Bergedorf. Bergedorfer HAW-Forscher: Angst vor steigenden Energiepreisen und Engpässen durch den Ukraine-Krieg lassen Öko-Moral schrumpfen.
Mehr als die Hälfte der Menschen in Norddeutschland glaubt nicht oder nicht mehr daran, dass die Ziele der Energiewende erreicht werden können. So lautet das Ergebnis einer Erhebung des Norddeutschen Real-Labors, einer Forschungseinrichtung des Competence Centers für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz (CC4E) der HAW in Bergedorf.
Nach diesen Angaben halten nur 42 Prozent der Befragten es für wahrscheinlich, dass der CO2-Ausstoß für den Klimaschutz merklich gesenkt werden kann. 45 Prozent halten einen Verzicht auf Kernenergie für realistisch. Bei der laut den Autoren repräsentativen Online-Befragung interviewten die Meinungsforscher im Januar und im Februar 1624 Personen und – nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs – noch einmal 1636 Personen in Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen.
Hohe Identifikation mit Zielen, Zweifel an Erreichbarkeit
„Auffällig ist, dass der hohen Skepsis gegenüber der Erreichbarkeit der Energiewende eine starke Identifikation mit deren Zielen gegenübersteht“, sagt die Autorin der Studie, Pia Arndt. So hielten 82 Prozent der Befragten es für sehr wichtig, Lebensgrundlagen für nachfolgende Generationen zu sichern.
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Nur 45 Prozent glauben aber daran, dass dies gelingt Für 81 Prozent ist Deutschlands Unabhängigkeit von Energie-Importen ein maßgebliches Ziel, doch gerade mal 44 Prozent glauben an dessen Erreichbarkeit. Höchste Priorität haben laut Studie Versorgungssicherheit (89 Prozent) und langfristig sinkende Energiekosten (85 Prozent).
Persönlich spürbare Auswirkungen werden verallgemeinert
„Energiewende-Ziele mit persönlich spürbaren Auswirkungen werden seit Anbahnung des Ukraine-Krieges als die das Gemeinwohl betreffenden Ziele empfunden“, beobachtet Pia Arndt. So hätten bei einer ähnlichen Befragung im Jahr 2020 nur 61 Prozent die Kostenfrage priorisiert. Klimaschutz und sinkender CO2-Ausstoß lagen 2020 noch bei 86 Prozent der Befragten weit vorn, jetzt sind es 76 Prozent. Autorin Arndt: „Defizite in der Glaubwürdigkeit der Energiewende und Ängste vor den Auswirkungen des Ukraine-Krieges bergen das Risiko, dass die Stimmung in der Bevölkerung kippt und der Faktor Nachhaltigkeit bei der Wahl des Energieträgers an Bedeutung verliert.“
Dagegen haben nach Worten von CC4E-Leiter Prof. Werner Beba die seit Kriegsbeginn drastisch gestiegenen Preise für fossile Energien den Willen der Menschen zur Energiewende wieder beflügelt: „Die Senkung der Mineralölsteuer war da schon ein ziemlicher Dämpfer.“