Hamburg. Vorgefertigte Einlagen kommen bei Orthopädietechnik Paul Hast nicht mehr in den Verkauf. Hier heißt es jetzt: Zurück zur Natur!

Zurück zur Natur, aber mit der neuesten Technik: Das ist das neue Konzept der Orthopädieschuhtechnik Paul Hast. Schon seit über 100 Jahren finden Bergedorfer an der Wentorfer Straße das Traditionsunternehmen. 1919 gründete Paul Hast Senior hier seinen Laden, 1997 übernahm Peter Hartung das Geschäft – und krempelte im vergangenen Jahr die ganze Arbeitsweise um. „Die Einlagen, die wir vorgefertigt von der Industrie bekamen, waren manchmal wirklich eine Katastrophe“, erzählt Peter Hartung. Deshalb entwickelte der 61-Jährige, der mittlerweile 14 Angestellte beschäftigt, ein laut eigenen Angaben einzigartiges Konzept: Die 4Point Einlagen.

An den flexibel gestalteten Einlagen befinden sich Signalfelder, die dem Fuß bei jeder Bewegung eine Reflexion zurückspiegeln. „Der Fuß empfängt dank der Einlagen laufend Signale und geht darauf ein. Das trainiert die Fußmuskulatur enorm und ermöglicht eine nachhaltige Verbesserung der Fußstellung“, erklärt der Bergedorfer die Funktionsweise. Das Konzept sei sehr effektiv und die Einlagen bewirkten ein Gefühl wie Barfußlaufen in der Natur – seien damit noch gesünder als Barfußschuhe, denn selbst diese brächten laut Hartung in einer Großstadt wie Hamburg mit all seinen geraden, harten Betonflächen nicht den gewünschten Effekt.

Orthopädietechnik: Einlagen von 3D-Druckern gedruckt

Die Einlagen werden von großen 3D-Druckern gedruckt, in die Hartung insgesamt 200.000 Euro investierte. Dank eines speziellen Programms können die Einlagen schnell und unkompliziert an jeden Fuß individuell angepasst werden. Dabei greift Peter Hartung auf eine große Datenbank mit Bausätzen zurück, die er sich in den letzten 1,5 Jahren selbst aufbaute. Es sei eine Herausforderung und viel Arbeit gewesen, das traditionelle Handwerk mit der Spitzentechnologie zu verbinden. Umso stolzer ist Hartung, dass ihm dies gelungen und das Feedback der Kunden bisher ausschließlich positiv ist.

Wie viele Arbeitsstunden in das neue Konzept investiert wurden, sei nicht zählbar. Denn schon seit 2017 forscht der Inhaber an den Aktiveinlagen, speziell in der Kinderorthopädie habe er großen Bedarf gesehen: „Kindern weiterzuhelfen, ist mein persönliches Anliegen. Die herkömmlichen Halteeinlagen schwächen in vielen Fällen die Bereiche am Kinderfuß nur noch mehr, sodass die Probleme auch im Erwachsenenalter bestehen bleiben“, schildert der 61-Jährige seine Erfahrungen.

Viele Menschen „unterschätzen Bedeutung der Fußgesundheit“

Deshalb sei er umso glücklicher zu sehen, dass die von ihm gefertigten neuen Einlagen die Problemen schon nach kurzer Zeit wirklich verbessern – die sich unbehandelt auch auf Knie, Rücken und Hüfte auswirkten. Generell habe er den Eindruck, dass viele Menschen die Bedeutung ihrer Füße unterschätzen und das Thema auf die leichte Schulter nehmen. „Wären die Füße näher am Kopf, würden wir die Fußgesundheit auch ernster nehmen“, so Hartung. Darum sei es ihm ein Herzenswunsch gewesen, in seiner Branche auch etwas für die Zukunft zu hinterlassen.

Die Preise für Einlagen für Erwachsene starten mit einem Rezept bei 40 Euro, bei Kinder liegt der Preis bei circa 20 Euro. Einmal im Jahr sollten die Einlagen getauscht werden, rät der Geschäftsinhaber. Er hofft, dass auch andere Betriebe sich für die neuen Konzepte und Arbeitsweisen öffnen. Mit den Einlagen aus der Industrie will Hartung übrigens nichts mehr zu tun haben: „Wir haben alle weggeschmissen und verkaufen nur noch unsere eigenen.“