Hamburg. Beim abstiegsbedrohten SVNA steht nun Lars Stephan zwischen den Pfosten. So kam es zum überraschenden Engagement des Routiniers.

Vier Jahre lang hatte Slavec Rogowski, Trainer des SC Wentorf, versucht, Keeper Lars Stephan für ein Engagement beim Fußball-Bezirksligisten zu begeistern. Am Mittwoch vorvergangener Woche schien der Coach seinem Ziel ganz nah zu sein. Achteinhalb Monate nach seinem Abschied aus persönlichen Gründen beim Staffelrivalen SV Börnsen trainierte Stephan bei den Wentorfern mit. Erst einmal „nur zum Spaß“, wie der 35-Jährige berichtet: „Ich wollte mir das mal anschauen und vielleicht ab und an zum Training kommen.“ Es sollte bei der einen Übungseinheit am Südring bleiben.

Denn kaum war Stephan zu Hause angekommen, erhielt er eine WhatsApp-Nachricht von Jan Arp. Der Ligamanager des SV Nettelnburg/Allermöhe fragte den Routinier, ob er nicht beim abstiegsbedrohten Landesligisten aushelfen könne, da dessen beiden Keeper, Justin Kaeding und Marko Mitrovic, derzeit verletzt ausfallen. „Ich habe dann eine Nacht darüber geschlafen und schließlich zugesagt“, erklärt Stephan, der eigentlich schon komplett mit dem Fußballspielen hatte aufhören wollen.

Torwart Lars Stephan hilft beim SV Nettelnburg/Allermöhe aus

Am Tag nach der Stippvisite beim SC Wentorf stand der frühere Oberliga-Torhüter des SV Curslack-Neuengamme dann schon beim SVNA auf dem Platz. Und wieder 24 Stunden später feierte der 35-Jährige im Spiel gegen Spitzenreiter Klub Kosova sein Debüt für das Team von Coach Daniel Andrade. „Ich habe ihn am Abend zuvor gebeten, mir schon mal die Mannschaftsaufstellung zu geben, damit ich mir zumindest die Namen unserer Abwehrspieler und ,Sechser’ einprägen konnte“, verrät Stephan.

Obgleich er kaum einen Akteur seines neuen Teams zuvor kannte, folgten seine Mitspieler den Anweisungen des Keepers sofort. Vielleicht ja auch, weil Stephan vor dem Anpfiff den überraschenden 4:2-Erfolg des Außenseiters bereits vorausgesagt hatte. „Ich habe gescherzt, dass die doch nur Kanonenfutter sind“, verrät der Schlussmann. „Und so kam es dann ja auch“, ergänzt er lachend.

Die Nettelnburger hätten mit einem Feldspieler im Tor antreten müssen

Ohne den kurzentschlossenen Stephan würde der SVNA jetzt ziemlich in der Bredouille stecken. Vier Keeper waren ausgefallen: Stammtorhüter Fynn Körner hatte sich im vergangenen Sommer zum Studieren in Richtung USA verabschiedet. Im Winter zog sich dann Neuentdeckung Vofo Willy Luther Azi aus zeitlichen Gründen zurück. Und dann verletzten sich auch noch Kaeding und Mitrovic vor, beziehungsweise in der Partie bei Vorwärts-Wacker Billstedt (0:1).

Plötzlich stand der Landesligist ohne Torwart da. Die Zeit drängte, wollten die Nettelnburger nicht mit einem Feldspieler im Kasten antreten müssen. Doch dann erinnerte sich Ligamanager Arp an Stephan, den er bereits im Sommer verpflichten wollte, und das Blatt wendete sich zum Guten. „Ich ziehe das jetzt erst einmal bis zum Sommer durch“, sagt Stephan. Sein neues Team sei „total lustig“ und habe ihn toll aufgenommen, erzählt der Torhüter, der in seiner langen Karriere neben seiner Börnsener Zeit unter anderem auch für den SC Schwarzenbek, MSV Hamburg, VfL Lohbrügge, ETSV Hamburg und Curslack-Neuengamme gespielt hat.

Nach dem Fußball die Liebe zum Joggen entdeckt

Da das für Sonnabend angesetzte Lokalderby beim SV Altengamme wegen Corona im Team der Vierländer ausfällt, muss Lars Stephan vorerst auf ein Wiedersehen mit SVA-Trainer Ingo Carstensen verzichten. Der war vor fünf Jahren sein Coach beim SV Curslack-Neuengamme II. Beide stiegen mit den Vierländern 2017 in die Bezirksliga auf.

Stattdessen steht für Stephan und seine neuen Teamkameraden am Sonnabend eine Trainingseinheit an. Kein Problem für den in Wentorf lebenden Routinier, der seit seinem Abschied aus Börnsen die Liebe zum Joggen für sich entdeckt hat. „Nach so einem Sieg wie gegen Kosova bringt es richtig Spaß. Ich habe wieder Blut geleckt“, schwärmt der Schlussmann. Dass er plötzlich nun Handschuhe auch wieder anzieht, um Bälle zu halten, statt sich damit beim Laufen vor der Kälte zu schützen, hätte er sich vor einigen Wochen noch nicht vorstellen können. Bis sich das Handy meldete...