Hamburg. Im Fokus der Ausstellung stehen Schülerarbeiten und Hintergrundinfos zum legendären Stadion und seiner Geschichte.
„Wo soll ich denn hier Leichtathletik machen?“ Michael Holtmann erinnert sich noch gut an seinen Gang durch die Daniel-Hinsche-Straße. Damals im Jahr 1968 noch eine unbefestigte Schotterpiste. Holtmann blickte eine steile Rampe empor, die hinauf führen soll zur Stadionbrücke und somit zum Eingang der Arena – und oben angekommen war er hin und weg von der Inszenierung des Billtalstadions, „Wie ein Amphitheater, ein Ort der Leidenschaft“, erinnert sich der ehemalige gute Hochspringer (Bestleistung 1,83 Meter) an diese erste Begegnung.
Jetzt kehrt Holtmann quasi zurück und hat unter Beteiligung von 17 Schülern des Luisen-Gymnasiums und einem bekannten Fotografen die Auftakt-Aufstellung für das brandneue Kunstzentrum im Begegnungszentrum im Park (BiP, Gräpelweg 8) zusammengestellt. „Ein Dach für das Billtalstadion“ beginnt am Freitag, 5. Mai, um 17 Uhr mit einer Vernissage und ist bis Freitag, 2. Juni, zu sehen.
Ausstellung im BiP: Was sich 17 Schüler des Lui so ausdachten
Ideengeber der Premierenschau ist der Architekt Michael Holtmann aus Hamburg-Rotherbaum. In Bergedorf wahrlich kein Unbekannter, lenkte doch er die Geschicke Bergedorfs als Stadtplaner von 1985 bis 1990. Außerdem beriet er den Bergedorfer Baudezernenten Uwe Czaplenski in den Jahren 2014 bis 2020 bei Sondervorhaben und Wettbewerben. In der beruflichen Vita des heute 74-Jährigen ist eines stetig: der Wechsel von Projekten und Jobs zwischen Bergedorf und Eimsbüttel.
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht das, was Kunstschüler des Abitur-Jahrgangs des Luisen-Gymnasiums bei Lehrerin Anja Joswich erarbeitet haben. Die Aufgabe von vier Schülergruppen war, ein Dach für die traditionsreichste und größte Sportstätte Bergedorfs mit Platz für etwa 20.000 Besucher zu konstruieren als Schutz vor Wind und Witterung. „Meines Wissens ist dieses Stadion ohnehin das größte in Deutschland, dass nicht einen überdachten Platz hat“, sagt Michael Holtmann.
Stadionbezeichnung wurde sehr lange vermieden
Nun also eine Dachkonstruktion. Utopisch bis unrealistisch. Denn das Billtalstadion steht unter Denkmalschutz. Das weiß Architekt Holtmann – und ist dennoch angetan, was Schüler aus Wühlmausgittern, Damenstrümpfen und anderen Gebrauchsgegenständen kreiert haben. Drei von vier Modellen arbeiten mit Solardächern, eines kommt dem legendären Münchener Olympiastadion recht nahe.
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Neben den vier Modellen informiert die Ausstellung über die Geschichte und Rolle des Billtalstadions. In seiner heutigen Form wurde das Stadion im Jahr 1949 auf dem Gelände des damaligen „Schiess Thal“ – ein natürlich abfallender Taleinschnitt im Bergedorfer Gehölz – gebaut. Das Schiess Thal war Austragungsstätte von Schützen- und Gewerkschaftsfesten sowie Maifeiern, hier konnten zudem Vereinsturner ihre sportlichen Künste unter freiem Himmel trainieren.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Areal zunächst abgeholzt, fungierte vorübergehend als Müllplatz, bevor es dann offiziell als „Fest- und Sportplatz Billtal“ oder einfach „Feststätte“ umgebaut wurde. Bereits im Jahr 1950 erfolgte die Einweihung. Michael Holtmann kennt dazu ein spannendes Detail: „Die Bezeichnung Stadion wurde bis zur Eröffnung vermieden, um nicht den Verdacht aufkommen zu lassen, hier würden Notstandsarbeiten für einen Repräsentationsbau eingesetzt.“
Warum die Bergedorfer Zeitung ein wichtiger Partner der Ausstellung ist
Holtmann wird fotografisches Material in großer Menge von bz-Haus- und Hoffotograf Egon Klebe bis Ende der 1960er-Jahre vorlegen, insbesondere den Fokus auf die 1950er-Jahre lenken, in denen das Stadion eine „extreme Nutzung“ und auch seine „Glanzzeit“ erlebte. Beispielsweise durch das Riesen-Seifenkistenrennen kurz nach der Eröffnung vor 20.000 Zuschauern. Oder den Fußball-Knaller in der Oberliga-Saison 1958/59 vor 27.000 Fans, bei dem der ASV Bergedorf 85 den großen Hamburger SV mit Legende Uwe Seeler empfing.
Welche weiteren skurrilen Events die Massen ins Billtalstadion lockten, ist dann ab 5. Mai im Begegnungszentrum im Park zu sehen. Holtmann und Kunstzentrumsmanagerin Anke Große-Wilde können sich gut vorstellen, dass die Ausstellungseröffnung auch der Startschuss für ein Symposium sein könnte, „um Dinge anzustoßen und in der Folge zu realisieren“, wie es sich Michael Holtmann vorstellt. Alles unter der Fragestellung: Wie können wir das Billtalstadion wieder zum Leben erwecken?
Übrigens: Zeitgleich läuft bereits eine Schau von Ann-Kathrin Stein mit Architekturfotos und Porträts im BiP-Foyer. Der Eintritt ist frei, geöffnet werktags von 8 bis 18 Uhr.