Curslack/Barsbüttel. Oliver Treichel macht ein besonderes Gespann fit für eine kleine Reise. Warum dabei die Liebe zur Langsamkeit dazugehört.
Oliver Treichel ist mit Leib und Seele Schrauber: Der gelernte Karosserie- und Fahrzeugbauermeister, dessen Ausbildung auch die Restaurierung von Fahrzeugen umfasste, bastelt bereits seit Jahrzehnten immer wieder an Autos oder Traktoren. Der 56-Jährige ist seit zwölf Jahren Vorsitzender des Traktoren-Oldtimer-Clubs Hamburg (TOCH) und auch beruflich dreht es sich bei dem Barsbüttler um motorisierte Fahrzeuge: Treichel verdient sein Geld als Kfz-Sachverständiger. Mit seinem Oldtimer-Traktor und -Bauwagen fährt er jedes Jahr mit seiner Frau zu mindestens einem Treffen mit Gleichgesinnten in Norddeutschland. Nun will das Paar erstmals auf Tour gehen, ohne andere Oldtimer-Traktoren-Fans zu treffen, „einfach nur so“, sagt Oliver Treichel und lächelt.
Im Mai will das Ehepaar Treichel den 1951 gebauten IFA-Pionier-Trecker anschmeißen, den ehemaligen, 39 Jahre alten Bauwagen der Hamburger Wasserwerke dahinter spannen und gemütlich lostuckern, für einige Tage „in Richtung Ratzeburg, Lübeck“, sagt Oliver Treichel. Bevor es losgeht, erledigt der 56-Jährige dieser Tage einige kleinere Reparaturen. Unter anderem muss das Abluftsystem des Kühlschranks, den er in den Bauwagen gesetzt hat, „verbessert werden“, berichtet der Schrauber. „Wenn es draußen heiß ist, kühlt der Kühlschrank zu wenig. Und da unsere Sommer immer heißer werden, muss ich mich da mal ranmachen.“ Treichel baut nun ein Umluftgebläse ein. Für den Kfz-Profi keine große Sache: „Das sollte schnell erledigt sein.“
Wohnmobil: Oliver Treichel juckelt mit 25 km/h durch Norddeutschland
Der 40 PS starke IFA-Pionier-Trecker war das erste in der früheren DDR gebaute Schleppermodell. „Damals war der in der DDR ein Oberklasse-Modell.“ Die Technik stamme noch aus der Vorkriegszeit. Treichel, geboren in Schönningstedt, habe den Oldtimer nicht aus Ostalgie erworben: „Das ist einfach ein spannendes Modell.“ Vor dem IFA Pionier besaß er bereits drei andere Oldtimer-Trecker. „Meinen ersten hatte ich, als ich 35 Jahre alt war. Damals hatte ich gerade die Prüfung zum Meister bestanden.“ Doch schon zuvor, Anfang der 90er-Jahre, habe er für Bekannte und auch bei der Arbeit Traktoren repariert. „Damals wurde mein Interesse an diesen Fahrzeugen geweckt.“
Den Bauwagen der Wasserwerke erwarb der Familienvater vor 13 Jahren direkt von den Wasserwerken „bei einer stillen Auktion für 450 Euro“. Früher diente der Wagen als Pausenraum, Büro und Werkzeuglager, weiß Treichel. In seiner Freizeit entkernte er den zweiachsigen Anhänger, baute ihn zu einem Wohnwagen um und änderte entsprechend die Zulassung des zwei Tonnen schweren Fahrzeugs. „Die Umbauarbeiten zogen sich über mehr als ein Jahr.“ Treichel vertäfelte seinen neuen, blauen Wohnwagen mit Naturholz, baute eine Küchenzeile, Sitzecke und Tisch ein. „Sitzecke und Tisch lassen sich zu einem Bett umklappen.“ In den Umbau des Wagens mit acht Quadratmetern Wohnfläche investierte Treichel Material im Wert von fast 2000 Euro.
Für die Schwergewichte müssen erst einmal geeignete Campingplätze gefunden werden
Bevor es im Mai losgeht, will sich das Ehepaar nach geeigneten Campingplätzen umschauen, „denn Traktor und Wohnwagen wiegen zusammen 5,7 Tonnen“. Ein durchschnittliches Wohnmobil wiege gut die Hälfte, weiß der Oldtimer-Fan. „Deshalb müssen wir vorher klären, ob wir als Schwergewicht willkommen sind.“
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Die Treichels werden mit nur 25 Kilometern pro Stunde – schneller darf der Anhänger nicht bewegt werden – über die Landstraßen juckeln. „Da hat man schon mal Zeit, um nach links und rechts zu schauen“, sagt der TOCH-Chef. Nur wenige seiner Vereinskollegen besäßen ebenfalls umgebaute Bauwagen: „Die meisten haben reguläre Wohnwagen.“ Doch da sei kaum was dran umzubauen, betont der Schrauber und grinst.