Bergedorf. Rektor Werner Baum begrüßt 16 ehemalige Absolventinnen im „Lui“, in dem sich seit 1973 viel verändert hat. Nur eines offenbar nicht.
Obwohl sich die 16 Frauen des Abitur-Jahrgangs 1973 ein halbes Jahrhundert nicht gesehen haben, hatte sich der lustige Frauentrupp vergangenen Freitag sofort jede Menge zu erzählen. Beim Anblick „ihres“ Luisen-Gymnasiums kamen sofort alte Erinnerungen an die Schulzeit zurück – auch wenn die Abiturientinnen von damals heute im Schnitt 69 Jahre alt sind.
Schulleiter Werner Baum persönlich ließ es sich nicht nehmen, die lustige Frauentruppe durch die Schule im Bergedorfer Villengebiet zu führen, an der sich innerhalb eines halben Jahrhunderts vieles verändert hat. Vor allem ist der „Lui“ seit Mitte der 70er-Jahre keine reine Mädchenschule mehr. Für Baum, der die Schule seit 13 Jahren leitet, war es eine Premiere: „Ich bin heute das erste Mal bei einem 50-jährigen Abi-Treffen dabei“, erzählt er.
50 Jahre nach dem Abitur wieder gemeinsam in der Schule – einige kamen von weither
Viele der Frauen vom goldenen Abiturtreffen hatten sich tatsächlich seit 50 Jahren nicht gesehen. Einige nahmen sogar lange Anreisen auf sich, etwa aus Frankreich und Portugal oder sogar aus Kalifornien und Bangladesch. Nur zwei der ehemaligen Schülerinnen leben noch in Bergedorf, zwei weitere in anderen Hamburger Stadtteilen.
Trotz der fünf Jahrzehnte erkannten sich alle Frauen von damals sofort wieder und es ging ein Raunen durch die Gruppe. „Oh, das ist doch die Birgit!“ oder „Die Doris hat sich ja gar nicht verändert“. Und für Uschi Schulze (69), die Organisatorin des Treffens, gab es etliche Blumensträuße, Pralinen und sonstige Geschenke.
Von der Schwierigkeit, den reinen Mädchenjahrgang nach 50 Jahre zusammenzutrommeln
Ein Jahr lang hatte sie das Wiedersehen vorbereitet: „Ich dachte, entweder jetzt oder nie“, erzählt sie. Also kramte Schulze eine alte Klassenliste heraus und schrieb die 42 dort vermerkten Mitschülerinnen an. 22 der Briefe kamen allerdings als unzustellbar zurück. Das andere Problem: Viele der Frauen hatten inzwischen geheiratet und einen neuen Nachnamen. Doch Uschi Schulze blieb hartnäckig, schrieb diverse E-Mails oder griff zum Telefonhörer. Ihr Engagement hatte sich gelohnt, denn immerhin sechzehn konnte sie erreichen. Zum Treffen an die Schule kamen fünfzehn.
Gleich beim Betreten ihrer alten Schule stellten die Frauen fest, dass es im Gebäude noch immer so riecht, wie 50 Jahren. „Es hat etwas Modriges und die Luft ist abgestanden“, lacht Doris Münzberg-Frank. Sie selbst wäre fast Lehrerin geworden, hat aber nach ihrem Lehramtsstudium keinen Platz als Referendarin bekommen und ist dann in einem Verlag untergekommen, wo sie sich um die Pressearbeit übernommen hat. „Rückblickend war das sogar der bessere Weg für mich, als mich täglich vor eine Klasse zu stellen, die ich in den Griff bekommen muss“, sagt sie.
DNA-Expertin Dr. Heike Solbirg-Lebuhn begann ihre Karriere im Chemie-Labor des „Lui“
Viele der Abiturientinnen des Jahrgangs 1973 wollten sich von Rektor Baum unbedingt noch mal den Raum ihres Lieblingsfaches zeigen lassen. So auch die Bio-Chemikerin Dr. Heike Solbirg-Lebuhn, die extra aus Portugal angereist ist. Ihr Herz hat schon immer für die Naturwissenschaften geschlagen, im „Lui“ waren Experimente im Unterricht für sie das Größte. „Weil sich das damals keine getraut hat, habe ich früher oft Natrium unter Öl zerschnitten und musste dafür stets eine fette Sicherheitsbrille tragen“, erinnert sich die Frau, die im Berufsleben später unter anderem DNA-Laboranalysen für Ärzte und die Ermittlungen der Polizei vorgenommen hat.
Aber was wäre eine Schule ohne den einen oder anderen Lehrer, der mit seinen Macken in Erinnerung geblieben ist? Und so fallen den ehemaligen Schülerinnen auch sofort einige Namen ein. Da gab es zum Beispiel die strenge Französischlehrerin Clausen, deren Standard-Satz jede ihrer Schülerinnen bis heute kennt: „So geht das aber nicht!“ In Erinnerung geblieben ist auch der gut aussehende Lehrer Fleming, für den viele damals schwärmten.
Drakonische Strafen wegen eitwas Spaß im Latein-Unterricht
Und an ein Ereignis, kann sich Uschi Schulze direkt erinnern: „Als ich im Lateinunterricht mal einen alten Text übersetzen musste, habe ich statt ,Menelaos‘ den Namen eines griechischen Königs als ,Mini-Laus‘ vorgelesen und gelacht, weil es komisch klang.“ Die drakonische Strafe folgte sofort: Sie musste den Rest der Stunde mit dem Gesicht zur Wand zubringen. „So war das eben in der Schule der 60er-Jahre.“
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Nach der Führung hinterließ der Abiturjahrgang von damals, den „Lui“-Schülerinnen und -Schülern von heute einen kleinen Gruß an der Tafel im Foyer der Schule. Und die Frauen beschlossen, sich nicht noch mal so lange aus den Augen zu verlieren, wie in den vergangenen 50 Jahren.
Zum Abi-Jahrgang 1973 am Luisen-Gymnasium gehören Birgit Stamp-Oehme, Christine Tebbe, Doris Münzberg-Frank, Heike Solbrig-Lebuhn, Prof. Dr. Henne-Bruns, Dr. Barbara Kapp-Soubise, Frauke Eden, Barbara Stankiewitz, Dr. Birgit Kerstan, Dr. Ulrike Frohn, Cornelia Rudloff, Ulrike Harder, Perdita Maas, Edith Steinhöfel, Uschi Schulze und Dr. Ann-Katrin Petersen.