Bergedorf. Eine halbe Milliarde Euro soll im Stuhlrohr-Quartier investiert werden. Bauamt sieht Planverfahren nach 15 Jahren auf der Zielgeraden.
Es ist das mit Abstand größte innerstädtische Bauprojekt – und es hat auch den ultimativ längsten Vorlauf. Doch glaubt man dem Bezirksamt, biegt das Stuhlrohr-Quartier jetzt in seine finale Planungsphase ein: „Wir sind sehr gut mit dem Investor Buwog unterwegs“, sagte Bergedorfs Baudezernent Lars Rosinski im jüngsten Stadtentwicklungsausschuss. Nach dem bereits 2008 erfolgten Aufstellungsbeschluss und einigen Turbulenzen durch das Bürgerbegehren in 2018 befinde man sich jetzt sowohl im bezirklichen Bebauungsplanverfahren als auch bei den Architektenentwürfen seitens der Buwog im Endspurt.
Wie lange die Bergedorfer als Zuschauer dieses Rennens bis zum Zieleinlauf noch den Atem anhalten müssen, verriet Rosinski allerdings nicht. Nur so viel: „Bevor alles offiziell abgesegnet wird, gibt es noch eine Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen einer öffentlichen Auslegung der finalen Entwürfe.“ Dabei geht es um die Entwürfe von insgesamt acht Architekturbüros, die die vier Gebäudekomplexe plus zentralem „Stuhlrohr-Haus“ hinter Bergedorfer Tor und CCB-Fachmarktzentrum zwischen Weidenbaumsweg und Schleusengraben möglichst kleinteilig gestalten sollen.
Stuhlrohr-Quartier weckt großes Interesse bei den Bergedorfern
Das Interesse ist groß, wie der Baudezernent einräumte: „Nachdem die Bergedorfer Zeitung im November berichtet hatte, gab es viele Nachfragen bei uns im Bezirksamt.“ Tatsächlich sind die Dimensionen hier noch weit größer als beim Bergedorfer Tor, das jetzt kurz vor dem Bezug steht: Das Stuhlrohr-Quartier wird auf seinen rund 4,5 Hektar Fläche etwa 1050 Wohnungen zählen, dazu mindestens 15.000 Quadratmeter Gewerbeflächen, zu denen unter anderem ein Supermarkt am Weidenbaumsweg und verschiedene Cafés und Restaurants sowie moderne Co-Working-Büros im „Stuhlrohr-Haus“ zählen.
Zudem bleiben die denkmalgeschützten Stuhlrohr-Hallen erhalten, voraussichtlich einschließlich ihrer Mieter „Mega-Zoo“ und „Jysk“. Sie machen zusammen 4300 der 15.000 Quadratmeter Gewerbefläche aus, die sie sonst über fast alle Erdgeschosse erstreckt. Darüber wird in drei bis fünf Etagen gewohnt, einzelne Eckhäuser dürfen gemäß der Vereinbarung mit der Bürgerinitiative „Bergedorf stellt alles in den Schatten – für ein lebenswertes Stuhlrohr-Quartier“ aus 2018 maximal sieben Stockwerke hoch sein.
Auf Hochhäuser wird ganz verzichtet, doch auch die Tiefgaragen werden kleiner
Auf echte Hochhäuser, wie sie in der Ursprungsplanung mit bis zu 22 Etagen vorgesehen waren, wird gänzlich verzichtet. Und auch die beiden Tiefgarage werden kleiner sein: Mit zusammen 550 Stellplätzen ergibt sich hier ein Schlüssel von 0,42 statt ehemals 0,55 je Wohnung, weil gut 100 den Gewerbebetrieben zugedacht sind, etwa als Kundenparkplätze.
Entsprechend geht auch das bereits vorliegende Verkehrsgutachten davon aus, dass vom Stuhlrohr-Quartier kaum signifikante zusätzliche Belastungen der umliegenden Straßen durch zusätzliche Autos zu erwarten seien. Ob das auch die Bergedorfer glauben mögen, bleibt ebenso abzuwarten, wie die Reaktion auf die Grün-Planung. Hier sind bisher nur die Innenhöfe der vier Gebäudekomplexe als bewachsene Flächen vorgesehen. Hinzu kommen einzelne Straßenbäume am und im Stuhlrohr-Quartier.
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Die Investitionskosten bezifferte die Buwog zuletzt auf gut eine halbe Milliarde Euro. Die Finanzierung sei gesichert, auch weil das ehemalige österreichische Staatsunternehmen vor fünf Jahren von Deutschlands größtem Wohnungskonzern Vonovia geschluckt worden ist.
In Bergedorf hat sich die Bürgerinitiative von 2018 laut Bezirksamt zuletzt im August des vergangenen Jahres über den aktuellen Stand des Projektes informiert: „Ihre Rechtsvertretung hat sich dabei mit dem präsentierten Planungsstand zum Stuhlrohr-Quartier einverstanden erklärt.“