Hamburg. Die Ausgleichsmaßnahme für die Elbvertiefung auf der Billwerder Insel ist fertig. Gebaut wurde in drei Winterperioden.

Insgesamt fünf Fußballfelder würden in das ehemalige Absetzbecken passen, aus dem in den vergangenen Monaten eine Insel-Landschaft aus Klei und Sand geschaffen wurde. Ball gespielt werden soll dort keineswegs: Stattdessen soll sich die Natur dieses künstlich angelegte Habitat auf der Billwerder Insel erobern. Die Hamburg Port Authority (HPA) hat das Projekt als Ausgleichsmaßnahme für die Elbvertiefung umgesetzt. Gebaut werden durfte aus naturschutzrechtlichen Gründen nur im Zeitraum zwischen September und Februar. Und nach drei Winterperioden ist das Projekt nun fertig.

200 Pflanzen müssen an einem neuen Standort angesiedelt werden

Es soll vor allem die Heimat eines kleinen, seltenen Pflänzchens werden: dem Schierlingswasserfenchel. Er wird zwei Jahre alt, blüht im zweiten Jahr, und wächst bis zu zwei Meter in die Höhe. Und: Die geschützte Pflanze kommt nur an der Elbe vor. Als Ausgleich für die Elbvertiefung müssen 200 Pflanzen an einem neuen Standort angesiedelt werden.

Der Schierlingswasserfenchel wird zwei Jahre alt. Er blüht im zweiten Jahr und wächst bis zu zwei Meter in die Höhe. Die geschützte Pflanze kommt nur an der Elbe vor.
Der Schierlingswasserfenchel wird zwei Jahre alt. Er blüht im zweiten Jahr und wächst bis zu zwei Meter in die Höhe. Die geschützte Pflanze kommt nur an der Elbe vor. © Unbekannt | dpa

Auf dem Gelände südlich des Holzhafens, das früher von den Hamburger Wasserwerken (heute Hamburg Wasser) für die Trinkwasseraufbereitung genutzt wurde, wurden insgesamt zwei ehemalige Absetzbecken umgebaut. Etwa 11,6 Millionen Euro kostete die HPA dieses Projekt. Während sich die Arbeiten im ersten Winter (2018/19) noch auf vorbereitende Maßnahmen wie die Herstellung von Baustraßen konzentrierten, wurde im zweiten Bauabschnitt (2019/2020) das erste Becken umgebaut. Dabei wurde auch eine Verbindung zum Holzhafen hergestellt und das Becken so wieder der Tide ausgesetzt. Im dritten Winter (2020/2021) wurde nun ein zweites Becken umgebaut und mit einem Durchstich an das erste Becken und somit an die Tide angeschlossen.

60 künstliche Inseln aus Klei und Sand geformt

Pro Becken wurden etwa 30 Inseln aus Klei und Sand geformt. Sie sind bei Niedrigwasser etwa 2,60 Meter hoch, bei mittlerem Hochwasser ragen sie noch etwa 40 bis 50 Zentimer aus dem Elbwasser heraus: Perfekte Lebensbedingungen für den Schierlingswasserfenchel. Ebenso mag aber auch der Röhricht diese feuchte Umgebung, erklärt Carmen Eggers. Deswegen wurden auch etwa 700 Weiden auf den Inseln gepflanzt. Sie spenden Schatten, was wiederum der Röhricht nicht mag und somit dem Schierlingswasserfenchel den Platz überlässt.

Insgesamt 600 Exemplare der seltenen Pflänzchens wurden im vergangenen August bereits im ersten Becken gepflanzt. Ebenso viele sollen in diesem Jahr auch im zweiten Becken gepflanzt werden, kündigt Carmen Eggers an. Ob der Schierlingswasserfenchel dann auch dort heimisch wird, soll ein Monitoring zeigen, in dem das Gelände in Moorfleet in den kommenden 15 Jahren wissenschaftlich überwacht wird.

Neugierige Besucher lassen sich auch nicht von Warnschildern fernhalten

Dass sich die Natur die künstlich geschaffene Insel-Landschaft ganz schnell erobert, habe sich bereits im vergangenen Jahr gezeigt, als das erste Becken schon einmal „komplett grün leuchtete“, sagt Carmen Eggers. Diesen Anblick wird die Teil-Projektleiterin der HPA nun nach Abschluss der Baumaßnahmen ebenso vermissen wie das Bild, das sich zeigt, wenn bei auflaufendem Wasser die Elbe vom Holzhafen durch den Durchstich in das Becken strömt. „Ein wenig Wehmut ist auch dabei. Aber fertig ist immer gut“, sagt die Bauingenieurin.

Neben den Pflanzen gefällt auch Tieren das Areal: Eine Kormoran-Kolonie ist dort heimisch, die ab März mit 350 Paaren dort zum Brüten einfliegt. Ebenso konnten dort schon zahlreiche Rehe oder auch Brandgänse beobachtet werden, berichtet Carmen Eggers.

Damit Flora und Fauna sich dort ungestört entwickeln können, ist das Gelände, das von der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (Bukea) verwaltet wird, nicht öffentlich zugänglich. Trotz entsprechender Warnschilder habe es aber so manchen neugierigen Spaziergänger oder auch picknickende Paare und Paddler trotzdem nicht davon abgehalten, auf das Gelände zu kommen, berichtet Carmen Eggers.