Bergedorf. Bergedorfer Jurist kennt die Fallen beim Aufsetzen eines Testaments. Aber auch beim Verschenken von Vermögen ist Vorsicht geboten.

Wer über sein Testament nachdenkt, über seinen letzten Willen, der führt sich zwangsläufig den eigenen Tod vor Augen. Keine schöne Vorstellung. Und doch ist es ein Thema, das jeder frühzeitig und auch wohlüberlegt angehen sollte, raten Experten. „Anderenfalls kann es richtig teuer werden“, sagt der Bergedorfer NotarMarius Kohler. Der 50-Jährige kennt die häufigsten Fehler beim Vererben – und weiß, wie sie vermieden werden können.

Es geht um viel Geld: Jährlich werden in Deutschland bis zu 400 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt, wie aus einer gemeinsamen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung hervorgeht. Zwar ist das Papier schon sechs Jahre alt, gilt aber immer noch als valider Richtwert. Exakte Zahlen existieren nicht, denn die Finanzbehörden erfassen lediglich die steuerlich relevanten Transaktionen; 2022 waren das nach Angaben des Statistischen Bundesamts 101,4 Milliarden Euro. Knapp 60 Prozent dieser Vermögenswerte wurden vererbt, der Rest wechselte im Zuge einer Schenkung den Eigentümer.

Notar berichtet: „Das sind die häufigsten Fehler beim Vererben“

Der schlimmste aller Fehler beim Aufsetzen eines Testaments: Der letzte Wille ist auf dem Computer oder mit der Schreibmaschine zu Papier gebracht worden, soll ja schließlich alles schön ordentlich aussehen und gut lesbar sein. „So ein Testament ist einfach unwirksam“, sagt Notar Kohler. Was auch immer der Erblasser hat verfügen wollen – es zählt nicht. Stattdessen greift die gesetzliche Erbfolge. Denn: Ein Testament, das nicht von einem Notar beurkundet worden ist, muss mit der Hand geschrieben sein.

Ein nach Kohlers Einschätzung weitaus stärker verbreiteter Fehler: „Die Leute schreiben etwas aus dem Internet ab, das zwar gut klingt, das sie aber nicht verstehen.“ So verfügen sie möglicherweise etwas ganz anderes, als sie eigentlich gewollt haben. „Problem: Der Fehler kommt erst ans Tageslicht, wenn eine Korrektur nicht mehr möglich ist“, sagt der promovierte Jurist. Denn derjenige, den man hätte fragen können, was er wiklich gemeint hat, ist ja tot.

Fehler beim Vererben: Ohne Änderungsklausel schnappt die Bindungsfalle zu

Auch das Fehlen einer Änderungsklausel in einem von Eheleuten gemeinsam verfassten Testament könne sich als Problem erweisen. Die Änderungsklausel erlaubt es dem überlebenden Partner, von den einst zusammen getroffenen Entscheidungen abzuweichen und ein eigenes Testament aufzusetzen. Fehlt sie, geht das nicht. Kohler spricht von „Bindungsfalle“.

Andere denken nicht daran, Ersatzerben zu bestimmen, sagt Kohler. „Was passiert, wenn die Tochter, die bedacht werden soll, vorverstirbt?“

Fehler beim Vererben: bestehende Werte konkret verteilen

Und dann gebe es noch die Fälle, in denen bestehendes Vermögen oder bestehende Vermögenswerte allzu konkret verteilt werden – ohne zu wissen, ob sie im Erbfall überhaupt noch existieren. Kohler sagt: „Man verteilt nicht, was da ist, sondern was später einmal da sein wird.“ Da seien dann Erbquoten relevant, nicht aber konkrete Immobilien oder andere Werte.

Der promovierte Jurist Marius Kohler (50) ist Notar in Bergedorf.
Der promovierte Jurist Marius Kohler (50) ist Notar in Bergedorf. © BGZ

Marius Kohler rät auch jungen Familien zu einem Testament, insbesondere dann, wenn sie Immobilieneigentum haben. Hintergrund: Ohne Testament erben auch die minderjährigen Kinder. „Und dann hat der überlebende Elternteil nicht das volle Zugriffsrecht auf sein Haus, weil das Familiengericht mit an Bord ist.“

Monatelanges Warten auf den Erbschein droht

Schließlich – und das mag jetzt nicht gänzlich überraschen – empfiehlt der Jurist mit Kanzlei an der Alten Holstenstraße, einen Notar zu Rate zu ziehen, der das Testament dann auch gleich beurkundet. Das sei sicherer, das sei aber auch günstiger, denn: „Ein Notartestament ist eine öffentliche Urkunde. Sie erspart es, bei Gericht einen Erbschein zu beantragen. Denn das könne heutzutage Wochen, wenn nicht Monate dauern: „Die Gerichte sind völlig überlastet, selbst einfachste Vorgänge dauern unglaublich lange. Wir erleben zurzeit ein erheblich verlangsamtes Behördennetzwerk.“ Die Kosten für ein Notartestament liegen laut Gebührenordnung für beispielsweise 100.000 Euro Vermögenswert bei 273 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer.

In einer Beratung kann es auch darum gehen, ob es nicht sinnvoll sei, Vermögenswerte schon zu Lebzeiten zu verschenken – sei es, damit ein Kind mehr bekommt als das andere, sei es, um noch zu Lebzeiten einem Kind schon mal ein „Belohnungssignal“ zu senden. Oder um den späteren Erben unnötige Steuerzahlungen zu ersparen.

Verschenken kann steuerlich reizvoll sein

Kathrin Loose (67) ist Fachanwältin für Erbrecht und kennt sich mit den steuerlichen Aspekten bestens aus. „Unter Ehepartnern gilt alle zehn Jahre ein Freibetrag von 500.000 Euro, für Kinder von 400.000 Euro pro Kind und Elternteil. Egal, ob vererbt oder verschenkt“, sagt sie. Wer frühzeitig Vermögenswerte übertrage, könne es insofern schaffen, unter dem Freibetrag zu bleiben. Gegenbeispiel: Ein Einzelkind, das ein Haus im Wert von einer Million Euro erbe, müsse die über den Freibetrag hinausgehenden 600.000 Euro mit derzeit 15 Prozent versteuern – es sei denn, es bewohnt die Immobilie (die nicht mehr als 200 Quadratmeter Wohnfläche haben darf) für mindestens zehn Jahre selbst.

Besonders ungünstig sind nach ihren Worten die weit verbreiteten sogenannten Berliner Testamente, in denen die Ehepartner einander zunächst als Alleinerben bestimmen.

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Marius Kohler zitiert seinen Vorgänger Edmund Johannsen, der immer gesagt habe: „Lieber mit warmer Hand schenken als mit kalter.“ Ebenso wichtig sei aber ein zweiter Spruch Johannsens: „Zieh‘ dich nicht aus, bevor du dich hinlegst.“ Kohler: „Ich frage die Mandanten immer, wie sie sich ihr weiteres Leben vorstellen.“ Wenn jemand zum Beispiel über den Umzug in eine Seniorenresidenz nachdenke und dafür sein Vermögen benötigen könnte, sei von einer Schenkung dringend abzuraten. „Man sollte nur verschenken, was man wirklich erübrigen kann“, sagt Kohler.

Kohler und Loose informieren am Mittwoch, 11.. Oktober, beim Grundeigentümerverband Bergedorf über das Thema. Los geht es um 18.30 Uhr im Theatersaal der Lohbrügger Bürgerbühne (Neuer Weg 54). Eine Anmeldung ist erforderlich bis Dienstag, 10. Oktober, unter Telefon 040/724 72 73 oder per E-Mail an die Adresse bergedorf@grundeigentuemerverband.de.