Hamburg. Nur noch dreimal öffnet Margret Lang ihr beliebtes Haus in Vierlanden für Besucher. Die können demnächst besondere Schätze ergattern.
Dinkel ist im Trend: Ob Nudeln, Mehl, Kekse oder sogar Bier – die Supermarktregale sind längst voll von Dinkelprodukten. Schon lange bevor das Getreide ein ernsthafter Konkurrent des klassischen Weizens wurde, hatte Margret Lang das Korn für sich entdeckt. In ihrer Backstube am Neuengammer Hausdeich 471 wird schon seit Anfang der 2000er-Jahren Dinkel zu Brot, Kuchen und auch Torten verarbeitet. Doch nun bleibt der Ofen bald kalt: „Zum Jahresende soll Schluss sein“, kündigt die Vierländerin an.
Irgendwann sei der Zeitpunkt gekommen, an dem man aufhören müsse, meint die 71-Jährige. Und der ideale Zeitpunkt sei für sie nun gekommen. Denn sie freut sich, künftig ihre Tage freier gestalten zu können, mehr Zeit für Aktivitäten wie Schwimmen und anderen Sport, Singen im Chor und vor allem für ihre zweijährige Enkelin zu haben, die mit ihren Eltern – Margret Langs Tochter und ihrem Schwiegersohn – mit im Haus lebt, in dem auch das „Vierlanden Café und Dinkelbackstube“ seit 2008 beheimatet waren.
Dinkelbackstube am Neuengammer Hausdeich schließt zum Jahresende
Im Erdgeschoss, wo zuvor ihre Mutter und auch Großmutter gewohnt hatten, war Margret Lang zu Beginn mit ihrem Café in einem Gastraum gestartet. Damit griff sie eine Familientradition wieder auf: Schon ihr Großvater Otto Harden hatte an der Stelle eine Gastwirtschaft betrieben. „Unten war die Stube, und oben wurde zum Klavier getanzt“, weiß Margret Lang. Nach dem Zweiten Weltkrieg sei die Gastwirtschaft aber nicht mehr wieder eröffnet worden.
Dafür wurde mehr als 60 Jahre später das gemütliche Café mit Vierländer Flair schon ein Jahr nach seiner Eröffnung um einen zweiten Gastraum erweitert, sodass dort 40 Gäste bewirtet werden konnten. 2010 wurde sogar noch der Garten hinzugenommen, in dem 50 weitere Gäste zu den Öffnungszeiten von mittwochs bis sonntags Platz fanden. Es sei eine intensive, aber auch sehr schöne Zeit gewesen, erinnert sich Margret Lang, die den Kontakt zu Gästen und zahlreichen Stammkunden stets geschätzt habe.
Bergedorfs ehemaliger Bezirksamtsleiter war großer Fan der Dinkelstangen
„Und der wird mir mit Sicherheit fehlen“, sagt die 71-Jährige, die schon vor sechs Jahren kürzergetreten war. Seitdem öffnete sie ihr Café nur noch für abgemeldete Gruppen und kleinere Feiern sowie an jedem dritten Donnerstag im Monat, wenn sie am Brotbacktag von 14 bis 17 Uhr ihre Dinkelbrote, Bällchen – herzhafte Brötchen mit Sesam, Leinsamen, Sonnenblumenkernen und Röstzwiebeln – und Stangen verkaufte. Von ihnen war auch Bergedorfs ehemaliger Bezirksamtsleiter Dr. Christoph Krupp ein erklärter Fan, „er nannte sie Suchtstangen“, berichtet Margret Lang.
Heute hat sie viele Stammkunden, würden an einem Brotbacktag etwa 50 Brote in den Verkauf gehen. Anfangs backte sie die noch in einem Haushaltsbackofen, in den gerade mal sechs Brote passten. Heute finden in ihrem Ofen immerhin 24 Brote zur selben Zeit Platz. Und auch an den Rezepturen habe sie länger getüftelt und sich herantasten müssen, damit das Gebäck nicht zu feucht und auch nicht zu trocken wurde, erinnert sich Margret Lang. Trotzdem habe die Nachbarschaft auf ihr Vorhaben, sich rein auf Dinkel zu spezialisieren, erst mal mit Skepsis reagiert. „Das kann doch nicht schmecken, das ist doch alles viel zu gesund“, sei damals die gängige Meinung gewesen, erinnert sich die Vierländerin.
Geschichte begann mit Rückenschmerzen und einem wärmenden Dinkelkissen
Da hatte sie auf Kunsthandwerkermärkten aber längst schon Erfolge mit Brot, Brötchen und einer anderen Spezialität aus Dinkel gefeiert, die es auch weiterhin noch geben soll: das wärmende Dinkelkissen. Damit hatte die Leidenschaft der Vierländerin zu dem Korn einst begonnen, als ihr Mann über Rückenschmerzen klagte. Zwar gab es noch ein Kirschkernkissen im Haus, das aber drückte viel zu sehr im Rücken, weshalb Margret Lang es mit Dinkelkörnern versuchte.
Damit die Wärme auch wirklich dort ankommt, wo sie gewünscht wird, entwickelte die Vierländerin ein Kissen in Mondform mit diversen Kammern, so können die Körner nicht alle auf eine Seite rutschen. Zudem passt es sich ideal an Schulter- und Nackenbereich an, kann aber auch bei einer Erkältung auf die Brust oder um das schmerzende Knie gelegt werden, ist Margret Lang noch heute überzeugt.
Einrichtungsgegenstände und Geschirr werden auf einem Flohmarkt verkauft
An drei Terminen wird Margret Lang noch Brote und Kuchen backen und ihr Café öffnen: am Donnerstag, 19. Oktober, 14 bis 17 Uhr, am Donnerstag, 23. November, 14 bis 17 Uhr, sowie am Sonntag, 10. Dezember, 13 bis 17 Uhr. Vorbestellungen für Brote und anderes Gebäck sind möglich unter der Telefonnummer 0152/24 77 00 18.
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Ab November sollen auf einem Flohmarkt auch ausgewiesene Einrichtungsgegenstände und Geschirr verkauft werden, kündigt Margret Lang an. Um eine Nachfolge für das Café habe man sich nicht bemüht. Es biete sich nicht an, die Räumlichkeiten in dem Haus, in dem die Gastronomin ebenso wie ihre Tochter mit Familie ihr Zuhause haben und sich auch noch eine Mietwohnung befindet, an einen externen Betreiber zu vergeben.