum Nachdenken bleibt der 45-Jährigen aus Alt-Nettelnburg nicht. Dann heißt es schon wieder: Zurück aufs Laufband!

In 16 Monaten will die zweifache Mutter unter der Anleitung des Bergedorfer Lauftrainers Björn Andressen (laufen-macht-spass.com) fit für den Hamburg-Marathon 2021 werden. Unsere Zeitung begleitet sie auf diesem Weg. Im Januar hat sie mit dem Training begonnen. Heute steht nun erstmals ein Laufband-Stufentest an, bei dem ihre körperliche Belastungsgrenze ermittelt wird. „Viel zu spät eigentlich“, gibt Andressen zu, „aber wegen Corona war das vorher leider nicht möglich.“

Es geht noch ganz gemächlich los...

Das Programm ist hart. Begonnen wird im gemächlichen Tempo von sechs Kilometern pro Stunde. Drei Minuten dauert eine Stufe, dann erfolgt eine kurze Blutabnahme, und es geht ohne große Pause weiter, wobei die Geschwindigkeit jeweils um deutlich spürbare 1,2 Kilometer pro Stunde gesteigert wird, bis die Athletin schließlich den Test vor Erschöpfung abbricht. „Ich schätze, sie schafft fünf Stufen. Bei der sechsten ist es vorbei“, prognostiziert Andressen.

Gemessen wird der Laktatwert im Blut, der Aufschluss über den Fitnesszustand der Läuferin gibt. Laktat entsteht bei der Verstoffwechselung von Kohlehydraten. Das ist einer von zwei Wegen, wie der Körper an Energie gelangen kann. Der andere ist die Fettverbrennung. Kohlehydrate sind schnell und leicht verfügbar, aber auch schnell aufgebraucht. Fettverbrennung ist langsamer, aber dauerhafter. „Sie ist das, was wir anstreben“, betont Andressen.

… doch dann wird es richtig hart

Beide Prozesse finden immer gleichzeitig statt, die Fettverbrennung jedoch nur so lange, wie der eingeatmete Sauerstoff ausreicht, um den Bedarf zu decken, die Läuferin also aerob unterwegs ist. Wird die Belastung zu groß, kippt es ins anaerobe Laufen, bei dem keine Fettverbrennung mehr stattfinden kann. Die Laktatwerte schnellen in die Höhe, die restliche Energie im Körper ist schließlich aufgebraucht.

Genau an diesen Punkt soll Alexandra Simon-Homberger heute gebracht werden. Doch sie schlägt sich hervorragend. Die ersten zwei, drei, vier Stufen absolviert sie ohne große Probleme. Was sie nicht ahnt, die Messwerte aber später zeigen: Zwischendurch sinkt ihr Laktatwert sogar. Der Körper hat verstärkt auf Fettverbrennung umgeschaltet, ein Zeichen für eine gut trainierte Sportlerin. „Du läufst wie ein Uhrwerk“, lobt Andressen, „ich bin ex­trem zufrieden.“

Auf der sechsten Stufe ist es vorbei

Bei Stufe fünf gehen die Wahrnehmungen dann auseinander. „Ich sehe noch kein Anzeichen von Erschöpfung“, staunt Andressen, die Messdaten ständig im Blick. Simon-Homberger wird heiß, sie krempelt sich die Ärmel hoch, der Kopf macht nicht mehr mit: „Ich glaube nicht, dass ich noch eine Stufe schaffe.“ Sie geht die Sechs an, zwölf Kilometer pro Stunde sind es jetzt schon, hält eineinhalb Minuten durch, dann ist es vorbei. „Ich habe immer die Wand angestarrt und versucht, mit vorzustellen, ich wäre im Wald“, schildert sie, „das hat zum Schluss einfach nicht mehr funktioniert.“