Hamburg. Melina Kuerschner (23) schlägt beim 9. Bergedorfer Citylauf die gesamte Konkurrenz. Neue Fabelzeit gab es auch im Kinderlauf.
Energischen Schrittes stratzt die junge Sportlerin am Sonntagmorgen in Richtung Startnummern-Ausgabe, ganz so, als wolle sie die Zehn-Kilometer-Strecke beim Bergedorfer Citylauf schon jetzt, viele Stunden vor dem Startschuss, besiegen. Doch bei Melina Kuerschner muss halt immer alles schnell gehen.
Ihr Biologie-Studium an der North Dakota State University hat die 23-jährige Deutsch-Kanadierin trotz Corona in fünf Jahren durchgezogen. Parallel zu einer Leistungssport-Karriere als Leichtathletin. Und der frühe Vogel fängt bekanntlich den Wurm. Bei Kuerschner sogar im wörtlichen Sinn, denn sie widmet sich in ihrer Doktorarbeit den Zugvögeln.
Als das Rennen mittags dann endlich gestartet wird, ist sie nicht mehr zu halten. In 36:21 Minuten trommelt sie die Zehn-Kilometer-Strecke herunter, fliegt dabei viermal den Anstieg zum Bergedorfer Villenviertel hinauf. Am Ende ist sie nicht nur die Siegerin bei den Frauen, die flinke Deutsch-Kanadierin ist auch schneller als Männer-Sieger Jan Ingwersen (Hamburger Laufladen/36:55). So etwas hat es in der Geschichte des Bergedorfer Citylaufs noch nicht gegeben!
Bergedorfer Citylauf: Von 1188 gemeldeten Startern erreichen nur 886 das Ziel
„Für mich war das Rennen nicht so schwer“, erzählt Kuerschner hinterher. „Die Hitze hat mir nichts ausgemacht.“ Das schöne Wetter hatte viele motiviert, sich auf den letzten Drücker doch noch für den 9. Bergedorfer Citylauf anzumelden.
Auf 1188 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist die Zahl hochgeschossen. „Dies war ein Neustart, und er ist gelungen“, resümierte der Organisator Thorsten Wetter bei der Siegerehrung. Doch Temperaturen von bis zu 24 Grad forderten auch ihren Tribut. Von den 1188 Gemeldeten sahen nur 886 das Ziel. Doch nicht nur die Sportler hatten Probleme: Zwei Zuschauer mussten vom Rettungsdienst am Rand der Strecke versorgt werden, einer davon kam ins Krankenhaus.
Morgens beim Kinderlauf war es hingegen noch kühl. Jakob Unger (TSG Bergedorf) gewann in 8:06 Minuten. Es war die schnellste Zeit, die je ein Kind gelaufen ist, sogar ein paar Sekunden schneller als die heutigen Spitzen-Leichtathleten Ole Grot (8:09/2014) und Glenn Kochmann (8:15/2017) bei ihren flottesten Runden um den Bergedorfer Schlossgarten.
„Oldies“ Reinhold Wolter und Erich Thimm glänzen im Hauptlauf
Beim Inklusionslauf über fünf Kilometer für Menschen mit und ohne Behinderung kam dann erstmals der Anstieg zum Hansa-Gymnasium mit hinein. Oben hat das 25-köpfige Helferteam am Wasserstand schon alles vorbereitet. „Man sieht, die Schule lebt“, freut sich die Deutsch- und Lateinlehrerin Anne Fiebag angesichts des Trubels auf dem Schulhof. „Wir haben darauf gebrannt, das hier wieder machen zu können und sind überglücklich.“
Besonders gefragt ist der Wasserstand dann natürlich bei den Teilnehmern des Hauptlaufs, für die es viermal den Berg hinauf geht. Das bewältigen mit Erich Thimm (71 Jahre) und Reinhold Wolter (86 Jahre) auch zwei „Oldies“ souverän. Thimm, der im Ziel von seinen Enkeln Jenö und Lyra empfangen wird, bewältigt die Strecke sogar unter 50 Minuten – eine unglaubliche Leistung. Der 71-Jährige ist ein Fan des Ausdauersports, hat in seinem Leben schon 60 Marathons durchgestanden. „Einmal bin ich sogar mit dem Fahrrad nach Ungarn gefahren, weil ich da Verwandte habe“, erzählt er.
Der 86-jährige Reinhold Wolter aus Jesteburg, der älteste Teilnehmer im Feld, geht es gemächlicher an. Er braucht fast doppelt so lange. Wolter hat die Erfahrung, sich bei der Hitze nicht zu überschätzen. Auch wenn er sonst andere Temperaturen gewohnt ist. „Ich bin siebenfacher Weltmeister“, sagt er. „Vor allem betreibe ich Skilanglanglauf.“