Hamburg. Jedes vierte verkaufte Rad hat einen Motor. Aber auch Nachrüstungen sind möglich. Wir haben uns die aktuellen Trends vorführen lassen.
Das Hamburger Wetter ist am Dienstagvormittag nicht unbedingt ideal für Aktivitäten im Freien, doch Gunnar Fehlau hat festgestellt, dass sich viele Hamburger nicht davon abhalten lassen, auch bei Wind und Regen durch die Stadt zu radeln.
Fehlau ist Geschäftsführer des Pressediensts-Fahrrad GmbH, eines Zusammenschlusses von mehr als 50 Vereinen, Firmen und Organisationen rund ums Fahrrad. Er ist mit Kollegen ins Museum für Hamburgische Geschichte gekommen, um die Fahrradtrends 2020 von 35 Herstellern vorzustellen. Den großen Rundumschlag gibt es dann am 16./17. Mai bei der „VELO Hamburg 2020“ – open air und auf dem überdachten Deck der Rindermarkthalle. Auf der zweitägigen Messe werden 100 Aussteller ihre Neuheiten vorstellen, dazu sind Workshops und Ausfahrten geplant.
Jede Radgattung gibt es mit Motor
Viele der ziemlich auffälligen Räder im Museum für Hamburgische Geschichte verraten es sofort – an der E-Mobilität bei den Zweiträdern führt kein Weg mehr vorbei. „Jede Radgattung gibt es jetzt mit Motor. Von vier Millionen verkauften Fahrrädern waren eine Million E-Bikes“, sagt Fehlau. „Es nimmt der Leidenschaft fürs Rad das Leiden.“
Er selbst sei ein Freak, für den das Schwitzen elementarer Bestandteil des Radfahrens sei, aber viele wollten eben gern frisch bei der Arbeit ankommen. Dafür seien E-Bikes ideal.
Sicherheit: Ein großes Thema sei im zunehmenden Straßenverkehr die Sicherheit, sagt Fehlau und zeigt einen Helm mit einem eingebauten Chip (ab 139,95 Euro). Der Helm mit Chip von Abus verfügt über integrierte Beschleunigungssensoren, die erkennen, wenn der Radler stürzt. Der Chip sendet dann ein Signal an dessen Handy – dadurch wird eine Notfallroutine auslöst und informiert beispielsweise Familienmitglieder.
Der Radler-Airbag des schwedischen Herstellers Hövding ist schon länger bekannt. „Jetzt ist er schlanker, leichter und ergonomischer als die Vorgänger“, betont Fehlau. Hövding 3, ein schwarzer Schutzkragen, kostet 299 Euro. Wie gut er funktioniert, führt der Radexperte auch gleich vor. Als er sein Rad absichtlich zum Sturz bringt und er auf die vorher platzierte Matte fällt, löst der Airbag mit einem lauten Knall aus. Der Kopf ist heile, der Hövding allerdings ist hin. „Erst wenn es ploppt, ist das Geld wirklich ausgeben“, sagt Gunnar Fehlau, aber dann sei es gut investiert.
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Wer sein Rad gegen Diebstahl schützen will, ist mit der Alarmbox von Abus (49,90 Euro) gut dran, die fest am Rad montiert wird. Die Software erkennt es, wenn sich jemand unbefugt am Fahrrad zu schaffen macht, dann wird ein Alarm mit mindestens 100 Dezibel ausgelöst. Kleine Erschütterungen oder Rempler filtert das Gerät hingegen und verhindert damit Fehlalarme. „Kann man auch für Gartengrills, Rasenmäher oder Kinderwagen nutzen“, sagt Fehlau. Wer bereits ein gutes Schloss hat, kann dadurch ein Stück zusätzliche Sicherheit gewinnen.
Nachrüsten: Auch ältere Räder lassen sich aufrüsten. Beispielsweise mit einem Schutzblech für das Hinterrad eines Mountainbikes von SKS Germany. Das „Nightblade“ wird an der Sattelstange befestigt und hat ein integriertes LED-Rücklicht (39,99 Euro). Auch spezielle Sättel könne man nachrüsten, sagt Fehlau ebenso wie hellere Scheinwerfer.
Komfort: Als Alternative zur klassischen Fahrrad-Sitzposition gibt es Liegedreiräder. „Morgens in der Hamburger Innenstadt sind sie vielleicht nicht so ideal“, meint Fehlau, doch in Vororten oder kleineren Städten seien sie zunehmend beliebt. „Wer sich sowas kauft, hat einen bestimmten Anspruch an den Fahrkomfort“, sagt er. Weil diese Räder in eher kleinen Stückzahlen produziert würden und sehr aufwendig in der Herstellung seien, sind sie noch sehr teuer. Das Modell „Scorpio fs 26 Special Edition“ kostet 8940 Euro, es gibt aber auch günstigere Varianten.
Radfahrern, die gern mal für den Rückweg Bahn oder Bus nehmen, empfiehlt Fehlau Falträder, beispielsweise von Brompton. Der Faltrad-Pionier biete mit der „Black Edition“ noch mehr Komfort (ab 1872 Euro). Tatsächlich kann der Radexperte das Rad in Knallorange in Sekundenschnelle aufbauen und losradeln. Eignet sich trotzdem eher als Zweitrad, stellt man bei der Probefahrt fest. E-Bike-Trend: E-Bikes gibt es inzwischen in unzähligen Ausführungen, „der eine will einen Fiat 500, der andere einen Porsche Cayenne“, sagt Fehlau dazu. Das Pendler-Pedelec „Code 45“ (ab 6349 Euro) des schweizerischen Herstellers MTB Cycletech beispielsweise fährt bis 45 Kilometer pro Stunde, braucht deshalb auch ein Kennzeichen und sieht schon fast martialisch aus. Bei Pendlern sei es sehr beliebt, sagt Fehlau.
Das bullige E-Mountainbike von Haibike (ab 6999 Euro) beispielsweise ist für steile Abfahrten und bergige Strecken ausgelegt. „Das Xduro Nduro 8.0 ist kein Ersatz für ein Fahrrad, sondern eher für eine Motocrossmaschine“, sagt der Experte.
Der Fahrradhandel sei eine der wenigen Branchen, die im stationären Handel noch wachse, sagt Fehlau: „Ein Fahrrad muss passen, gefallen und den eigenen Vorstellungen entsprechen. Und man muss es Probe fahren.“
(Mitarbeit Julia Havighorst, Max Rüß)