Hamburg. Je Richtung sollen Autofahrer eine Spur an Radler und Fußgänger abtreten. Doch das trifft nicht bei allen auf Gegenliebe.
Es wird eng für Autofahrer in der Bahnunterführung des Oberen Landwegs in Nettelnburg. Wenn hier voraussichtlich im Herbst 2022 die Straßenbauer anrücken, verschwinden zwei ihrer bisher vier Fahrspuren – und werden zu Radwegen. Ein Teil der so gewonnenen Fläche wird zudem genutzt, um die extrem engen Fußwege zu verbreitern. Auf ihnen drängelt sich heute alles, was sich nicht auf die stark befahrene Straße traut.
Dass ein Umbau dringend nötig ist, war im jüngsten Verkehrsausschuss der Bezirksversammlung dann auch Konsens. Schließlich verläuft unter der Brücke künftig auch der Radschnellweg Hamburg-Geesthacht, der hier vom nördlichen Rand des Bahndamms hinüber zum Wehrdeich in Nettelnburg führt. Doch dass es gleich so weit gehen muss, wie es der Entwurf des vom Bezirk beauftragten Ingenieurbüros Schmeck Junker Verkehrsplanung vorsieht, wird sehr unterschiedlich gesehen.
Oberer Landweg: Trennstreifen à la Kopenhagener Modell
Dies sind die wichtigsten Änderungen des Oberen Landwegs zwischen Kurt-A.-Körber-Chaussee und Nettelnburger Landweg: Die hinter den Leitplanken beiderseits der Fahrbahn kaum 2 Meter schmalen Fußwege werden auf 2,23 sowie 2,26 Meter verbreitert. Die neuen Radwege auf den heutigen rechten Fahrspuren werden 2,50 und 3 Meter breit und durch Sicherheitstrennstreifen à la Kopenhagener Modell vom motorisierten Verkehr getrennt. Wird so gebaut, stünden Pkw und Lkw nur noch ein Fahrstreifen je Richtung zur Verfügung – mit zusammen gerade mal 6,50 Metern Breite.
„Im Kreuzungsbereich mit dem Ladenbeker Furtweg wird aus den zwei Linksabbieger-Spuren eine. Zudem gibt es eine Geradeaus-Spur Richtung Bergedorf“, erklärte Tanja Windhorst vom Verkehrsplanungsbüro im Ausschuss. „Wir glauben, dass dieser Knotenpunkt dadurch viel leistungsfähiger wird.“ Gerade im morgendlichen Berufsverkehr käme es durch falsches Einordnen häufiger zur Staubildung.
Es gibt einen wesentlichen Schwachpunkt
Außerdem sollen auch die Bushaltestellen an beiden Seiten für Gelenkbusse auf 39 Meter Gesamtlänge ausgebaut werden. Und es müssen acht Bäume fallen, siebenmal wird neu angepflanzt. Kalkuliert wird für den Umbau bisher mit 4,2 Millionen Euro Baukosten.
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Petra Petersen-Griem (SPD) aus Nettelnburg findet es im Grundsatz „richtig gut, in diesen Zeiten vernünftige Radwege zu schaffen“ und lobt das Kopenhagener Modell als „hervorragend“. Auch Dr. Reinhold Reumann (Grüne) kann dem Erstentwurf viel Gutes abgewinnen, erkennt aber auch einen wesentlichen Schwachpunkt. Direkt an der Aral-Tankstelleneinfahrt treffen Auto- und Radfahrer sowie Fußgänger auf relativ engem Raum aufeinander, hier müssten die Bereiche eindeutiger voneinander getrennt werden.
„Das mündet in permanente Staus, mindestens im Berufsverkehr“
Doch es gibt noch mehr Nachfragen: Jörg Froh (CDU) sowie Robert Gruber (Linke) zweifeln vor allem an den prognostizierten Zahlen zum Autoverkehr. Die 18.000 Kfz, die heute unter der Brücke hindurchfahren, sieht die Verwaltung im kommenden Jahrzehnt nur um 3000 anwachsen, obwohl dann der neue Stadtteil Oberbillwerder bezogen wird. „Das mündet in permanente Staus, mindestens im Berufsverkehr“, sagt Froh. Und auch Gruber findet, dass der Verkehr „mutig heruntergerechnet“ wurde.
Zudem wird die Verlängerung der Bushaltestellen über die Zufahrten zum Parkhaus des Gaming-House „Rcadia“ im ehemaligen Commundo-Hotel kritisch gesehen, berge das doch neues Konfliktpotenzial. Lars Rosinski, Tiefbauchef des Bezirksamts, sieht es sportlich: „Es ist bisher in Teilen noch keine gute Lösung, aber schon mal ein Ansatz.“