Bergedorf. Auf einer großen Party in der Lola verabschiedet sich Holger Hillers. 33 Jahre lang betreute er Musikbands im Jugendzentrum Pinkhaus.
Mit Musik – was sonst? Es soll eine riesige Party werden, wenn Holger Hillers in Rente geht. 33 Jahre lang hat er im Jugendzentrum Pinkhaus das Projekt „Lass 1000 Steine rollen“ geleitet und Tausende Jugendliche in das Tonstudio und die drei Probenräume am Oberen Landweg gelockt. „Rock statt Drogen“ war das Motto, das erst kürzlich in „Macht Musik“ umbenannt wurde. Aber die Suchtprävention steht beim Verein Trockendock noch immer im Vordergrund: Wer betrunken oder bekifft ist, fliegt raus.
„Wir wollten immer mit klarem Kopf gute Musik machen“, betont der 65-Jährige, der in drei Jahrzehnten „bestimmt 300 Bands hier durchgeschleust“ hat. Bei seiner großen Party am 23. Februar werden die rockigen Sounds von „Two Fams“, „Kill Strings“ und den „Space Turtles“ zu hören sein, dazu Ska von „Shrooms“. Es wird also laut im Kulturzentrum Lola, denn „bei uns im Pinkhaus lässt sich nicht feiern, weil es im Saal wieder durchtropft“.
Pinkhaus: Holger Hillers verabschiedet sich – laut und alkoholfrei
Die bekannteste Band, die er „unter seinen Fittichen“ hatte, ist Deichkind. Rapper Sebastian Dürre schickte ihm erst kürzlich ein Erinnerungsfoto: „Porky war Anfang der 90-er mit auf einer Jugendfreizeit auf Föhr“, erinnert sich Hillers. Sieben Bands sind es aktuell, früher waren es sogar mal 16 Rock- und Rap-Bands, die im Keller des Jugendzentrums probten, sich an zehn Gitarren und drei Drums auspowern konnten. „Wobei die HipHop-Gemeinde gern ihre Tags aufs Schlagzeug sprühte und alles versaute“, erzählt der Mann, der selbst gern zur Gitarre greift.
Deshalb ist er auch irgendwie zu diesem Job gekommen – auf Umwegen. Seine erste Wandergitarre „mit rostigen Stahlsaiten“ kaufte er für 20 Mark einer Eidelstedter Schulfreundin ab. Zu Hause gab es keinen Platz für ein Klavier, außerdem hörten die beiden älteren Brüder ständig Rockmusik. Vor seinem Zivildienst im Altenpflegeheim wurde erstmal ein bisschen gejobbt, in der Sportredaktion der Mopo und bei einer Blumenspedition am Flughafen: „Da habe ich Kartons voller Nelken aus Israel gestapelt.“
Und natürlich wurde zwischendurch leidenschaftlich geprobt, etwa mit seiner Band „Vereinte Beatbetriebe Hamburg“. Wundert sich jemand, dass er nach drei Semestern sein Jura-Studium abbrach? Jedenfalls wechselte er zu den Diplom-Sozialpädagogen und fuhr nachts Taxi, „weil das BAföG nicht reichte“. Irgendwann klemmte der Ischias-Nerv, saß er im Wartezimmer eines Physiotherapeuten, wo die Hamburger Rundschau auslag. Und da war der Job in Bergedorf ausgeschrieben: „Endlich konnte ich Musik und Jugendarbeit verbinden. Und diese feste Stelle in der Suchtprävention war damals sogar der feste Wille der Bezirksversammlung“, erinnert sich Holger Hillers.
Wer Alkohol trank, durfte nicht beim Konzert auftreten
Die von ihm betreuten Bands gaben Konzerte in Santa Fu und im Jugendarrest auf Hahnöfersand. Außerdem waren jährlich drei große Konzerte im Pinkhaus angesagt. Mit dabei: Der heute in Berlin lebende Pianist und Komponist Nils Frahm oder auch die Sängerin Y’akoto, die heute in Ghana lebt. „Wenn ich am Partytag jemanden mit einer Bierflasche gesehen habe, bekam er Auftrittsverbot. Das war hart, aber man muss ja auch Grenzen setzen“, sagt der zweifache Vater, der weiß, dass Bergedorf-West nicht gerade ein drogenfeies Pflaster ist.
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Als „alkoholfreie Veranstaltung“ jedenfalls wird auch sein Finale angekündigt. „Hillers‘ letzter Streich“ beginnt um 19.30 Uhr an der Lohbrügger Landstraße. Wobei die Lola 12 Euro Eintritt verlangt, im Vorverkauf sind es 10 Euro. Bis zum 23. Februar möge auch schon eine Nachfolge gefunden sein: Sich bewerbende Sozialpädagogen sollten Interesse an jugendspezifischen Musikstilen haben, technisches Geschick und musikalische Fähigkeiten.