Bergedorf/Winterhude. Er war Keimzelle der Gewerkschaften: der „Maschinenmeisterverein Hamburg-Altonaer Buchdrucker“ um bz-Legende Rolf Kupfer.
Er ist die wohl wichtigste Keimzelle der Gewerkschaften in Deutschland, steht heute aber buchstäblich mit einem Fuß im Museum: Der „Maschinenmeisterverein Hamburg-Altonaer Buchdrucker“ feiert am Dienstag, 14. November, seinen 150. Geburtstag – im Museum der Arbeit. Der Komplex am Wiesendamm 3 in Winterhude ist seit gut zwei Jahrzehnten fester Tagungsort der rund 80 Mitglieder um den Ehrenvorsitzenden Rolf Kupfer (92), der von 1957 bis zu seinem Ruhestand 1995 den Buchdruck im Verlag der Bergedorfer Zeitung leitete.
„Das Museum der Arbeit hat eine einzigartige Sammlung zur Geschichte des Buchdrucks mit der ganzen Technik und dem Handwerk von der Setzerei bis zu den Druckmaschinen“, sagt der Lohbrügger nicht ohne Stolz. „Dort steht auch die alte Rotation der Bergedorfer Buchdruckerei von Ed. Wagner, die noch vom Ursprungsstandort der Bergedorfer Zeitung stammt. Sie war beim Umzug 1967 vom Bergedorfer Markt zum Lehfeld am Curslacker Neuen Deich nicht mitgenommen worden.“
Sorgenvoller Blick auf die wachsende Krise der Druckereien
Eine große Portion Tradition also, die den „Maschinenmeisterverein Hamburg-Altonaer Buchdrucker“ an seinen allmonatlichen Tagungsort im Museum der Arbeit begleitet hat. Wer dort aber nur alte Herren vermutet, die alte Zeiten hinterhertrauern, der täuscht sich. „Gut die Hälfte unserer Mitglieder stehen noch im Berufsleben“, sagt Konrad Kehrl, der natürlich um die dunkle Zukunft dieses Berufszweigs weiß: „Zuletzt hat die Corona-Pandemie nochmal als Beschleuniger gewirkt, indem fast jeder gezwungen war, auf das papierlose Internet zurückzugreifen.“
Nach dem Tiefdruck, der mit dem flächendeckenden Aus der Bestellkataloge wie zuletzt von Ikea praktisch verschwunden ist, trifft es jetzt die Offset-Druckereien, die mit dem schwindenden Beilagen-Markt zu kämpfen haben. Selbst viele Bücher-Fans lesen mittlerweile auf dem Laptop. „Und auch die Zahl der Zeitungsdruckereien nimmt rapide ab“, weiß Kehrl. „Unser 175-jähriges Jubiläum werden wir wohl nicht mehr feiern können.“
Maschinenmeisterverein ist zur Fortbildungsinstitution geworden
Tatsächlich hat sich der Maschinenmeisterverein schon seit vielen Jahren dem Wandel angepasst. So zog sich der Vorreiter der Gewerkschaftsbewegung 2010 nach über 100 Jahren Kampf um Arbeitnehmerrechte und faire Bezahlung aus dem Gewerkschaftsverbund Ver.di zurück. „Unter den Millionen von Mitgliedern waren wir nur noch ein Krümel, den in den Verhandlungen niemand mehr richtig auf dem Zettel hatte“, begründet Konrad Kehrl den Schritt. „Heute steht die Fortbildung im Mittelpunkt unserer Arbeit. Und wir haben auch verschiedene Arbeitgeber aus dem Druck- und Agentur-Bereich als Mitglieder aufgenommen.“
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Die Feier zum 150-jährigen Jubiläum am Dienstag ab 16 Uhr im Foyer des Museums der Arbeit wird natürlich die bewegte Vergangenheit des Maschinenmeistervereins samt Führung durch die Ausstellung in den Mittelpunkt stellen. Thema soll aber auch die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt sein – und die Frage nach dem Sinn gewerkschaftlichen Engagements.
Davon weiß kaum ein anderer soviel zu berichtet, wie Rolf Kupfer, der den „Maschinenmeisterverein Hamburg-Altonaer Buchdrucker“ von 1961 bis 2000 stattlich 39 Jahre leitete. Und das, obwohl er bei unserer Zeitung Chef des Buchdrucks war, also eigentlich auf der Seite des Arbeitgebers stand: „In Bergedorf waren alle Buchdrucker automatisch in der Gewerkschaft. Insgesamt hatten wir im Verlag einen Organisationsgrad von 87 Prozent und damit wirklich faire Arbeitsbedingungen.“