Lohbrügge. Fische werden in der Bille ausgesetzt. Was sie dann machen sollen – und wo sich das Spektakel besonders gut beobachten lässt.
So richtig viele Gäste wollen die Aktiven des Bergedorfer Anglervereins eigentlich gar nicht haben, wenn sie Sonntagmittag die 100.000 Meerforellen an der Oberen Bille aussetzen. „Aber wer uns über die Schulter schauen will, ist natürlich herzlich willkommen“, sagt Vize-Vorsitzender Jens Kiesel. Schließlich werde das Ereignis von vielen Bergedorfern schon sehnsüchtig erwartet, weil es als Naturprojekt zum 150. Geburtstag der BergedorferZeitung bereits umfangreich angekündigt wurde.
Nun geht alles ganz schnell, hat die Fischzucht Nordbach aus Garstedt bei Winsen/Luhe doch endlich grünes Licht für den Transport gegeben. Am Sonntag, 14. April, machen sich Jens Kiesel und sein Team mit Auto und doppelachsigem Anhänger auf die laut Google 45-minütige Reise, um die kaum einen Zentimeter kleinen Meerforellen in großen, mit sauerstoffhaltigem Wasser gefüllten Behältern nach Bergedorf zu holen. Der Start des Fischbesatzes in zwei kleinen Lohbrügger Nebenflüssen der Oberen Bille ist für 12.30 Uhr unter Beteiligung von Biologen des Hamburger Landesverbandes der Angler geplant.
100.000 Meerforellen für Bergedorf: Sonntag ist es so weit
„Wir haben den Bornmühlenbach und den Forstgraben ausgewählt, weil die jungen Tiere hier besser vor Fressfeinden geschützt sind als im Lauf der Bille selbst“, sagt Kiesel. „Ob sie dann hier bleiben oder doch in den großen Fluss schwimmen, vielleicht sogar in die gegenüber liegenden Brauereiteiche, wird sich zeigen.“ In jedem Fall werden sie bis zum Herbst hier bleiben, bis sie groß genug sind, um die Reise in die Nordsee anzutreten. Von dort sollen dann in drei bis vier Jahren möglichst viele zum Ablaichen wieder in die Obere Bille zurückkehren.
Wer beim Aussetzen dabei sein will, sollte seinen Sonntagsspaziergang schon Mittags auf den Bille-Wanderweg in Lohbrügge verlegen. Jens Kiesel und seine Kollegen sind gut 400 Meter oberhalb der Gewerkschaftsbrücke zu finden, östlich des Wohnkomplexes Billebogen: an der Einmündung von Bornmühlenbach und am Forstgraben, der weitere 300 Meter flussaufwärts in die Bille fließt.
100.000 Meerforellen für Bergedorf: Umweltbehörde will Beweis erbringen
Infostände oder gar eine Feier wird es nicht geben: „Sonntag stehen die Jungfische im Mittelpunkt und ihre behutsame Ansiedlung“, sagt Kiesel, der stattdessen für den 1. Mai eine große Party plant: Dann wird der Anglerverein Bergedorf 70 Jahre alt.
Erst mal sollen sich nun aber die 100.000 Meerforellen in der Oberen Bille und ihren Nebenflüssen so gut einleben, dass sie dieses Revier als ihre Heimat annehmen und von der Nordsee aus später auch zum Laichen wieder ansteuern. Ob das gelingt, wird ein umfangreiches Monitoring zeigen, das der Anglerverein mit der Fischereiaufsicht der Umweltbehörde vereinbart hat: Sie zahlt die kompletten 4000 Euro für den Meerforellen-Besatz, der Verein nimmt dafür den Fangkorb in der Fischtreppen am Bergedorfer Hafen ab Herbst 2025 in Betrieb, um stets von Mitte Oktober bis Mitte November im Zweitagesrhythmus die gefangenen Tiere zu zählen, zu vermessen und auf ihren Gesundheitszustand hin zu untersuchen.
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Ob er dabei schon in den ersten Jahren fündig wird, gilt als wenig wahrscheinlich. Zwar sind tatsächlich auch 2017 bis 2019 zusammen schon 10.000 Meerforellen in der Oberen Bille ausgesetzt worden, und sie ziehen als sogenannte Winterlaicher tatsächlich im Oktober und November flussaufwärts. Doch weil bestenfalls ein Prozent überlebt und nur ein Teil davon tatsächlich zurückkehrt, hat sich bisher noch keine einzige Meerforelle an einen Haken der Mitglieder des Bergedorfer Anglervereins verirrt.
Wenn am Sonntag nun auf einen Schlag gleich zehnmal so viele Tiere ausgesetzt werden, ist die Chance auf Rückkehrer also zehnmal so hoch: Rechnerisch müssten sich von den 100.000 Meerforellen also bis zu 1000 wieder in der Oberen Bille einfinden. So würde bewiesen, dass das Gewässer der europäischen Wasserrahmen-Richtlinie entspricht und auch flussaufwärts für Fische wieder durchgängig ist. Um das nachzuweisen, wird der Besatz jetzt auch von der Umweltbehörde finanziert – und von der Bergedorfer Zeitung zum 150. Geburtstag präsentiert.