Bergedorf. Beim Bergedorfer Citylauf ist Redakteur Dirk Schulz zum ersten Mal zehn Kilometer am Stück gelaufen. Was er dabei erlebt hat.
Dieser verdammte Berg! Er will einfach kein Ende nehmen. Was für eine Schnapsidee war das eigentlich, als ich meinen Redaktionskollegen anbot, diesmal selbst beim Hauptrennen des Bergedorfer Citylaufs zu starten und darüber einen Erlebnisbericht zu schreiben. Wohlgemerkt ohne vorheriges Lauftraining und ohne jemals in meinem Leben zehn Kilometer am Stück gelaufen zu sein.
Aber ich bin ja Fußballer, wenn auch im gehobenen Alt-Herren-Alter, und verfüge über eine gewisse Restkondition. Das muss reichen, sagte ich zu mir selbst. „Unter einer Stunde schaff’ ich“, posaunte ich obendrein, was im Nachhinein vielleicht etwas vorlaut gewesen ist. Jetzt habe ich den Salat.
Bergedorfer Citylauf: viermal die Augustastraße rauf
Viermal muss ich die Augustastraße rauf. Und den Grasredder. Und den Dreieichenweg, bis endlich in der Hermann-Distel-Straße am Hansa-Gymnasium die Wendemarke wartet. Danach ist das Schlimmste der 2,5 Kilometer langen Runde geschafft.
In der ersten der vier Runden fühlt sich das alles halb so schlimm an. Ich habe mich im vorderen Drittel des Feldes eingereiht. Meine Taktik: Jeder, der hinter mir ist, muss mich dann erst einmal überholen. Kleiner Spoiler: Es werden einige sein.
Die erste Runde nach 12:40 Minuten geschafft
Mir geht es aber darum, zunächst einmal ein Gefühl dafür zu bekommen, wie lange ich für einen Durchgang brauche und schlage ein (zu) flottes Tempo an. Der alte Läufer-Fehler! Nach irgendetwas um die 12:40 Minuten ist die erste Runde geschafft – ich aber auch.
Nie im Leben halte ich diese Geschwindigkeit durch. Mitten in die Überlegung, es nun gemächlicher anzugehen, platzt dieser verdammte Berg hinein. Ich bleibe auf der Augustastraße förmlich auf der Stelle stehen. Bergauf große Schritte zu machen, damit der Anstieg schneller vorbei ist – dieser weitere vorab gefasste Plan wird über den Haufen geworfen. Nicht zu machen!
Kalte Dusche mit dem Gartenschlauch? Immer her damit!
Zum Glück haben Anwohner bei den warmen Temperaturen und der knallenden Sonne an die Läufer gedacht und einen Gartenschlauch bereitgelegt. „Kalte Dusche!“ steht auf einem selbst geschriebenen Pappschild. Immer her damit.
Ich denke jetzt in Abschnitten. Das nächste Ziel: der Wasserstand am Hansa-Gymnasium. Danke Jungs und Mädels, ihr seid die Rettung. Aber haben Sie schon einmal versucht, beim Joggen aus einem Becher zu trinken? Ich kann’s jedenfalls nicht. Die Hälfte des erfrischenden Nass landet auf dem T-Shirt oder der Erde.
Runde zwei, die Oberschenkel beginnen zu brennen
Ich schleppe mich die zweite Runde über die Strecke, die Oberschenkel brennen. Das wird einen schönen Muskelkater geben. Kurz vor dem zweiten Zieleinlauf überrundet mich die spätere Gesamtsiegerin. Aber ich liege mit etwa 27:30 Minuten immer noch im Zeitplan. Dennoch denke ich kurz, dass fünf Kilometer auch was Feines sind. Doch die Blöße auszusteigen, gebe ich mir nicht. Die Sprüche der Kollegen will ich mir nicht anhören.
In Runde drei und nach einer weiteren kalten Dusche lege ich am Wasserstand eine kurze Gehpause ein. Hauptsache trinken! Meine Platzierung? Längst wumpe. Ich kämpfe nur noch gegen den inneren Schweinehund. Die vielen Anfeuerungsrufe der lautstarken Zuschauer an der Strecke geben mir Kraft.
Als ich nach knapp 43 Minuten auf die letzte Runde einbiege, weiß ich, dass ich es schaffen kann. Nur noch einmal diesen verdammten Berg rauf. Bergab verschärfe ich kurz das Tempo für den Endspurt. Das hält aber nicht lange vor. Keine Kraft. Ich will nur noch durchkommen. Dass mich kurz vor dem Ende ein älterer Herr überholt – Grüße an dieser Stelle an Marc Porwik (Jahrgang 1949) –, facht meinen Ehrgeiz auch nicht mehr an. Schließlich habe ich nach genau 59 Minuten mein Ziel erreicht. Auf Platz 124. Eine Schnapsidee war’s trotzdem.