Bergedorf. Ein Harvester ist im Forst beim Bethesda Krankenhaus im Einsatz. Fichten werden gefällt. Wie der Wald „klimaflexibel“ werden soll.

Deutschlands Förster stehen vor ihrer größten Herausforderung seit dem Baumsterben in den 1980er-Jahren. Wie sollen sie mit den Folgen des Klimawandels umgehen, der Bäume absterben lässt und Parasiten bessere Lebensbedingungen beschert? In unmittelbarer Nähe zum Bethesda Krankenhaus wird derzeit daran gearbeitet, den Wald fit für die Zukunft zu machen. „Wir gestalten den Wald ,klimaflexibel‘ um“, sagt Revierförster Tim Laumanns.

Wer sich dem Bethesda-Wald, wie er von vielen Bergedorfern genannt wird, in den vergangenen Tagen näherte, der hörte schon von Weitem den Lärm. Mit einem Harvester wurden Bäume gefällt, dann Äste abgeschnitten und die Stämme schließlich abtransportfertig gemacht. Ein Harvester ist so schnell wie zehn Forstarbeiter, so die Faustformel.

Fichten müssen weichen: Wald in Bergedorf soll „klimaflexibel“ werden

„Durch die breiten Reifen ist das Gerät sehr bodenschonend“, versucht Laumanns Bedenken gar nicht erst aufkommen zu lassen, das Monstrum von einer Maschine könnte mehr Schaden als Nutzen im Wald anrichten. „Und das ist die allersicherste Variante“, sagt er.

Mit dem Harvester wurden die Fichten aus dem Wald gefällt. Denn des Waldbesitzers einstiger Lieblingsbaum – er wächst schnell, ist vielfältig verwertbar – ist durch den Klimawandel zum Auslaufmodell geworden. „Für Flachwurzler wie die Fichte werden die Lebensbedingungen immer schwieriger“, sagt Laumanns.

Hinzu kommt noch eine Besonderheit des Bodens im Bethesda-Wald. Bis vor gut 50 Jahren wurde dort Ackerbau betrieben. Durch das Ziehen der Pflugfurchen wurde der Boden extrem verdichtet. Folge: Die Wurzeln der Fichte kommen in ihrem Wuchs nur noch selten durch die 30 bis 40 Zentimeter dicke oberste Bodenschicht. Konsequenz: Die meisten Fichten vegetieren vor sich hin.

Die gefällten Fichten werden zu Bauholz verarbeitet

Ein zweiter Problemfall ist die Esche, die zu den Bäumen mit dem prächtigsten Wuchs hierzulande gehört. Sie kommt mit den geänderten klimatischen Bedingungen nicht zurecht. Letztlich machen Pilze, die aufgrund des wärmeren Klimas besser gedeihen können, der zwar nicht häufig gepflanzten, aber das Erscheinungsbild des Mischwaldes prägenden Esche den Garaus. In dem aktuell bearbeiteten Teil des Bethesda-Waldes gebe es keine Eschen, erklärt Laumanns, wohl aber in anderen Teilen dieses Reviers. Wenn diese Teile auch umgestaltet werden, müssten die Eschen gefällt werden.

Die Fläche neben dem Krankenhaus ist ein Mischwald. Dort wachsen neben Fichte und Esche noch Lärche, Eiche und Ahorn. Sie können bleiben. Sieben Hektar ist der Bethesda-Wald groß. Auf 1,3 Hektar wird derzeit der Wald zukunftsfit gemacht. Laumanns rechnet mit einem Ertrag von 300 Festmetern. Die gefällten Fichten werden zu Bauholz verarbeitet. „Die Dachlatte wächst nämlich nicht im Baumarkt“, sagt der studierte Forstwirt.

Bergedorfs Wald wird mit anpassungsfähigen heimischen Bäumen aufgeforstet

Anschließend soll der Wald wieder aufgeforstet werden und zwar mit Bäumen, die sich den geänderten klimatischen Bedingungen besser anpassen können. Der Wald wird „zukunftsorientiert“, so Laumanns. Dabei setzt er mit Baumhasel, Kirsche, Schwarznuss und Elsbeere auf heimische Hölzer. Hinzu kommt die Esskastanie, bei der man sich allerdings streiten könne, ob sie eine einheimische Art ist. „Die Römer haben sie vor 2000 Jahren mitgebracht“, so Laumanns.

So sollen die primären Waldfunktionen erhalten bleiben, die da sind: CO2-Speicherung, Staubfilter, Wasserspeicherung und Kühlfunktion für die Stadt. Es folgt die Erholungsfunktion für den Menschen und danach erst die Nutzung des Holzes, etwa als Brennholz („die Leute rennen uns derzeit die Bude ein“) und auf dem Bau. Das Forstregelwerk sei sehr deutlich, so Laumanns. Der heute so gern und häufig benutzte Begriff der Nachhaltigkeit komme ursprünglich aus der Forstwirtschaft und wurde 1713 eingeführt. Laumanns hebt den Vorteil des nachwachsenden Rohstoffes Holz beim Bauen gegenüber den extrem energieintensiven Trägern Beton und Stahl hervor: „Ökologisch hoch sinnvoll.“

Bergedorfs Förster: Für den „proaktiven Waldbau“ gibt es zu wenig Geld

Der Bergedorfer Revierförster ist Herr über 400 Hektar Hamburger Wald, von dem aber rund 40 Prozent auf schleswig-holsteinischem Landesgebiet liegen. Parallel wird derzeit in Großensee ein Wald zukunftsfit gemacht. Danach folgt der Wald am Geesthachter Elbhang, wo nur die Fichten gefällt werden. Es gibt keine Neubepflanzung. Laumanns hält den „proaktiven Waldbau“ für dringend notwendig:. „Wir müssen bereit sein, Geld auszugeben. Daran fehlt es derzeit.“

Aktuell machen ihm die rauchenden Spaziergänger im Wald große Sorgen. „Die Waldbrandgefahr ist sehr groß“, warnt der 56-Jährige. Ein Bußgeld bis zu 5000 Euro könne verhängt werden. Und entstehe ein Schaden, müsse der rauchende Verursacher ihn voll aus eigener Tasche ersetzen.