Bergedorf. Justus-Brinckmann-Straße durch Bergedorfer Villenviertel soll auf längerer Strecke verkehrsberuhigt werden. Die Argumente.

Wer in die Justus-Brinckmann-Straße in Bergedorf von Norden aus einfährt – eine vielbefahrenen Verbindungsstraße zwischen Wentorfer Straße und Holtenklinker Straße –, der muss genauestens auf seine Tachoanzeige achten. Denn ab dem Bereich des Bethesda-Krankenhauses, vorbei am Alten- und Pflegeheim Georg-Behrmann-Stift bis zur Höhe des Kindergartens Bergedorfer Krabbelkiste (August-Bebel-Straße 155) gilt Tempo 30. Danach dürfen Autofahrer für etwas weniger als 200 Meter bis zum Knotenpunkt Justus-Brinckmann-Straße und Gojenbergsweg wieder auf 50 beschleunigen, bevor für weitere 100 Meter wieder maximal Tempo 30 gilt.

Was für ein Unsinn aus Sicht der Bergedorfer Koalition, die sich in der Bezirksversammlung dafür starkgemacht hat, diesen Flickenteppich als durchgängige Tempo-30-Zone zu deklarieren. Dem Antrag stimmten alle Fraktionen zu. Demnach soll sich die Bergedorfer Verwaltung bei der Straßenverkehrsbehörde dafür einsetzen, dass die beiden separierten innerörtliche Geschwindigkeitsbegrenzungen nun miteinander verbunden werden.

Antragsbegründung zitiert eine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung

„Ich weiß nicht, der wievielte Antrag das zur Justus-Brinckmann-Straße ist“, leitete die Grünen-Fraktionsvorsitzende Frauke Rüssau ihre Antragsbegründung ein. Dabei geht es Rüssau und ihren Mitstreitern doch nur um eines: Einheitlichkeit. Grüne, FDP und SPD berufen sich in ihrer Begründung vornehmlich einen Passus aus der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung, der Folgendes besagt: „Liegt innerhalb geschlossener Ortschaften zwischen zwei Geschwindigkeitsbeschränkungen nur ein kurzer Streckenabschnitt (bis zu 300 Meter), so kommt zur Verstetigung des Verkehrsflusses eine Absenkung der Geschwindigkeit auch zwischen den beiden in der Geschwindigkeit beschränkten Streckenabschnitten in Betracht.“ Dies trage nicht nur zur Verkehrssicherheit bei, sondern reduziere auch Lärm und Abgase, heißt es weiter.

Kritisch beäugen derartige Tempolimits (und vor allem ihre Anzahl) grundsätzlich die AfD und auch die CDU: „Und ewig grüßt das Murmeltier, habe ich gedacht, als ich diesen Antrag sah. Und wie sehr ich mich gefreut habe, dass jetzt wohl ein Lerneffekt eingesetzt hat“, sagt der verkehrspolitische Sprecher der Union, Jörg Froh. Denn es sei zweifelsfrei richtig, dass 30er-Zonen bei einem gewissen Mindestabstand laut jener Verwaltungsvorschrift verbunden werden können, „aber nicht müssen“, so Froh, „in diesem Fall könnte es aber Sinn machen.“ Denn die diskutierte Strecke liege unter 200 Meter Länge. Weiterhin erkennt Froh eine Reduzierung des Schilderwalds in besagtem Bereich, die das Autofahren übersichtlicher machen würde. Seine Partei sehe ausufernde 30er-Zonen weiterhin kritisch und betrachte jeden Einzelfall, stimme hier aber aus besagten Gründen zu.

Von „zu mickrig“ bis zum ausschließlich nächtlichen Limit

Für manche geht der Koalitionsantrag zur Justus-Brinckmann-Straße sogar nicht weit genug. Robert Gruber (Die Linke) meint: „Seien Sie doch nicht so mickrig mit ihren Anträgen. Warum denn nur diese Stelle mit weniger als 200 Metern?“ Gruber hätte sich eben so gern eine Verkehrsberuhigung für die komplette Länge der Justus-Brinckmann-Straße (1300 Meter) vorstellen können.

Ziemlich konträr sieht es Bergedorfs AfD-Fraktionschef Reinhard Krohn, der findet: „Wir haben doch genug 30er-Zonen in Hamburg.“ Empfehlenswerter seien da schon aus Krohns Sicht eher temporär eingerichtete Zonen, etwa von 22 bis 6 Uhr, wie an der Bergedorfer Straße im Bereich der Kreuzung Mohnhof. Dennoch stimmten letztlich auch Linke und AfD der Koalitionsidee zu – Obacht also demnächst in der Justus-Brinckmann-Straße.