Hamburg. Jeden Sonnabend ist die City Schauplatz der Impfgegner. Kunden bleiben weg – die Geschäfte leer. Die Folgen sind nicht abzusehen.
Am Sonnabend geht es schon wieder los: Bergedorfs City wird zum Aufmarsch-Ort der Querdenker – wie seit Anfang Februar an jedem Sonnabend. Von 11 bis 14 Uhr wollen die Impfgegner ihrem Ärger über die Corona-Maßnahmen Luft machen – und deren mittlerweile weitgehende Aufhebung als Erfolg ihres Widerstands feiern. Doch wie schon vor einer Woche warnt der Verfassungsschutz, dass dieser Marsch von Extremisten unterwandert ist.
Corona-Demo: Einzelhandel in Bergedorf in schwieriger Situation
„Diese permanenten Märsche sind ein Schlag ins Gesicht aller Bergedorfer. Unser Bezirk ist nicht extremistisch oder radikal“, sagt Marc Wilken, Geschäftsführer des Wirtschaftsverbandes WSB. „Besonders gefährlich ist die Regelmäßigkeit für die Geschäfte in unserer Innenstadt. Der Einzelhandel hat gerade erst begonnen, sich von den Rückschlägen der beiden Corona-Jahre zu erholen. Und dann wird ausgerechnet der umsatzstärkste Tag jede Woche von den Querdenkern überschattet.“
In seinen Augen reicht allein schon die Ankündigung des Marsches, um die Zahl der Kunden in Bergedorf spürbar schrumpfen zu lassen. Bleibe es beim Demo-Sonnabend, werde die Erholung des Einzelhandels schwierig – mit allen zu befürchtenden Folgen.
Gegendemonstrationen fallen in Bergedorf erstmal aus
Verstanden haben das die Gegendemonstranten vom Bergedorfer Bündnis gegen Rechts. Sie verzichten auf ihren Zug durch Bergedorfs City, der für 15 bis 17 Uhr angemeldet ist. „Wir wollen den Geschäftsleuten nicht noch mehr zusetzen“, sagt Paul Veit von den Jusos, die die Demo im Namen des parteiübergreifenden Bündnisses und der Omas gegen Rechts angemeldet haben. Ob den Querdenkern im April wieder die Straße streitig gemacht wird, ist noch offen. „In jedem Fall werden wir in den Fußgängerzonen an Info-Ständen über die Querdenker und ihre Unterstützer aufklären“, so Paul Veit.
Unterlaufen wird deren Bergedorfer Marsch nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes vom Verein United Movement für Equal Human Rights (UMEHR), der seit einem Monat als Beobachtungsfall eingestuft ist. Veranstalter und Anmelder seien zwar Privatpersonen, die allerdings dem engsten Umfeld von UMEHR zugerechnet würden.
Verbindung zum demokratiefeindlichen Verein UMEHR
Noch deutlicher sind die Verbindungen bei der für Sonnabend ab 14 Uhr auf dem Glockengießerwall neben der Hamburger Kunsthalle angemeldeten Kundgebung unter dem Motto „Wir schützen die Verfassung! Sofortige Beendigung des Ausnahmezustandes und aller Pandemiemaßnahmen“. Hier tritt der Verein offiziell als Veranstalter auf.
Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes ist UMEHR offen demokratiefeindlich. Mehr noch: Es gibt direkte Bezüge zu den Reichsbürgern, die die Rechtmäßigkeit der Bundesrepublik bestreiten, und ins rechtsextreme sowie ins gewaltbereite linksextremistische Milieu. Zudem wird Putin hofiert, trotz seines Angriffskrieges gegen die Ukraine. Schuld daran, so UMEHR, sei ausschließlich die NATO mit ihrer seit 1991 betriebenen Ost-Erweiterung. Russland habe das Recht, sich dagegen zu wehren.
Fußgängerzone bleibe Demo-frei
Die Querdenker versammeln sich Sonnabend ab 10.30 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz zu ihrem Bergedorfer Marsch. Angemeldet sind wieder 500 Teilnehmer, vergangene Woche kamen nur rund 150. Sie starten um 11 Uhr in Richtung Lohbrügger Markt, wo gegen 11.30 Uhr die erste Zwischenkundgebung geplant ist. Anschließend führt die Route durch die City zum Bergedorfer Markt.
Gegen 12.30 Uhr ist auch dort eine Kundgebung geplant, bevor es zum Finale zurück zum Bahnhofsvorplatz geht, wo sich die Demo um 14 Uhr auflöst. Beim Marschweg hat die Polizei die Fußgängerzonen weitgehend ausgeklammert. Stattdessen wird der Zug über Straßen in ihrem Umfeld geführt, was dort jeweils zu Staus führen dürfte.
„Meinungsfreiheit und Demonstrationsrecht sind wichtige Eckpfeiler der Demokratie“, betont Marc Wilken, erinnert aber an die Einschätzung des Verfassungsschutzes: „Wer bei den Querdenkern in Bergedorf mitläuft, marschiert Seite an Seite mit Extremisten.“