Hamburg. Fußball-Amateurformat startete vor zehn Jahren in einem Hamburger Wohnzimmer – heute sehen bis zu fünf Millionen Fans monatlich zu.
Begonnen hat die Geschichte von Elbkick TV mit so vielen Zufällen, dass man sie vorab am besten einmal zusammenfasst. Wie sich die Gründer Jurek Rohrberg (35) und Axel Möring (36) als Jugendliche beim Eimsbütteler TV und in der Auswahl des Hamburger Verbands kennenlernten, wie sie sich für zehn Jahre lang aus den Augen verloren – und dann ausgerechnet auf einem Fußballplatz wiedertrafen. 2008 war das, beim SV Lurup, Oberliga Hamburg. Und wie sie ein Jahr später, im Sommer 2009, gemeinsam nach Mallorca in den Urlaub flogen. „Aber das war wirklich entspannt, ein netter Urlaub“, beeilt sich Möring zu sagen und grinst ein bisschen verschmitzt. „Das war jetzt nicht der typische Fußballerurlaub mit Bierfrühstück und Ballermann.“
Es mag tatsächlich allerhand Irrsinniges herauskommen bei so einem Mannschaftstrip nach Mallorca – aber normalerweise keine bahnbrechende Geschäftsidee. Axel Möring und Jurek Rohrberg nutzten ihre Zeit auf der Baleareninsel auf ihre Art. Wo auch immer sie gerade unterwegs waren, drehte sich ihr Gespräch um die große Leidenschaft, die beide teilten: den Amateurfußball. Den man allerdings 2009 nirgendwo so richtig im Netz zu sehen bekam. Also warum nicht denen eine mediale Bühne geben, die in der Sportschau nicht stattfanden? Warum nicht ein Videoportal aufbauen, das die Welt des Amateurfußballs genauso feierte, wie sie es verdient hatte? Mit Spielberichten, Porträts, Interviews? Die Idee zu Elbkick TV war geboren.
Im Juli 2010 meldeten sie ihr Gewerbe an
Wenn Möring an diese Zeit zurückdenkt, muss er lächeln. Es ging ja nicht direkt los mit dem Projekt, erst einmal stand für ihn ein dreimonatiges Praktikum in New York an, bei einer Booking-Agentur. Und trotzdem ließ der Gedanke an Elbkick ihn nicht los. Zurück in Hamburg fand er einen Job bei einem Tourneeveranstalter, war schnell genervt, kündigte noch in der Probezeit. „Da hab ich zu Jurek gesagt: Jetzt ist es so weit. Jetzt ziehen wir’s durch!“ Möring sprach mit seinem Vater, der einen Betrieb hat, er ist Malermeister. „Macht das!“, war die spontane Reaktion auf die Pläne seines Sohnes. „Ihr werdet Erfolg haben.“
Im Juli 2010 standen Rohrberg und Möring in der Hamburger Handelskammer und meldeten ihr Gewerbe an – mit einem Startkapital von unglaublichen 50 Euro. „Na ja, 30 Euro hat die Anmeldung gekostet, dann war das Geld halt auch schon fast weg“, sagt Möring und schüttelt dabei fast ungläubig den Kopf. Denn im Grunde war da ja nichts außer einer Idee – und diese ganz große Liebe zum Fußball. Möring hat alle Ligen im Amateurfußball durchlaufen, von der Regionalliga bis zur Kreisklasse. Rohrberg hatte vor seinem Sportjournalismusstudium bei Altona 93 gespielt, beim MSV Duisburg und in der U 19 des FC St. Pauli.
Aus der Urlaubsidee wurde ein tragfähiges Geschäftsmodell
„Ein Web-TV-Format hochgezogen, das hatte bis dato keiner von uns“, sagt Möring. Und genauso fühlten sich die Anfänge auch an: wie ein einziges Herumprobieren, ein ständiges Learning-by-doing. Doch es funktionierte. Am 26. Juli 2010 ging Elbkick TV auf Sendung. Das erste Studio? „War bei Jurek im Wohnzimmer, Gärtnerstraße, Eimsbüttel“, erzählt Möring. Das Büro? Sein Wohnzimmer, Margaretenstraße, Schanze. Nebenbei arbeitete der heutige Familienvater als Torwarttrainer beim FC St. Pauli und spülte Gläser in Bars.
Erst 2013, mit der ersten Expansion des Elbkick-Formats an die Spree, ließ Möring die vielen Nebenbeschäftigungen sein. Aus der Urlaubsidee war endgültig ein tragfähiges Geschäftsmodell geworden. Möring begann ein Studium zum Sportbetriebswirt – und trieb die Ausweitung der Standorte weiter voran. Heute gibt es das Konzept von Elbkick TV an sieben verschiedenen Standorten: neben Hamburg und Berlin auch in Köln (2014), Frankfurt am Main (2015), im Ruhrgebiet (2016) und seit 2018 in Sachsen und München.
Das Konzept ist immer das gleiche: Den Amateurfußball zu würdigen, in all seinen Facetten. Den Menschen eine Bühne zu geben, die für ihren Verein das letzte Hemd geben würden, egal ob als Spieler oder als Fan. Die sich keinen Friseur einfliegen lassen vor dem nächsten großen Spiel, die mit dem Rad vorfahren, selten mit dem Mustang. „Der echte Fußball, die echten Geschichten – das ist, wofür wir stehen, das ist der Kern unseres Schaffens“, sagt Möring.
50 Mitarbeiter hat die Firma inzwischen
50 Mitarbeiter zählt die Firma inzwischen, die sich 11+media nennt, sie ist Marktführer im Amateurfußball – bis zu fünf Millionen Fans erreichen die professionell produzierten Inhalte jeden Monat. Möring ist Geschäftsführer, zu den Gesellschaftern zählen neben Rohrberg (arbeitet als Sky-Reporter) und Huub Stevens’ Sohn Maikel (Spielerberater) auch Bernd von Geldern, der Geschäftsleiter Vertrieb beim FC St. Pauli.
Zum Jubiläum an diesem Sonntag geht ein weiteres Herzensprojekt an den Start: Kick TV soll das bundesweit erste Portal für Fußballvideos werden, eine Art YouTube „für den echten Fußball“. Und weil es echte Typen eben doch auch bei den Profis gibt, dürfen auch die demnächst in der Berichterstattung stattfinden. Typen wie Huub Stevens zum Beispiel. Die Doku über den ehemaligen HSV-Trainer dürfte nicht nur in Hamburg mit Spannung erwartet werden.