Tatenberg. Bergedorfs Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann im Dialog mit Bewohnern der Vier- und Marschlande. Welche Themen gefragt sind.

Etwa 40 Besucher des Fährhauses Tatenberg wollten mit Cornelia Schmidt-Hoffmann (SPD), Leiterin des Bergedorfer Bezirksamtes, in einen direkten Dialog treten. In dem Gasthaus am Tatenberger Deich sprach die Rathauschefin mit den Besuchern – „normalen Bürgern“ und Politikern – über Themen, die die Menschen auf dem Lande bewegen, etwa den Schutz vor Binnenhochwasser, den Ausbau der Windenergie, Bauprojekte oder die geplante Entwicklung von Moorfleet.

Die Anwesenden erlebten einen 90-minütigen Rundumschlag, bei dem Cornelia Schmidt-Hoffmann den aktuellen Stand zu den angesprochenen Themen berichtete. So erfuhren die Besucher des von der SPD Vier- und Marschlande organisierten Abends, dass die Bezirksamtsleiterin zuversichtlich ist, dass das Sommerbad Altengamme nach längerer, sanierungsbedingter Zwangspause in diesem Jahr wieder öffnen wird. Auf eine Ausschreibung des Bezirksamtes, das einen neuen Betreiber aus den Bereichen Sport oder Wasserrettung sucht, habe sich „mehr als ein Bewerber“ gemeldet.

Direkter Dialog über Ausbau der Windenergie und gefährliche Deichstraßen

Die Idee der „15-Minuten-Stadt“, also die Erreichbarkeit von Supermärkten, Arztpraxen und anderen relevanten Orten mit öffentlichen Verkehrsmitteln innerhalb einer Viertelstunde, hält die Rathauschefin für die Vier- und Marschlande „eher unrealistisch“. Doch es sei wichtig, eine gute Versorgung mit Lebensmitteln zu gewährleisten. Für das weitläufige Landgebiet möchte die Verwaltung allerdings On-Demand-Angebote schaffen, also kleine Busse einsetzen, die die Fahrgäste an einem individuellen Startpunkt abholen und zu ihrem Wunschziel bringen. Bisher habe man sich allerdings vergeblich um Fördermittel bemüht, berichtete die Bezirksamtsleiterin, der die „Besonderheiten des Verkehrsraums“ durchaus bewusst seien.

Karsten Paulssen aus Ochsenwerder forderte „Schutzräume für Fußgänger“, zumal viele Deichstraßen keine Gehwege haben. Durch geparkte Pkw müssen Schulkinder oft weiter auf die Straße ausweichen. „Wenn es eine Straße ist, gehört ein Gehweg dazu.“ Die Verwaltung solle zumindest den Anwohnern, die ihre Hecke zu weit in Richtung Straße wachsen lassen und die Gefährlichkeit der Lage dadurch noch verschärfen, „auf die Füße treten“. Das Bezirksamt versuche die Situation „Stück für Stück“ zu verbessern, betonte die Sozialdemokratin.

Unklar, ob die favorisierte Variante „Blaues Quartier“ komplett umgesetzt werden kann

Die Ergebnisse der Stadtwerkstatt Moorfleet würden vor den Hamburger Bezirkswahlen am 9. Juni sicher nicht in die Tat umgesetzt, betonte Heinz Jarchow (SPD). Für die favorisierte Variante („Blaues Quartier“) liegt nun ein Verkehrsgutachten vor. Die von vielen Moorfleetern herbeigesehnte Umsiedlung eines Unternehmens, zu und von dem häufig schwere Lkw auf dem schmalen Moorfleeter Deich unterwegs sind, sei ein schwieriges Unterfangen. Ein Besucher wies darauf hin, dass es dabei nicht nur um die Sicherheit der Fußgänger, speziell der Kinder, gehe: „Die Deichstraße ist in einem miesen Zustand.“ Man könne sich bei den vielen sanierungsbedürftigen Straßen im Bezirk oft nur durch den Austausch der oberen Asphaltschicht behelfen, meinte die Bezirksamtschefin. Der Etat für Straßensanierungen sei eben begrenzt.

Mit der betreffenden Firma sei man im Gespräch, ebenso mit der für die geplante Umgestaltung des Holzhafens zuständigen Hamburg Port Authority, betonte Cornelia Schmidt-Hoffmann. Untersuchungen des Holzhafens seien in Gange. Es sei unklar, ob die „Blaue Variante“ in ihrer Gänze umsetzbar ist.

Bau von drei Schöpfwerken soll ohne erneuten Planungsstillstand vorangehen

Viel wurde über den Binnenhochwasserschutz gesprochen, zumal den Anwesenden der extrem hohe Wasserstand in Dove-Elbe und Schleusengraben im Februar 2022 noch gut in Erinnerung war. Die Planungen von drei neuen Schöpfwerken seien bisher langsam verlaufen, gestand die Sozialdemokratin ein – zumal lange Zeit geplant gewesen sei, ein Schöpfwerk nach dem anderen zu bauen. Durch das Hochwasser vor zwei Jahren sei eine neue Dynamik entstanden, habe sich der Plan geändert: „Nun sollen alle drei parallel entstehen.“ Doch mit dem Bau können nicht begonnen werden, weil noch immer nicht alle dafür benötigten Grundstücke erworben werden konnten. Um diese Flächen bemüht sich die Stadt bereits seit zwölf Jahren. „Das Vorhaben wird auch im Senat unterstützt“, sagte Cornelia Schmidt-Hoffmann. „Ich glaube nicht, dass es wieder einen Planungsstillstand gibt.“

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Wie es um den Ausbau der Windenergie bestellt ist, wollten Besucher wissen. „Hamburg muss knapp 400 Hektar für Windenergie neu ausweisen – 0,5 Prozent der städtischen Fläche“, sagte Cornelia Schmidt-Hoffmann. Derzeit würden Voruntersuchungen laufen. „Bergedorf und Harburg sind im Fokus, aber auch der Hafen wird neue Flächen ausweisen müssen.“ Um bereits bestehende Windkraftgebiete bei den angeforderten 0,5 Prozent Gesamtfläche mitzählen zu können, sei es notwendig, die existierenden Höhenbegrenzungen zu beseitigen. Sonst müssten gänzlich neue Flächen ausgewiesen werden.

Für neuen Supermarkt Unterschriften sammeln oder direkt an die Unternehmen wenden

Ob sich in den Marschlanden weitere Lebensmittelhändler niederlassen wollen, fragte eine Besucherin: Ihr wurde die Fläche am Brennerhof als potenzieller Standort genannt. Doch auf der ausgewiesenen Gewerbefläche leben Schausteller in ihren Wohnwagen. Sie müssen erst umgesiedelt werden. Die Stadt versucht seit Jahrzehnten, die Fläche zu entwickeln, bisher vergeblich. Was man als Bürger tun könne, damit sich ein neuer Vollsortimenter auf dem Lande ansiedelt, hakte die Frau nach. Heinz Jarchow berichtete von seinen Erfahrungen mit Rewe am Süderquerweg: „Damals sind Bewohner auf die Politik zugegangen. Sie müssten sich organisieren, vielleicht Unterschriften sammeln.“ Es brauche aber auch einen Investor und die Politik habe „bisher kein Signal gehört“. Die Bezirksamtsleiterin ergänzte, dass es große Vollsortimenter gebe, an die ein Stadtteil sich direkt wenden könne.

Dr. Kurt Schröder aus Ochsenwerder hatte quasi das Schlusswort: „Unser drängendstes Problem ist die Ukraine. Wenn sich die Situation dort nicht zum Positiven verändert, sind diese Dinge, über die wir hier sprechen, kleine Probleme, die andere regeln werden.“ Dies sei richtig, aber eben außerhalb der Macht der Bezirksverwaltung, antwortete Paul Veit (SPD).