Hamburg. Vogel hat sich in Zaun verfangen. Helfer reagieren schnell. Video zeigt den Flug in die Freiheit – zurück zu seiner Familie.

Als am frühen Dienstagmorgen ihr Telefon klingelt und sich am anderen Ende ihre Mitarbeiterin Nadine Czembor hektisch meldet, da weiß Jenny Kipp sofort, dass etwas passiert ist. „Du musst sofort kommen“, ruft Nadine aufgeregt in ihr Handy. Denn als sie gerade auf dem Gelände der Gärtnerei Buuck am Dorferbogen unterwegs ist, da entdeckt sie in einem Rehschutzzaun einen Storch. Der Vogel hatte sich mit einem Fuß in den Maschen verfangen.

Nur mit Latschen an den Füßen springt sie schnell aufs Fahrrad und radelt, so schnell ihre Beine in die Pedalen treten können, in den hinteren Bereich des Gärtnerei-Geländes. Vorsichtig waten die beiden Frauen über das nasse Feld zu dem Storch, der blutend und schon völlig apathisch kopfüber und mit verdrehtem Bein an dem Zaun baumelt. „Das sah echt schlimm aus“, sagt Jenny Kipp später.

Hamburg: Storch verletzt – dramatische Rettung mit Happy End

Während sie beruhigend auf den Vogel einreden, befreien sie ihn aus seiner misslichen Lage: „Eine hielt den Schnabel fest, die andere den Körper“, berichtet Jenny Kipp von der Rettungsaktion. Eingewickelt in eine Wohnzimmerdecke bringen sie ihn auf den Hof der Gärtnerei, halten ihn im Arm und warten auf Jürgen Pelch. Wie es der Zufall so will, hatte sie erst eine Woche zuvor Kontakt zu dem Vierländer bekommen, der sich seit 48 Jahren ehrenamtlich im Naturschutzbund (Nabu) für den Storchenschutz engagiert.

Im Tierheim Süderstraße wird der Storch von einem Tierarzt untersucht.
Im Tierheim Süderstraße wird der Storch von einem Tierarzt untersucht. © Pelch | Pelch

Denn zu ihrem 50. Geburtstag hatte sie sich gewünscht, ein Storchennest auf dem Hof der Gärtnerei aufbauen zu lassen. „Ich fand Störche schon immer toll, und dann können wir sie bald hoffentlich mit dem Blick aus dem Fenster beobachten“, erklärt Jenny Kipp. Vergangene Woche hatte Storchenvater Pelch die 50-Jährige und ihren Lebensgefährten Dominik Buuck noch beraten, welches der richtige Standort für ein Nest sein könnte – und musste nun auch praktische Hilfe leisten.

Schon einen Tag später kann der Storch wieder in die Freiheit entlassen werden

Pelch setzt den immer noch in die Decke eingehüllten Storch in einen großen Karton und bringt ihn in das Tierheim Süderstraße. Dort sieht sich ein Tierarzt den Vogel ganz genau an, röntgt ihn, gibt ihm zwei stärkende Spritzen und verarztet die blutende Wunde am Bein mit einem Druckverband. „Glücklicherweise war er nicht schlimmer verletzt“, berichtet Jürgen Pelch. Der Storchenvater gönnt seinem Schützling noch ein paar ruhige Stunden bei sich im Schuppen. „Am nächsten Morgen war er wieder fit und hat Sardinen und Schnecken verdrückt“, berichtet Pelch.

Das Röntgenbild vom Flügel zeigt keine Auffälligkeiten.
Das Röntgenbild vom Flügel zeigt keine Auffälligkeiten. © Pelch | Pelch

Und so kann Jürgen Pelch den Vogel auch schon einen Tag später wieder an den Ort zurückbringen, wo er ihn eingesammelt hatte. „Wir wollten ihn so schnell wie möglich wieder auswildern, denn wenn er ein Nest und Junge hat, wird er beim Füttern gebraucht“, erklärt Pelch. Denn die Versorgung des Nachwuchses wird bei den Störchen von beiden Elterntieren erledigt. Und so gibt es auch für Jenny Kipp ein schnelles Wiedersehen mit dem Vogel: „Schön, dass du wieder da bist“, sagt sie zur Begrüßung.

Brutbilanz: Kann das Rekordergebnis vom vergangenen Jahr noch getoppt werden?

Sie übernimmt dann auch die Aufgabe, den Vogel wieder in die Freiheit zu entlassen: Nachdem das Bein vom Verband befreit ist, setzt sie ihn vorsichtig auf seine langen Beine, stützt ihn noch kurz, bevor er ein paar Schritte macht und sich dann schnell mit großen Flügelschlägen in die Luft emporschwingt. „Ein schöner Tag“, resümiert Jenny Kipp. Jürgen Pelch aber will den Storch nicht ganz so einfach aus den Augen lassen. Denn er hat eine Ahnung, wo der Vogel sein Nest haben könnte.

Vogelflieg

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    Und tatsächlich: Nicht weit entfernt, bei Krögers Blumenhof an der Ochsenwerder Landstraße, spürt Pelch den Storch auf. Dort steht er auf seinem Nest bei drei Jungen. Durch einen Ring am Bein, der ihm nach seinem Unfall umgelegt worden ist, kann er eindeutig identifiziert werden. Also gibt es allen Grund zur Hoffnung, dass die drei Jungen bald flügge werden und dann von Ochsenwerder aus den Weg in Richtung Süden antreten.

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    Wie viele Jungstörche sich mit ihnen auf diesen Weg machen werden, wird sich in der kommenden Woche zeigen. Dann wird am Freitag, 21. Juni, die diesjährige Brutbilanz in Anwesenheit von Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan in Curslack verkündet. Jürgen Pelch ist guter Dinge, dass es ein gutes Storchenjahr werden wird, denn von insgesamt 60 Nestern seien etwa 40 besetzt, so Pelch. Ob das Ergebnis vom vergangenen Jahr allerdings erneut getoppt werden kann, bleibt abzuwarten: In 2023 hatten 40 Storchenpaare in Hamburg 98 Jungstörche großgezogen. Sechs weitere Jungtiere hatte Storchenvater Jürgen Pelch aufgepäppelt – absolutes Rekordergebnis.