Bergedorf. Auf den ersten Blick haben sie nichts gemeinsam: die Heilige Schrift und der Hopfensaft. Aber Pastor Jonas Goebel sieht das anders.
Wenn im Alten Testament geschrieben steht, dass im Namen Gottes getötet und gemordet wurde. . . dann ist das schon bitter. „Dazu passt am besten ein India Pale Ale mit besonders hohem Anteil an bitterem Hopfen“, meint Jonas Goebel und schaut auf die Aufschrift „knackig-fruchtig-herb“, die immerhin 6,5 Umdrehungen verspricht. Aber so heftig sind nicht alle fünf Biere, die er am Sonntag, 12. März, beim Tasting von Bibel und Bier anbieten will – samt kurzer Predigt und Entstehungsgeschichte der beiden.
„Beide haben eine ziemlich große Vielfalt. Und wenn man ein Craft-Bier nicht mag, heißt das ja nicht, dass man überhaupt kein Bier mag“, so der Pastor der Lohbrügger Auferstehungskirche. Ähnlich sei es mit der Bibel: „Da lassen sich doofe Geschichten finden ebenso wie sehr leckere Bibeltexte“, meint der 33-Jährige.
Kirche bietet Gottesdienst mit Bibel und Biertasting
Wenn es um die Liebe Gottes gehe, sei vielleicht das Hanse-Porter perfekt dazu, ein süßes Störtebeker mit Karamell-Geschmack. „Mein aktuelles Lieblingsbier ist das Hop House 13 von Guinness, ein leichtes und gut trinkbares Lager-Pils“, erklärt Goebel, der gern auch mal zum Probieren in die Astra Stube an der Max-Brauer-Allee geht, weil es da sogar ein Weizenbier von Astra gibt.
Reichlich von Wein ist die Rede in der Heiligen Schrift, Bier kommt eigentlich gar nicht vor – „obwohl es die Sumerer angeblich schon vor 6000 Jahren erfunden haben. Auch in Ägypten und Mesopotamien gab es Bier“, weiß der Geistliche, der auch ein helles Kloster-Gold anbieten kann, das „gebraut für einen Moment der Ruhe sei“. So jedenfalls werben die Benediktiner vom Kloster Scheyern seit 1119 für das Getränk. „Und weil eben auch alte Texte noch eine Bedeutung für die heutige Gesellschaft haben, werde ich dazu die zehn Gebote empfehlen“, sagt Jonas Goebel.
Auf den Kontext kommt es an – auch beim Kölsch
Nicht zuletzt darf auch ein süffiges Früh-Kölsch nicht fehlen: „Das erinnert an den Kölner Karneval, der uns Nordlichtern so fremd ist. Man muss halt alles stets in seinem Kontext bedenken, so eben auch die Paulus-Briefe, zu denen interessant ist, wann er sie warum an wen geschrieben hat.“
Schon um 17 Uhr beginnt der Gottesdienst am Kurt-Adams-Platz, wo vor allem Männer zwischen 20 und 50 Jahren erwartet werden. Vor zwei Jahren kamen immerhin 30 Leute, als der Pastor zu einem Whisky-Tasting eingeladen hatte: „Jetzt aber wird die Zielgruppe doch wohl größer sein“, meint der 33-Jährige. Das Tasting findet in gemütlicher Atmosphäre auf Sofas der Kirche statt. Es gibt auch alkoholfreie Getränke und sowie Snacks. Dazu wollen Akemi Tonomura, Trixi Goebel und Samuel Garbers musizieren.
Bier in der Fastenzeit?
Immerhin: Als „Quelle des Trostes“ sei die Bibel zu sehen, wenn man nach deren Bedeutung für den persönlichen Glauben fragt. So jedenfalls antwortet Chat GPT, das kostenlose Online-Tool, das künstliche Intelligenz demonstriert. Demnach sei die Bibel zudem ein „wichtiges, spirituelles und moralisches Lehrbuch“.
Jonas Goebel lacht: „Das klingt sehr politisch korrekt.“ Wobei sein Bier-Tasting mitten in der aktuellen Fastenzeit vielleicht nicht für jeden korrekt erscheint – egal: Wiederholung sind für Karfreitag, 7. April, und Freitag, 28. April, geplant. An beiden Tagen geht es erst um 19 Uhr los. Und tatsächlich ist auch ein „Bibel-Tasting“ dabei: Zur Auswahl stehen dünne, wasserabweisende Reisebibeln oder auch dicke Ledereinbände, dazu verschiedene Schriftgrößen und Übersetzungen.