Bergedorf. Mit seiner Vorgängerin waren viele unzufrieden – nun ist Stefan Schulze Schuldirektor in Bergedorf. Das sind seine Pläne.

Sein Sommerurlaub in Frankreich zeugt von Leidensfähigkeit, Willenskraft und Sportsgeist. Denn die letzten 8000 Meter des sagenumwobenen Bergs Mont Ventoux sind eine Tortur bei durchschnittlich neun Prozent Steigung. Doch Stefan Schulze, der sich selbst als „Spaßradfahrer“ bezeichnet, hat schon zu Studienzeiten dieses Monument der Tour de France bezwungen – „an einem gesamten Tag“, schmunzelt der neue kommissarische Schulleiter des Hansa-Gymnasiums rund 25 Jahre nach dieser extremen Anstrengung.

„Ich schaue mir nebenbei auch gern die Landschaft an“, rekapituliert der 54-Jährige jene sportliche Großtat. Jetzt will sich Schulze am traditionellen Bergedorfer Gymnasium auch schnell umschauen, viel sprechen und sich auch beraten lassen, nächste „Großtaten“ vollbringen. Diesen Anspruch hat der Mann, der über französische Lyrik promovierte, auch für seinen neuen beruflichen Mittelpunkt. Er ist schon nach kurzer Eingewöhnung überzeugt: „Wir sind ein richtig gutes Gymnasium, und das müssen wir auch zeigen.“

Hansa-Gymnasium: Stefan Schulze neuer kommissarischer Schulleiter

Um die Außendarstellung und den inneren Frieden des Hansa, so war es zuletzt von Elternseite, aus dem Kollegium und auch der Schülerschaft zu hören, soll es in den vergangenen fünf Jahren weniger gut bestellt gewesen sein. Wie berichtet, schmiss Schulleiterin Birgit Schaaff auf eigenen Wunsch zum 1. August dieses Jahres hin, die in ihrer knappen Begründung durchblicken ließ, dass es „an entscheidenden Stellen nicht gut passt“.

Birgit Schaaff (56) verlässt Bergedorf nach nur fünf Jahren als Schulleiterin.
Birgit Schaaff (56) verlässt Bergedorf nach nur fünf Jahren als Schulleiterin. © BGZ

Mangelnde Teamfähigkeit und eine nachlassende Attraktivität des Hansa-Gymnasiums werden ihr zur Last gelegt, letzteres lässt sich an der Zahl der Neuanmeldungen der Fünftklässler ablesen, die aktuell nur noch für drei statt vier Klassen reicht. Schulzes erste Eindrücke: „An vielem scheint etwas dran zu sein, aber ich kann mir nicht aus allem einen Reim machen. Für mich zählt sowieso der Neustart.“

Verheiratet mit einer Portugiesin, gesprochen wird französisch

Für den gebürtigen Niedersachsen aus Peine riecht es nach jeder Menge Arbeit – aber keine Sorge, der Mann hat nicht nur kraterähnliche Berggiganten besiegt, sondern auch schon eine erstaunliche Lehrer- und Direktoren-Laufbahn erlebt. In Göttingen studierte er Französisch, Mathematik und Portugiesisch auf Lehramt, verbrachte ein Jahr als Fremdsprachenassistent im südfranzösischen Avignon inklusive angesprochenem Raderlebnis. In Göttingen lernte er übrigens 1995 seine portugiesische Frau Paula Santos kennen, auch eine Lehrerin und heute an der Abendschule am Holstentor tätig. Und so läuft bei ihnen die Verständigung: „Wir reden französisch miteinander, das hat sich nun mal so ergeben.“

Da verwundert nicht, wohin es das Lehrerpärchen im Jahr 2004 nach Schulzes Referendariat, Promotion und Lehrerstationen an Harburger Gymnasien verschlug: Schulze bewarb sich an der deutschen Schule im belgischen Mons, Sitz des militärischen Hauptquartiers der Nato. Schon nach kurzer Zeit übernahm er dort die stellvertretende Schulleitung. In der wallonischen Provinz kam 2006 Tochter Vivian zur Welt. 2012 erfolgte die Rückkehr nach Hamburg ans Gymnasium Othmarschen, dort übernahm Schulze dann die Direktorenrolle für sieben Jahre.

Stefan Schulze hat drei Jahre deutsche Schule in Toulouse geleitet

2019 dann der nächste Ausflug, dieses Mal an die deutsche Schule nach Toulouse, die Schulze insgesamt drei Jahre lang leitete. Doch Corona machte das ganze Erlebnis leidlich zunichte.

Zurück nach Deutschland zog es die Lehrerfamilie auch deshalb, weil Tochter Vivian (15) – sie spricht mit ihrer Mama übrigens portugiesisch – hier die Oberstufe besuchen soll. So zog es die Familie nach Nienstedten – und ungeahnt bekam Schulze vor Ferienstart am 4. Juli das Angebot aus der Schulbehörde, zunächst kommissarisch die Leitung des Hansa-Gymnasiums zum neuen Schuljahr zu übernehmen. Schulze sagte zu: „Ich kannte die Schule so nicht, wusste aber, dass das ein traditionell guter Name ist.“

Seit zwei Wochen bereitet sich Schulze auf seine neue Aufgabe vor. Gerade hat er sich dem 70-köpfigen Kollegium vorgestellt, dabei „eine beschwingte Stimmung“ wahrgenommen. Zum Schulstart möchte er die Elternvertreter treffen. Rund 800 Schüler schnell kennenzulernen vermag er nicht, zumal Stefan Schulze erstmals in seiner Laufbahn keinen Unterricht neben seiner Leitungsposition geben möchte. Allerdings gibt es ein Hintertürchen: „Ich werde bestimmt mal Klassen vertretungsweise unterrichten und viel hospitieren. Das Netteste ist sowieso der Umgang mit den Schülern. Egal wie nervig sie sind.“