Lauenburg/Schwarzenbek/Bergedorf. Spendenmengen schrumpfen, aber Ukraine-Flüchtlinge lassen die Zahl der Bedürftigen steigen. Bergedorfer Tafel ist in großer Sorge.
Viele Tafeln schlagen Alarm. Die explodierenden Spritpreise treffen sie hart. Und gleichzeitig schrumpfen die Spendenmengen. Dazu lassen die Ukraine-Flüchtlinge die Zahl der Bedürftigen steigen. Manche Verantwortliche sehen keine andere Möglichkeit, als die Gebühren für die Bedürftigen in den Ausgabestellen zu erhöhen. Auch die wirtschaftlichen Folgen des Ukrainekrieges spüren die Tafeln längst. Die Mengen gespendeter Lebensmittel sind teils deutlich gesunken, manche Ausgabestellen können kaum mehr betrieben werden.
Ukraine-Krieg: Flüchtlinge lassen Zahl der Bedürftigen steigen
Besonders frisches Obst und Gemüse, aber auch Milchprodukte werden immer knapper, ist von den Tafeln aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg zu hören. Supermärkte und Discounter hätten angesichts gestiegener Kosten offenbar die Mengen reduziert. „Wir haben 40 Prozent weniger, das trifft uns hart“, bedauert Martin Lenz, Leiter der Schwarzenbeker Tafel. „Wir haben in der Regel drei weitere Tafeln unterstützt. Für zwei mussten wir die Unterstützung einstellen.“
Zweimal die Woche, dienstags und freitags, ist die Ausgabe in Schwarzenbek geöffnet. „Zu bislang 80 bis 100 Abholern sind zuletzt etwa 15 Familien hinzugekommen, wir haben unsere Auslastungsgrenze erreicht“, betont Lenz. Eine Anhebung der Gebühren sei für ihn keine Option: „Wir haben bereits vergangenes Jahr angehoben – auf drei Euro für alle ab 18 Jahre.“
Lebensmittelausgabe: „Es wäre schön, wenn der Staat in der jetzigen Situation hilft“
Wie in Schwarzenbek sind in Lauenburg etwa 20 Helfer jede Woche ehrenamtlich aktiv, in der Corona-Pandemie wurde die Ausgabe auf einen Tag die Woche halbiert. Die Spritkosten für die zwei Fahrzeuge, um Spenden abzuholen, sprengen den Rahmen, sagt Tafel-Chefin Friederike Betge. „Wir fahren bis Ludwigslust, um Fleisch- und Wurstwaren zu holen.“ Vorschläge, den Preis je gepackter Lebensmittelkiste von zwei auf drei Euro anzuheben, wolle sie gern der Mitgliederversammlung im Herbst überlassen, „ein solcher Sprung würde viele hart treffen“. Doch ohne Unterstützung werde es nicht gelingen: „Der Staat verweist gern an uns Tafeln, es wäre schön, wenn er uns in der jetzigen Situation hilft.“
Im Vergleich zu den Hilferufen aus dem Herzogtum Lauenburg ist die Lage bei der deutlich größeren Bergedorfer Tafel noch entspannt: „Noch sind keine Ukrainer bei unseren Ausgabestellen gewesen. Aber wir bereiten uns darauf vor“, sagt Chef Peter Kuczora, dessen 164 Ehrenamtliche jede Woche 2500 Bedürftige mit Lebensmitteln unterstützen. „Unsere Partner unter den Supermärkten, Bäckereien und Lebensmittelproduzenten sind bereit, mehr zur Verfügung zu stellen.“
Sorgen machen Kuczora die explodierenden Dieselpreise. „Das wird unseren Jahresetat von 70.000 Euro deutlich nach oben schrauben. Wir müssen wohl unsere Rücklagen angehen.“ Schwieriger wird es bei kleineren Tafeln.
Lebensmittelausgabe in Geesthacht: Geestküche will möglicherweise die Preise erhöhen
Eine Sonderrolle nimmt die Geestküche ein. Sie war als Suppenküche von der Fraueninitiative Geesthacht mit Ein-Euro-Jobbern für Bedürftige konzipiert. Inzwischen ist sie eine Lebensmittelausgabe. Leiterin Irene Halaftris-Grube: „Vor Corona haben wir gekocht, jetzt verteilen wir mit den Ehrenamtlichen jeden Freitag Lebensmittel an 50 bis 100 Bedürftige.“
Schwindende Lebensmittelspenden drückten die Möglichkeiten stärker als explodierende Spritkosten für das eine Fahrzeug, erläutert Halaftris-Grube. „Wenn es so weitergeht, kommen wir nicht umhin, die Preise zu erhöhen. Bislang zahlen Erwachsene 1,50 Euro, Kinder 80 Cent.“ Im Gespräch sei eine Anhebung von 50 Cent je Erwachsenem. Sie wolle sich nicht über fehlende Unterstützung beklagen, schließlich nutze man Räumlichkeiten der Stadt kostenfrei. „Ein Zuschuss, um etwas für Bedürftige hinzukaufen zu können, wäre aber schön“.
Auf noch eine weitere Art Hilfe hofft der Leiter der Tafel Schwarzenbek. „Wir können Arabisch, Persisch und andere Sprachen abdecken“, so Martin Lenz. Aktuell seien Menschen gesucht, die Ukrainisch oder Russisch sprechen, damit man sich mit den neuen Flüchtlingen verständigen könne.