Hamburg. Jurek Rohrberg, einst Spieler des FC Bergedorf, arbeitet bei Zyperns Meister Apollon Limassol. Warum er seinen Job bei Sky aufgab.
16 lange Jahre mussten die Fans von Apollon Limassol auf diesen Moment warten: Mit einem 4:1-Erfolg beim Ortsrivalen Aris ist die erste Meisterschaft des Traditionsclubs seit 2006 perfekt. In der zyprischen Hafenstadt brechen alle Dämme. Tausende Apollon-Fans drängen auf die Straßen und feiern den Titel frenetisch. Der Mannschaftsbus der Equipe des deutschen Trainers Alexander Zorniger braucht für die eigentlich sehr kurze Strecke vom Stadion bis zum Teamhotel drei Stunden. Zu denen, die bejubelt werden, zählt auch ein früherer Spieler des FC Bergedorf 85: Jurek Rohrberg.
Der 37-Jährige hat vor einem Jahr sein altes Leben als TV-Moderator- und Reporter beim Bezahlsender Sky hinter sich gelassen und die Seiten gewechselt. Statt über den Profifußball zu berichten, ist er als Performance Manager bei Apollon nun ein Teil davon. „Ich bin derjenige, der alles rund um den Coach und das Team regelt und filtert, ich arbeite im Hintergrund“, beschreibt Rohrberg grob seinen Aufgabenbereich. Der gebürtige Hamburger, der in der Saison 2010/2011 für „85“ kickte und „noch gerne an diese Zeit zurückdenkt“ (Rohrberg), ist gerade auf Heimatbesuch.
Jurek Rohrberg hat 10 Jahre lang als Reporter und Moderator für Sky gearbeitet
Seine Augen glänzen, als er beim Interview mit unserer Zeitung im Hamburger Hafen auf seinem Handy Videos von den Meisterfeierlichkeiten abspielt. „Es haben Leute vor mir geweint und mich umarmt, die hatte ich noch nie in meinem Leben gesehen. Man hat gemerkt, dass die Fans richtig gequält wurden, weil es der Verein jahrelang nicht geschafft hatte“, berichtet der ehemalige Bergedorfer Mittelfeldakteur. Eine Woche lang wurde der vierte Meistertitel in der Clubhistorie gefeiert. „An einem Tag sind wir mit dem Boot die Küste entlanggefahren. Da standen am Strand Leute, die eine La-Ola-Welle gemacht haben. In diesem Moment vergisst du die Sachen, die zwischendurch anstrengend und nervig waren“, sagt Rohrberg, der nur selten Interviews gibt, sich lieber im Hintergrund sieht.
Das war früher anders. Zehn Jahre lang hatte der frühere Student der Sportwissenschaften für Sky als Reporter und Moderator die Bundesliga-Nordclubs begleitet. „Es war eine super Zeit“, sagt er. Irgendwann aber reifte in ihm der Entschluss, etwas Neues ausprobieren zu wollen. „Ich hatte schon immer im Kopf, dass ich mal mit Trainern arbeiten will. Ich fand das Feld extrem spannend“, erklärt Rohrberg: „Denn im Profibereich kommt viel auf Trainer zu, was nicht immer mit deren Kernarbeit zu tun hat.“
Aus dem Spanien-Urlaub den Umzug nach Zypern organisiert
Über Ex-St.-Pauli-Profi Thomas Meggle, den Berater von Zorniger, kam der Kontakt zum früheren Bundesliga-Coach des VfB Stuttgart zustande. Der 54-Jährige suchte vor seinem Amtsantritt bei Apollon im vergangenen Sommer nach einem Mann, der als kommunikatives Bindeglied zwischen Trainerteam, Vereinsführung sowie sämtlichen Abteilungen fungiert. Nach einigen Gesprächen fiel Zornigers Wahl auf Rohrberg, der direkt aus dem Spanien-Urlaub seinen Umzug nach Zypern organisierte.
Seitdem agiert der 37-Jährige als Zornigers rechte Hand. Zu seinen Aufgaben zählen unter anderem organisatorische Sachen rund um das Training, das Zeitmanagement des Trainers, oder Presseanfragen zu beantworten. Ebenso wichtig ist die interne Kommunikation zwischen den vielen Mitarbeitern, die Zorniger viel Zeit kosten würde. „Der Trainer kann nicht mit jedem aus dem Staff täglich sprechen. Es gibt Themen, da treten die Leute dann an mich ran. Dann geht es für mich darum: Wie gehe ich mit Informationen um? Wie schütze ich den Trainer?“, erklärt Rohrberg.
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Seit vier Monaten lebt nun seine Freundin bei ihm
Das Zusammenspiel zwischen ihm und Zorniger hat sich bewährt. Der Titelgewinn ist der Lohn für ein nicht immer leichtes Jahr, wie der 37-Jährige ehrlich zugibt. „Du gehst ins Ausland und wirst Meister – alles gut. Aber es gab am Anfang auch Zeiten, in denen es sportlich noch nicht so gut lief, da warst du einfach mega alleine“, sagt Rohrberg. Die fast immer scheinende Sonne auf Zypern sowie eine schöne Wohnung in Strandnähe waren zu Beginn seines Apollon-Abenteuers wegen der Einsamkeit nur ein schwacher Trost. Seit vier Monaten ist nun seine Freundin bei ihm: „Das ist jetzt ein schönes Leben.“
Aber es ist eben auch ein Leben im Haifischbecken Profifußball. Rohrberg ist sich bewusst, dass die Zeit Zornigers – und damit wohl auch seine – bei Apollon bei ausbleibenden Erfolgen schnell zu Ende sein kann. „Das habe ich auch meiner Freundin erklärt. Wir sehen das als Projekt. Ich haue alles rein, was ich kann. Und wir genießen das jetzt zusammen“, sagt der 37-Jährige.
Stressiger wird sein Job in der kommenden Saison auf jeden Fall, denn eine neue Herausforderung wartet: Durch die Meisterschaft hat Apollon ein Startrecht für die Qualifikation zur Champions League. Sollte der Club dort scheitern, ginge es in der Qualifikation zur Europa League und Conference League weiter. Es warten also Spiele auf internationaler Bühne auf den Mann, der vor elf Jahren noch an den Sander Tannen mit Bergedorf 85 in der Oberliga spielte.