Bergedorf. Besucher halten sich nicht an die Regeln, Stadtreinigung kommt nicht mehr. Verein Bergedorf-Südbick gibt dem Projekt letzte Chance.
Wer, bitte schön, schmeißt ein zerfetztes Kopfkissen auf die Straße? Wer legt kaputte Gläser, Medikamente oder Zigaretten in die Tauschkiste Am Brink? Das ist doch gefährlich, gerade für Kinder! Manchmal kann Mohamad nur mit dem Kopf schütteln. Der 29-jährige Syrer hat einen Schlüssel vom Verein Bergedorf-Südblick und kümmert sich regelmäßig um Ordnung in dem zwei Quadratmeter großen Holzhäuschen: „Ich komme drei- bis viermal am Tag vorbei, abends schließe ich spätestens um 19 Uhr ab“, sagt der Bäckerlehrling. Aber zuletzt sei im Tauschort alles doch arg durchwühlt worden – „und seit einem Monat kommt leider auch die Stadtreinigung nicht mehr vorbei“. Es gibt ein Müllproblem.
Das ist allerdings ein großes Problem, denn manchmal müssen auch abgestellte Matratzen, Stühle und kleine Schränke abtransportiert werden, die niemand haben will. Und die eklig sind, wenn es geregnet hat. „Der Kümmerer der Stadtreinigung hat uns gesagt, sie kämen nicht mehr. Es sei einfach zu viel geworden“, sagt Vereinsvorsitzender Ulrich Gerwe, der nun die Lokalpolitik und Bergedorfs Verwaltung sensibilisieren will: „Die haben doch einen Rahmenvertrag mit der Stadtreinigung oder der Hamburger Entsorgungsgesellschaft. Vielleicht lässt sich irgendwie regeln, dass das Umfeld regelmäßig gereinigt wird.“
Bergedorf-Südblick: Müllproblem bei Tauschkiste – soziales Projekt in Gefahr
Die Betreuung der Tauschkiste, einst von den Freunden rund um den Kiosk Andi‘s Welt gegründet, ging vom Stadtteilbeirat an den Verein über, dessen Mitglieder sich ehrenamtlich kümmern. Und sich vor zwei Jahren über einen Brand ärgern mussten. Mithilfe der Brink-Schüler wurde das Häuschen – eine genehmigte Sondernutzung – weiß, wie wertvoll dieser Ort ist: Mindestens 30 bis 40 Menschen gucken täglich nach, ob es Neues gibt.
„Wir haben aussortiert und legen Hosen und Pullover hinein“, sagt ein Paar aus Altengamme. Kurz drauf spendet eine Frau einen Stapel Babylätzchen. Und manchmal bildet sich sogar eine kleine Schlange, muss der Rock-Opa in Lederjacke warten, bis sich die Mütter, die gerade ihre Kinder von der Grundschule abgeholt haben, für Kleidchen und Bilderbücher entschieden haben. Ein anderer Mann radelt heran, greift sich schnell ein Kartenspiel und ist schon wieder verschwunden.
„70 Prozent der Sachen sind wirklich gut“, sagt Mohamad und zeigt auf eine Fritteuse, auf Turnschuhe, eine Lampe und viele Strickjacken. Es ist ein nachhaltiges und soziales Projekt – „aber die Leute müssen sich an die Regeln halten“, mahnt Uli Gerwe, dessen Mitstreiter neue Schilder mit Piktogrammen anbrachten: Lebensmittel und Spraydosen etwa sind rot durchgestrichen. Auch mögen bitte keine Tüten und Kartons abgestellt werden – schon gar nicht, wenn das Haus geschlossen ist.
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„Eine Videokamera wollen und dürfen wir nicht installieren. Wenn die Leute sich nicht ordentlich benehmen, müssen wir leider schließen“, fürchtet Ulrich Gerwe und will doch „einen letzten Rettungsversuch“ starten – mithilfe von Politik und Bezirksverwaltung, die hoffentlich eine Lösung für das Müllproblem finden..