Bergedorf. Bei einer Führung erfahren Gäste etwas über die Besonderheiten sowie Sünden der Stadtplanung im Gründerzeitviertel Bergedorf-Süd.
Es ist nicht mehr viel zu erkennen von der alten Töpfertwiete, auch wenn es den Straßenzug noch immer gibt. Bis Ende der 1950er-Jahre führte die Töpfertwiete vom Sachsentor direkt ins Gründerzeitviertel Bergedorf-Süd, war gesäumt von kleinen Wohn- und Geschäftshäusern.
Dass hier heute alles anders ist, liegt vor allem an der B5. Sie wurde vor gut 60 Jahren als Durchbruchstraße II mitten durch die uralte Vorstadt geschlagen, um Bergedorf modern zu machen. Darunter verstanden die Planer eine autogerechte Stadt. Was lag da näher, als der Blechlawine uralte Gemäuer wie die der Vorstadt zu opfern?
Stadtführung startet am Sonnabend, 25. Juni, um 14 Uhr
So wurde auch die Töpfertwiete gekappt und ihrer Altbauten entledigt. Ob das aus heutiger Sicht Sinn machte, muss jeder selbst bewerten – oder an der Führung des Kultur- & Geschichtskontors teilnehmen. Historiker Christian Römmer stellt am Sonnabend, 25. Juni, ab 14 Uhr die Sünden der Stadtplanung und das zum Glück verschonte Bergedorf-Süd in den Mittelpunkt. Die Teilnahme kostet 9 Euro, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Los geht es am Neuen Weg 54, wo der Nachbau des Kassenhäuschens vom ersten Bergedorfer Bahnhof steht, der 1842 eingeweiht wurde.
Am Anfang steht also die Eisenbahngeschichte und das hier vor 180 Jahren zunächst entstandene italienische Ausflugsviertel, an das bis heute der Name Frascatiplatz erinnert. Doch Bergedorf-Süd hat noch viel mehr zu bieten: Es ist Ort des ältesten erhaltenen Schulgebäudes Hamburgs, der 1856 gegründeten Bergedorfer Schule am Brink, heute Rudolf-Steiner-Schule. Das ganze Viertel galt bei seiner Entstehung um 1900 als hochmodern, hatte es doch Wohnungen mit eigenen Bädern und Architektur, die wirklich großstädtisch wirkte.
Vieles lässt sich bis heute erahnen – oder ist sogar erhalten geblieben
Hier lebte die gehobene Arbeiterschicht aus Meistern und Angestellten. Gleichzeitig gab es in Bergedorf-Süd zahlreiche kleine Handwerksbetriebe und diverse Kneipen. Vieles lässt sich bis heute erahnen – oder ist sogar erhalten geblieben.
Die spannendsten Ecken wird Christian Römmer bei seiner zweistündigen Führung ansteuern. Und auch jenen Spuren folgen, die zurück in die Zeit vor der Durchbruchstraße führen.