Bergedorf. Bergedorfs Christdemokraten sorgen sich um die Personalstärke im Bezirksamt: „Es muss sich was ändern, es braucht mehr Unterstützung.“
Weit mehr als 5000 Flüchtlinge leben im Bezirk Bergedorf. Davon allein 2700 Ukrainer, von denen die Hälfte in 14 Hotels untergebracht sind. Bei deren Versorgung und Unterbringung leiste das Bezirksamt „eine gute Arbeit“, lobt nun die CDU-Fraktion. Was aber ist mit den Integrationsangeboten, damit Ärzte und Ämter gefunden werden, Kindergartenplätze und Sprachunterricht, auch Sport- und Spielfreizeiten? „Das ist enorm wichtig und wird vielfach von Ehrenamtlichen geleitet. Denn Bergedorfs Integrationsfachkraft ist vorwiegend in die Grundversorgung eingebunden. Hier scheint eine personelle Unterstützung erforderlich“, heißt es in einer Großen Anfrage an das Bezirksamt.
Mathias Zaum erläutert sein Ansinnen mit Blick auf die vielen verschiedenen Nationalitäten: „Wir brauchen eine funktionierende Nachbarschaft und sollten nicht Israelis und Palästinenser in einen Wohnblock stecken. Auch nicht Russen und Ukrainer. Wir brauchen doch keine importierten Konflikte, egal woher.“
Integration von Flüchtlingen in Bergedorf: Gibt es genug Angebote?
Daher wolle er möglichst im Vorfeld Probleme vermeiden und eine gute Integration anstreben. Das Fest der Kulturen sei schon toll, auch das Lohbrügger Suppenfest, aber „wir brauchen noch mehr solcher Ideen“, meint der Christdemokrat aus Lohbrügge und bedauert, dass die Koalition die Gründung eines Integrationsbeirates bislang abgelehnt habe. Von der Bezirksamtsleiterin will er nun wissen, ob sie schon einen höheren Bedarf angemeldet habe, denn „es muss sich etwas ändern, die Flüchtlingshilfe braucht mehr Unterstützung“.
Da würde Mirjam Hartmann natürlich nicht mit dem Kopf schütteln, denn Bergedorfs Integrationsfachkraft hat tatsächlich viel zu tun. Zwar haben andere Bezirke auch nur eine Personalstelle, aber „die Angebote rund um die Unterkünfte werden oft noch von einer anderen Person oder vom Jugendamt übernommen“, erklärt sie.
Verein Bergedorfer für Völkerverständigung aufgelöst
Zu den eigentlichen Integrationsthemen komme sie kaum, da fehle einfach die Zeit. Bei Themen wie Antisemitismus, Hetze gegen Muslime oder Rechtsextremismus könne man durchaus noch aktiver werden: „Zum Glück greift das die Zivilgesellschaft auf und organisiert Aktionen“, meint sie mit Blick auf das neue Netzwerk, das Bergedorf-Bille-Stiftung und der Verein Sprungbrett ins Leben gerufen haben. Hartmann: „Wir unterstützen auch das Rathausbündnis gegen rechts“.
Im Januar 2024 hatte sich der Verein Bergedorfer für Völkerverständigung aufgelöst, Kleinprojekte wie die Kunstinitiative in der Unterkunft an der Brookkehre, die afghanische Frauengruppe, Fahrradretter und das Frauenschwimmen werden vom Verein „SerrahnEins“ fortgeführt. Ebenso ist das Begegnungscafé samt Sozial- und Migrationsberatung donnerstags und freitags (10 bis 12 Uhr) geöffnet, gibt es an der Serrahnstraße 1 ein Café der Kulturen (donnerstags von 13.30 bis 16 Uhr).
Argumentationstraining für den Alltag
„Die Menschen kommen aus aller Welt zu uns. Es ist eine Illusion, zu glauben, dass der Flüchtlingsstrom zügig zu Ende gehe“, meint Mirjam Hartmann, die indes noch entspannt durch Bergdorf läuft: „In anderen Bezirken knallt es viel mehr.“ So erlebte sie zuletzt eine Diskussion im Bus: „Eigentlich ging es nur darum, dass man keine Fahrkarten mehr beim Busfahrer kaufen kann. Aber meine Sitznachbarin war sehr schnell bei der Entmündigung der Bürger, bei Corona und anderen Verschwörungssprüchen. Da komme ich schon an meine Grenzen.“ Daher die Idee mit Workshops samt Argumentationstraining: Wir reagiere ich richtig? „Einen Trainer oder Trainerin könnten wir vom Bezirksamt bezahlen, dazu Räume im Körberhaus nutzen.“
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Bloß die Organisation rundherum könnte gut jemand anderes übernehmen. Von daher ist die CDU-Anfrage nicht abwegig: „Wir wollen bloß das Amt unterstützen und fragen, ob es stark genug ist. Ob es in Bergedorf ausreichend Ansprechpartner für Flüchtlinge gibt“, betont Christdemokratin Erika Garbers.