Hamburg. Ehemaliges Gotteshaus soll zum Bürgertreff Westibül werden. Experten nennen weitere Schlüsselprojekte im Stadtteil. Politik am Zug.

Seit zwei Jahrzehnten schon zieht sich die Kirche immer mehr aus Bergedorf-West zurück. Weil im benachbarten Neuallermöhe mit der Franz-von-Assisi-Kirche und dem ökumenischen Gemeinschaftshaus Festeburg zwei neue christliche Zentren auch für die Westler entstanden, werden in St. Christophorus am Wochenmarkt in Bergedorf-West längst keine Gottesdienste mehr gehalten. Das 50 Jahre alte Gebäude beherbergt heute eine Kleiderkammer und die evangelische Kita.

Doch die zentrale Lage am Werner-Neben-Platz könnte dem Backsteinbau nun eine neue Bedeutung für den ganzen Stadtteil und darüber hinaus bescheren: Im jetzt vorliegenden „Gutachten zur Weiterentwicklung der sozialen Infrastruktur“ wird der Kirchenbau als perfekter Standort des neuen Gemeinschaftshauses empfohlen.

Sollte die Nordkirche bereit sein, die Immobilie zu veräußern oder mit verschiedenen Kooperationspartnern zu überplanen, sehen die Experten des Gutachterbüros Tollerort dort den künftigen Sitz des Bürgerhauses Westibül.

St.-Christophorus-Kirche soll zum Gemeinschaftshaus Westibül werden

Offen für alle Generationen und auch sämtliche Glaubensrichtungen könnte an diesem zentralen Ort ein gut sichtbares Gemeinschaftshaus entstehen, das 2000 Quadratmeter Nutzfläche plus Erweiterungsoptionen und ein größeres Außengelände bietet. Auch ein Theater- und Konzertsaal mit fester Bühne und Platz für 200 Zuschauer wird ausdrücklich empfohlen, ebenso ein Café-Restaurant mit 40 Sitzplätzen plus Außengastronomie und diverse Seminar- sowie Beratungsräume. Zudem könnte es gut um Projekte des Mehrgenerationen-Wohnens ergänzt werden.

Ob dafür der Altbau von St. Christophorus abgerissen oder nur saniert, umgebaut und aufgestockt werden müsste, lassen die Experten in ihrem 48 Seiten starken Gutachten offen. Diskutiert werden die Empfehlungen in dieser Woche in gleich drei Ausschüssen der Bezirksversammlung: in Bezug auf ihre sozialen Auswirkungen, ihre Folgen für Sport und Bildung sowie den Perspektiven für die Stadtentwicklung.

Neue Sportanlage mit Kunstrasenplatz soll entstehen

Die Gutachter jedenfalls sehen St. Christophorus in Form des neuen, zukunftsgerichteten Gemeinschaftshauses Westibül als Schlüsselprojekt und Einstieg in die Grundsanierung der nach einem halben Jahrhundert dringend sanierungsbedürftigen sozialen Infrastruktur von Bergedorf-West. Ein weiteres Schlüsselprojekt ist dabei der Ausbau des Spielhauses Friedrich-Frank-Bogen zu einem „Spielhaus+“ mit Eltern-Café, Beratungsangeboten und enger Freiflächenkooperation mit der benachbarten Grundschule.

Von dort geht der Blick dann auf den Fußballplatz, der mittlerweile samt seiner Umkleiden und der Flutlichtanlage so marode ist, dass sämtliche Ligaspiele und auch etliche Trainingstage abgesagt werden mussten. Seine Grundsanierung sollte nach den Vorschlägen der Experten aber nicht nur auf einen punktspieltauglichen Kunstrasenplatz mit neuen Umkleiden zielen. Vielmehr empfehlen sie die Drehung und Verschiebung in den Stadtteil hinein, um ihn zum „multifunktionalen Bewegungsraum für alle Generationen“ zu machen.

Anglerverein könnte an Neuallermöher Fleete umziehen

Konkret soll die Sportanlage auf ihren Nebenflächen um Outdoor-Fitnessgeräte ergänzt werden. Das Spielfeld selbst könnte zusätzliche Markierungen erhalten, um es für andere Sportarten nutzbar zu machen: Kleine Tore an den Seiten könnten es auch quer zum Kicken öffnen. Die neue Umkleide sollte gleich mit Lager, Büro und Gemeinschaftsraum geplant werden, um Teile der Nutzung des ebenfalls abgängigen Gemeinschaftspavillons P5 aufzunehmen. Sein heutiger Standort würde wahrscheinlich ohnehin der Verlagerung des Sportplatzes zum Opfer fallen.

Neben diesen Schlüsselprojekten werden zahlreiche andere Aufgaben genannt, die im Rahmen des Programms der Regionalen integrierten Stadtteilentwicklung (Rise) innerhalb der nächsten Jahre angegangen werden sollten. Darunter die Verlegung des Anglervereins Bergedorf-West ans Wasser, etwa an einen der Neuallermöher Fleete, und die verstärkte Einbindung Ehrenamtlicher aus Bergedorf-West auch in die Arbeit des Jugendtreffs „Pink-Haus“.

Fragen der Kosten und Finanzierung bleiben offen

Die Gutachter haben ihre Vorschläge in enger Absprache mit Vereinen und Institutionen des Stadtteils entwickelt. Nun ist es an der Bergedorfer Politik, die Projekte zu sondieren und zusammen mit dem Bezirksamt unter anderem in einen städtebaulichen Workshop zu überführen.

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Wie teuer das alles am Ende wird, ist bisher offen. Der Stadtentwicklungstopf, aus dem sich Bergedorf-West nun neben anderen zu Rise-Gebieten erklärten Stadtteilen bedienen darf, ist aus Bundesmitteln allerdings mit etlichen Millionen Euro gut gefüllt.