Hamburg. Christian Klütt übernimmt Traditionsverein RC Bergedorf von seinem 40 Jahre älteren Vorgänger. Was er jetzt ändern will.
Generationswechsel an der Spitze des Ruder-Clubs (RC) Bergedorf: Karl-Joachim Meißner (74), der elf Jahre lang als Vorsitzender die Geschicke des Vereins lenkte, übergab die Führung des Ruder-Clubs an den 40 Jahre jüngeren Christian Klütt. Der 34-jährige Bergedorfer investiert nun einen großen Teil seiner Freizeit, um sich um die Belange des 1910 gegründeten Traditionsvereins zu kümmern.
Die rund 200 Ruderer im RC Bergedorf können froh sein, überhaupt weiterhin einen Vorsitzenden zu haben: Klütt war bei der Wahl des Vorsitzenden der einzige Kandidat. „Mit diesem Ehrenamt halst man sich viel Arbeit auf, das funktioniert nicht so nebenbei. Darum hat man sich im Verein nicht gerade gerissen“, sagt der neue Vorsitzende.
Ruder-Club Bergedorf: Vorsitzender bei allen Themen eingebunden
Als Vorsitzender sei er bei allen Themen, die den Club betreffen, involviert, berichtet Klütt. An größeren Projekten steht unter anderem die Sanierung des großen Stegs vor dem an der Dove-Elbe gelegenen Vereinsheim im Sommer an. Er wurde vor rund einem Vierteljahrhundert errichtet. „Die Arbeiten erledigen wir in Eigenregie, aber ich muss Fördergeld für das Material beantragen“, sagt der 34-Jährige.
Außerdem ist er mit der Organisation der Dove-Elbe-Rallye im April beschäftigt. Zu der Breitensport-Regatta werden rund 600 Ruderer aus ganz Deutschland und Nachbarländern erwartet. Es ist die erste Rallye nach zweijähriger corona-bedingter Zwangspause. Klütt übernimmt mit einer Vereinskollegin die Regatta-Leitung, wird auch die Eröffnungsrede halten.
74 Jahre alter Ex-Vorsitzender rudert immer noch
Karl-Joachim Meißner ist seit 1974 Mitglied des Ruderclubs, greift noch immer zum Skull. In seiner Zeit als Vorsitzender galt es viele größere Projekte zu stemmen. So wurde das Clubheim am Schleusendamm neu aufgebaut und 2013 eingeweiht, nachdem es im März 2012 von einem Brandstifter angezündet worden war. Viel Organisationstalent und gute Verbindungen zu Politik, Verwaltung und Verbänden wie dem Hamburger Sportbund waren – ebenso wie Eigenleistungen der Sportler auf der Baustelle – auch beim neuen Fitnessraum gefragt. Er konnte im August vergangenen Jahres nach jahrelanger Vorarbeit offiziell eingeweiht werden. Der 120-Quadratmeter-Raum wurde direkt an das Vereinsheim angebaut.
In Meißners Zeit als Vorsitzender fallen auch große sportliche Erfolge von Sportlern des RC Bergedorf: Eric Johannesen (34), das erfolgreichste und wohl bekannteste Mitglied des Amateursportvereins, gewann 2012 mit dem Ruder-Achter – „die Königsdisziplin“, so Meißner – die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in London. „Die Begrüßungsfeier im Hamburger Rathaus hat mich sehr beeindruckt. Sie wurde live im Fernsehen übertragen“, sagt Meißner. Eric Johannesen holte 2016 in Rio Silber. Torben Johannesen, der sechs Jahre jüngere Bruder des Olympiasiegers und ebenfalls RC-Bergedorf-Ruderer, gewann im vergangenen Jahr die olympische Silbermedaille mit dem Deutschland-Achter. Beide Brüder siegten auch bei mehreren Europa- und Weltmeisterschaften.
Ruder-Club Bergedorf hat Olympiasieger hervorgebracht
Erik Bruns und Leon Braatz wurden 2019 Junioren-Weltmeister in Tokio im Achter beziehungsweise im Vierer. „Doch nur eine Handvoll unserer Mitglieder, etwa Leon Braatz, der in der Nationalmannschaft rudert, sind Leistungssportler“, sagt Klütt. Der Amateursport stehe im Vordergrund.
Meißner, ehemaliger Polizeibeamter, lebt mit seiner Frau in Barsbüttel, hat zwei Kinder. Sein Nachfolger als Vorsitzender rudert „seit mehr als 20 Jahren“. Klütt lebt erst seit vier Jahren in Bergedorf. Der studierte Wirtschaftsinformatiker zog damals berufsbedingt aus Nordrhein-Westfalen in die Hansestadt. Er fährt Regatten im Breitensportbereich mit, „kann in jeder Position rudern“. Für ihn sei der Sport ein idealer Ausgleich für die Arbeit am Schreibtisch.
Etwa 30 Prozent der rund 200 Vereinsmitglieder sind weiblich. Rund 50 Kinder und Jugendliche bilden den Vereinsnachwuchs. Der liege ihm besonders am Herzen, betont der neue Vorsitzende. Er trainiert bereits seit vier Jahren die 35 aktiven Kinder und Jugendlichen, möchte „leistungsorientiertes Freizeitrudern“ voranbringen. Klütt besitzt eine B-Trainerlizenz, hat auch schon in Nordrhein-Westfalen Nachwuchs trainiert.
20- bis 30-Jährige sind im Ruder-Club Bergedorf rar – das soll sich ändern
In Bergedorf möchte er eine Abteilung für junge Erwachsene, Sportler zwischen 20 und 30 Jahren, etablieren. Gerade dieses Alterssegment sei, wie in so vielen Vereinen, rar vertreten. „In diesem Alter haben viele Menschen kaum Zeit für Sport, stehen Familie und Beruf im Vordergrund“, weiß Meißner. Sein Nachfolger sei weiterhin auch Ansprechpartner des Vereins für das Schulrudern in Kooperation mit der Stadtteilschule Bergedorf.
Er habe in den vergangenen zwei Jahren als Beisitzer aus nächster Nähe erfahren, was Vorstandsarbeit bedeutet, betont der 34-jährige Klütt. Er wolle als neuer Mann an der Vereinsspitze für den Rudersport werben, „auch Menschen ohne Rudererfahrung dafür begeistern“. Knapp zwei Stunden am Tag arbeite er durchschnittlich für den Verein, „am Wochenende deutlich mehr“, sagt er.
Rudern ist gesund und ungefährlich
Sie können beim RC Bergedorf im Sommer auf der Dove-Elbe rudern und im Winter im neuen Fitnessraum. 360 Euro kostet die Mitgliedschaft im Jahr, Jugendliche, Studenten und Azubis zahlen die Hälfte. „Wir wollen allerdings Ruderer im Verein haben – und nicht neue Mitglieder, die sich nur für den Fitnessraum interessieren“, sagt Klütt. Kostenloses Probetraining im Kraftraum und vor allem zu Wasser sei kein Problem. Wer dabei bleiben möchte, könne dann einen Anfängerkursus belegen. Weitere Informationen zu dem Verein finden sich im Internet unter www.rc-bergedorf.de.
Rudern gilt als Sport mit hohem Wert für die Gesundheit, vor allem als ideale Kräftigung für die Rückenmuskulatur. Doch beansprucht werden fast alle Muskelgruppen des Körpers. Nach Untersuchungen von Krankenkassen zählt Rudern zu den ungefährlichsten Sportarten und kann bis ins hohe Alter ausgeübt werden. Es verbindet Kraft und Ausdauer sowie Entspannung und Dynamik.