Hamburg. Am Reinbeker Weg im Bergedorfer Villengebiet rüstet Eigentümer Werner Franzen immer weiter nach, vergebens. Dann kommt es zum Showdown.

Werner Franzens Stimme klingt ermattet. Der 66-Jährige, der eigentlich anders heißt (Name der Redaktion bekannt), hat reichlich nervenaufreibende Wochen hinter sich. Oder sollte es besser heißen: nervenaufreibende Jahre? Denn der Bergedorfer führt seit 2019 einen fast aussichtslos scheinenden Kampf gegen offenbar professionelleDiebesbanden, die ihm mehrfach seine Luxuswagen der Marke Porsche aus der Einfahrt seines Hauses im Villengebiet stahlen. Vorläufiger Höhepunkt der Geschichte: Sein zuletzt gestohlener Wagen liegt „von Polizeikugeln durchsiebt und mehrfach überschlagen an der A 1-Ausfahrt Elsdorf“, wie Franzen sagt.

Die „Schüsse auf den Porsche“ schafften es vor wenigen Tagen auch in unsere Zeitung. Doch für Eigentümer Werner Franzen ist das mehr als nur eine Geschichte, die für kurzes Erschrecken sorgt. Seit Jahren muss der Bergedorfer immer wieder erleben, wie die Diebe ihm ein Schnippchen schlagen. Teilweise sogar, während er selbst nur wenige Meter entfernt in seinem Haus am Reinbeker Weg am Schreibtisch sitzt. Dass Franzen dreimal Opfer solcher Diebstähle wurde, bestätigt auch die Staatsanwaltschaft Hamburg, ebenso die Daten. Die Details zum Ablauf der Taten beruhen auf den Erzählungen des Bergedorfers.

Bergedorfer wird dreimal der Porsche gestohlen – dann kommt es zum Showdown

Alles hatte 2019 begonnen. Werner Franzen, so erzählt er es, hatte sich etwa anderthalb Jahre zuvor seinen ersten Porsche Macan gekauft, in Nachtblau-Metallic. Wert: etwa 130.000 Euro. Er fuhr es gern, „ein schönes Auto“, sagt er noch heute, und sicher sei der Wagen auch. An einem September-Tag saß Franzen dann in seinem Haus am Schreibtisch, als die Diebe erstmals zuschlugen – ganz dreist am helllichten Tag. „Sie haben wohl meinen Autoschlüssel ausgelesen, das hat die Polizei zumindest damals vermutet“, sagt der Bergedorfer. Wenn der Autoschlüssel nicht zu weit weg liegt, bis zu zehn Meter weit, können Kriminelle mit Funkwellenverlängerern die Daten auslesen und den Wagen starten.

Werner Franzen bemerkte damals von all dem nichts. Doch „meine Tochter oben im Haus hat sich noch gewundert, warum ich so laut mit Vollgas vom Hof fahre“, erinnert er sich. Erst später fiel auf, dass der Wagen weg war. Und Werner Franzen lernte, fortan seinen Autoschlüssel so aufzubewahren, dass Diebe die Daten ihn nicht auslesen können: weiter weg im Haus in einer speziellen Dose.

Die Täter beim Ausspähen des Tatorts am Reinbeker Weg.
Die Täter beim Ausspähen des Tatorts am Reinbeker Weg. © privat | Privat

Immerhin: Werner Franzen war versichert, bekam den Wagen ersetzt. „Den zweiten Porsche durfte ich dann sogar fast vier Jahre fahren“, stellt er etwas bitter fest. Doch im Oktober 2023 waren die Diebe – dieselben oder andere – zurück. Wie sie diesmal das Fahrzeug starteten, ist nicht klar. Nur, dass es plötzlich weg war. Werner Franzen selbst war damals verreist, seine Tochter hatte den Wagen zuletzt um 2 Uhr nachts in der Einfahrt stehen sehen. Die Kriminellen kamen also wohl nachts. Der Porsche war weg und blieb verschwunden.

Klaglos ersetzte die Versicherung auch diesen Wagen. Werner Franzen wundert sich: „Sie haben nicht gemuckt. Auch nicht mal gefragt, ob ich mal aufrüsten oder eine Beratung möchte.“ So wurde er selbst aktiv: Das massive Holztor hatte bisher nur einen einfachen Überwurfriegel. Nun rüstete Werner Franzen ein Titanschloss nach, nach eigenen Angaben „das Beste auf dem Markt“, samt Stahlriegel. In der Einfahrt ließ er zwei Videokameras installieren, schaute fortan einmal wöchentlich, ob sich jemand auf seinem Grundstück herumgetrieben hat.

Nachts spähten dunkle Gestalten das Grundstück im Villengebiet aus

Doch er schaute einmal zu wenig. Und bemerkte nicht, als zwei Tage vor dem 11. April dunkle Gestalten nachts um den noch nicht mal ein halbes Jahr alten Porsche Macan herumschlichen. Erst später sah Franzen die Aufnahmen. „Sie haben die Gegend ausgespäht“, sagt er. Offenbar waren die Kriminellen mit dem Ergebnis zufrieden, denn sie kamen schnell wieder: Die Videoaufnahmen zeigen, wie sie in der Nacht des 11. April durch die Tür im Tor das Gelände betreten und sich an dem Porsche zu schaffen machten. „Zwei Stunden lang“, so der Eigentümer.

Diesmal war es nicht so leicht für die Diebe: Erst hätten sie offenbar über die Radkästen in den Motorraum gegriffen, um die Alarmanlage und die Hupe des Porsche auszuschalten, sagt Franzen. Doch dann brauchten sie noch eine Weile, um auch die blinkende Warnblinkanlage und Beleuchtung in den Griff zu bekommen. Und noch einmal eine halbe Stunde für das Tor: das Schloss war nicht zu knacken, „sie haben den Riegel zerstört“, so der 66-Jährige. Dass das Treiben der Diebe so lange unbemerkt blieb, obwohl die Kriminellen laut waren und der Wagen hell leuchtete, das schockiert den Bergedorfer etwas. Er appelliert an seine Nachbarn, sich selbst gute Sicherungen für ihre Grundstücke anzuschaffen und aufmerksam zu sein.

Filmreife Verfolgungsjagd mit der Polizei auf der A1 bei Elsdorf

Doch auch wenn die Porsche-Diebe wiederum mit dem Wagen flüchten konnten: Diesmal gab es für sie kein Happy End. Denn offenbar hatten sie die Videokameras nicht bemerkt. Der Haupttäter sei zwar maskiert gewesen, der zweite, der zu Hilfe kam, aber nicht, sagt Franzen. Und so gaben die Aufnahmen der Polizei womöglich gute Hilfestellung: Werner Franzen vermutet jedenfalls, dass die Aufnahmen ein Grund dafür waren, dass es am 19. April zu einer filmreifen Verfolgungsjagd auf der A1 kam.

In der Polizeimeldung der Polizeiinspektion Rotenburg heißt es, Beamte der Autobahnpolizei Winsen hätten dort „einen in der vergangenen Woche in Hamburg gestohlenen, schwarzen Porsche Macan mit Hamburger Kennzeichen in Fahrtrichtung Bremen“ verfolgt. „Bis zur Anschlussstelle Sittensen gelang es der Polizei, den Verkehr und auch das flüchtige Fahrzeug bis zum Stillstand herunter zu bremsen.“ Doch als Beamte durch eine Rettungsgasse zu Fuß auf das gestohlene Fahrzeug zugingen, gab der Fahrer plötzlich Gas – und fuhr auf die Polizisten zu. Nur durch einen Sprung zur Seite konnten sich die Beamten in Sicherheit bringen.

Polizist gibt mehrere Schüsse auf die Reifen des Fluchtfahrzeugs ab

„Ein Beamter gab daraufhin Schüsse auf die Reifen des Fluchtfahrzeugs ab“, heißt es weiter. Doch der Fahrer des Porsche – laut Franzen einer der Männer von seinen Überwachungskameras – setzte seine Flucht bis zur Anschlussstelle Elsdorf fort. Dort verunglückte der Wagen. Der Porsche habe sich überschlagen, hat Werner Franzen gehört. Der Insasse, ein 22-Jähriger, wurde leicht verletzt und vorläufig festgenommen. Ihm wird nun unter anderem versuchter Mord vorgeworfen.

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Ist er wirklich der Dieb von Werner Franzens Porsche? Gehört er zu einer Bande, wie Franzen vermutet? Und ist diese Bande auch für die anderen Diebstähle am Reinbeker Weg verantwortlich? Das und anderes lässt sich bisher nicht klären: Für den Vorfall an der A1 ist offenbar die Staatsanwaltschaft Stade zuständig, die am Freitag eine Anfrage unserer Zeitung bis zum frühen Abend unbeantwortet ließ.

Einen vierten Porsche will sich das Diebstahl-Opfer nicht anschaffen

Die Staatsanwaltschaft Hamburg bestätigt die drei Diebstähle bei Werner Franzen. Das erste Verfahren 2019 wegen „Diebstahls in besonders schwerem Fall“ sei eingestellt worden, „da der Täter nicht ermittelt werden konnte“. „Wegen zwei weiterer Entwendungstaten jeweils eines Porsche Macans (...) zum Nachteil des genannten Geschädigten am 07.10.2023 und 11.04.2024 führt die Staatsanwaltschaft Hamburg weitere Ermittlungsverfahren. Die Ermittlungen in diesen Verfahren dauern an“, heißt es.

Für Werner Franzen sind indes zwei Dinge klar. Erstens: „Ich werde aufrüsten.“ Sein Haus und Grundstück sollen noch sicherer werden. Zweitens: Einen vierten Porsche wird er sich nicht anschaffen. „Offenbar ist es einfach nicht möglich, einen Porsche Macan zu fahren“, stellt er betrübt fest. Was soll es denn nun für ein Modell werden? Der 66-Jährige weiß es nicht, schafft es aber zu scherzen: „Vielleicht ein Trabi.“