Hamburg. Trend geht eindeutig zu E-Bikes. Corona-Krise hinterlässt im Handel Spuren – positiv wie negativ. Längere Wartezeit bei Reparaturen.

Radfahren ist das neue Klopapier“ – einen derartigen Ansturm wie auf die genannte Papierware zu Beginn der Corona-Krise erlebten auch die Fahrradhändlerim vergangenen Mai nach Ende des ersten Lockdowns, was den Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) zu obiger Aussage inspirierte.

Die könnte dann ab kommenden Montag wieder zur Realität werden, wenn Hamburgs Radfachhändler wieder mehr Öffnungsbefugnisse erhalten. Per „Click & Meet“ kann nach Terminabsprache wieder im Geschäft gekauft werden.

Trends, Termine und Modelle: Frühlingszeit ist Fahrradzeit

Auch Bergedorfs Vorzeigeadresse für alles rund ums Rad, Fahrrad XXL Marcks am Curslacker Neuer Deich 38, wurde im Frühjahr 2020 überrannt. Geschäftsführerin Tina Hansmann glaubt an eine Neu­auflage: „Die Leute drehen im wahrsten Sinne des Wortes am Rad. Denn gerade jetzt zu Pandemie-Zeiten kann man auf dem Rad wunderbar allein und an der frischen Luft fahren.“

Doch eines ist auch klar: Kunden brauchen Geduld und müssen Wartezeiten einplanen. Nichts ist wie vor der Krise. Die Corona-Vorgaben für das Marcks-Geschäft (1800 Quadratmeter Ladenfläche, 90 Mitarbeiter) lassen 45 Kunden gleichzeitig zu.

Zwei Wochen Wartezeit auf Reparaturen in Werkstatt

Die hauseigene Werkstatt blieb bisher ununterbrochen geöffnet. Aktuell müssen Marcks-Kunden zwei Wochen dort auf einen Termin warten. Das war im vergangenen Sommer deutlich schlimmer.

Weil weltweit die Produktionsstätten von Rädern und Ersatzteilen ruhten – egal ob Kettler, Giant, Diamant, Cube, Shimano und alle anderen –, Nachschub gab es nicht, Kunden mussten auch mal zwölf Wochen auf die Radreparatur warten.

Lieferzeiten von über einem Jahr durch Corona-Krise

Corona hat auch diese Branche nachhaltig verändert: Rad- und Zubehörpreise sind angestiegen, weil sich Transportwege zum Beispiel in Containern weltweit verteuert haben. Lieferketten laufen längst noch nicht wieder auf Normalgeschwindigkeit – teilweise gibt es Wartezeiten von bis zu 400 (!) Tagen.

„Manche Händler bestellen schon fürs nächste Jahr, wobei bestimmte Teile für 2021 noch nicht geliefert wurden“, weiß Tina Hansmann. Das bestätigt auch der Chef des Händlerverbunds Bike&Co, Jörg Müsse: „Wir haben die Befürchtung, dass wir die ganze nächste Saison von der Hand in den Mund leben.“

Der Trend zum E-Bike wird immer stärker

Bei Marcks-Betriebsmanager André Gleiche ist die Vorfreude auf mehr Geschäftsalltag vorhanden – weil es betriebswirtschaftlich drängt: „Wir hatten ein kleines Polster im Vorjahr herangeschafft, jetzt ist das aber weg“, sagt Gleiche, „in den ersten Monaten 2021 hatten wir 70 Prozent Umsatzeinbußen.“

Der Trend geht dabei immer mehr in Richtung Elektro-Antrieb. „45 Prozent unser verkauften Räder sind E-Bikes“, sagt Gleiche. Die Elektro-Gefährte sind mittlerweile für jede Radart erhältlich, egal ob Trekking-, Mountainbike oder auch Lastenrad (auch ein deutlicher Trend). Ein richtiger Raumkünstler ist das E-Faltklapprad, das optimal beispielsweise im Boot verstaut werden kann.

Preisspanne zwischen 2000 und 6500 Euro für E-Antrieb

Ganz billig sind angesagte E-Bikes aber nicht, die Preisspanne liegt zwischen 2000 und 6500 Euro. Gerechtfertigt durch die Qualität, findet Gleiche: „Mittlerweile verfügen diese Räder über noch bessere Akkus und Reichweiten, teilweise sind die Antriebsmotoren geschickt im Rahmen versteckt.“

Höheren Fahrkomfort versprechen zudem die immer breiter werdenden Reifen. Hauptkäufer seien dabei schon längst nicht nur ältere Menschen, sondern eher 30- bis 40-Jährige.

Im Schnitt 800 Euro: Retroräder sind deutlich billiger zu erhalten

„Den kleinen Untertrend“ möchte André Gleiche aber nicht verschweigen: Retroräder mit dünnen Profilen und der Gangschaltung am schlanken Rahmen gehen immer noch gut – kosten im Schnitt mit etwa 800 Euro auch weniger wie die elektroangetriebene Variante.

Und auch das macht einen sinnhaften Kauf aus: Der ADFC empfiehlt, vor Betreten eines Ladens nachzudenken, welches Rad es denn sein und welchen Zweck der Drahtesel erfüllen soll, ferner wie hoch das eigene Budget ist.

Kette, Bremse und vor allem genug Luftdruck sind jetzt wichtig

Und was machen diejenigen, die schon ein tolles Gefährt zum Treten haben und nicht auf Werkstatttermine warten wollen? Klar: Sie machen ihr Rad selbst verkehrstüchtig nach dem Winter.

Wichtig: der richtige Luftdruck. 4 bis 4,5 bar seien optimal, rät Expertin Tina Hansmann, „viele sehe ich einfach mit zu platten Reifen herumfahren“ Auch Kette fetten, Bremsen kontrollieren und eine Überprüfung der Ausrüstung sei elementar.