Hamburg. Die Zahl der Neuinfektionen schnellt wieder in die Höhe. Das Bezirksamt will die Kontaktnachverfolgung wieder verstärken.

Ist es die Ruhe vor dem Sturm, vor der vierten Corona-Welle, hervorgerufen durch eine der Virus-Varianten, die Reiserückkehrer mitbringen? Sowohl im Agaplesion Bethesda Krankenhaus als auch im Bergedorfer Bezirksamt wappnen sich die Verantwortlichen für eine erneute Verschärfung der Pandemie. Die Verwaltung möchte dazu insbesondere die Kontaktnachverfolgung stärken.

Dabei ist die Lage in der Klinik am Glindersweg zurzeit überschaubar: Eine mit Corona infizierte Frau (etwa Mitte 50 Jahre alt) wird zurzeit intensivmedizinisch behandelt, ein männlicher Patient (ebenfalls Mitte 50) liegt auf der Isolierstation der Zentralen Notaufnahme. Die Sieben-Tage-Inzidenz für den Bezirk Bergedorf stieg im Vergleich zur Vorwoche von 15,3 auf 26,1, dem Bergedorfer Gesundheitsamt wurden vom 12. bis 19. Juni 34 neue Covid-19-Erkrankungen gemeldet (Vorwoche 20).

Zahl der Corona-Neuinfektionen steigt im Bezirk Bergedorf wieder an

„Wir sind nicht mehr bei null Corona-Patienten, wo wir schon mal waren“, warnt Bethesda-Sprecher Matthias Gerwien. Besser im Kampf gegen die Pandemie klingt es dagegen, dass für Donnerstag alle Termine für die Zweitimpfung im hausinternen Impfzentrum besetzt sind.

Alle Arbeitsplätze besetzt sind auch weiterhin im Bergedorfer Kontaktnachverfolgungszentrum (KNZ) an der Stuhlrohrstraße. Dort versuchen 41 Mitarbeiter des Gesundheitsamts seit dem 27. November 2020, Infektionsketten nachzuvollziehen und diese zu unterbrechen. Hierfür hat die Verwaltung das Personalvolumen des Gesundheitsamts auf 44,36 Stellen für die Kontaktnachverfolgung aufgestockt.

Gesundheitsamt sucht Mitarbeiter für die Kontaktnachverfolgung

Grundsätzlich seien die jetzt zur Verfügung stehenden Mitarbeiter in der Lage, Kontakte von Corona-Infizierten bis zu einer Inzidenz von 120 gut nachzuverfolgen „Wir planen zudem alle befristeten Verträge mit unseren Mitarbeitern zu verlängern, insofern Interesse besteht“, sagt der stellvertretende Bezirksamtschef Ulf von Krenski. Und: Ab sofort sollen weitere neue Mitarbeiter hinzukommen, am besten mit medizinischem Hintergrund: Bewerbungen sind ab sofort möglich an gesundheit@bergedorf.hamburg.de.

Die wichtigsten Varianten des Coronavirus im Überblick

Nach Anregung der Weltgesundheitsorganisation WHO werden die Varianten des Coronavirus seit Mai 2021 nicht mehr nach den Staaten benannt, in denen sie zuerst nachgewiesen wurden, sondern nach den Buchstaben des griechischen Alphabets. So soll eine Stigmatisierung beispielsweise von Ländern verhindert werden, in denen besonders ansteckende Virusmutationen zuerst nachgewiesen wurden.

Derzeit gelten fünf Formen des Coronavirus als besorgniserregend ("Variants of Concern"):

  • Alpha: Die im September 2020 zuerst in Großbritannien nachgewiesene Variante B.1.1.7, die das ursprüngliche Coronavirus fast vollständig verdrängt hatte, bevor sie ihrerseits von der Delta-Variante verdrängt wurde
  • Beta: Eine Form des Coronavirus, die im Mai 2020 in Südafrika entdeckt wurde, wissenschaftliche Bezeichung: B.1.351, B.1.351.2, B.1.351.3
  • Gamma: Die zunächst in Brasilien im November 2020 nachgewiesene Mutation P.1 und ihre Subformen P.1.1 und P.1.2
  • Delta: Die Corona-Variante B.1.617.2 (und ihre Subformen AY.1, AY.2, AY.3), zuerst im Oktober 2020 in Indien gefunden
  • Omikron: Die Corona-Variante B.1.1.529 wurde im November 2021 in mehreren afrikanischen Ländern nachgewiesen und verbreitet sich

Außerdem beobachtet die WHO weitere vier Mutationen als bedeutsame "Variants of Interest" :

  • Lambda: C.37, im Dezember 2020 in Peru entdeckt
  • Mu: B.1.621, im Januar 2021 erstmals in Kolumbien nachgewiesen

Denn der Einsatz dauert länger: Wie Ulf von Krenski bekannt gab, haben sich die sieben Bezirke auf eine Verlängerung aller Kontaktnachverfolgungszentren bis mindestens 31. März 2022 verständigt. Bergedorf verfügt bisher als einziger der sieben Bezirke über eine eigenständige Kontaktnachverfolgung. In der Anfangszeit halfen sogar Bundeswehrsoldaten mit. Sie überwachten mit Kontrollanrufen Quarantäneanordnungen.

"Aktuelle Corona-Lage ist beherrschbar"

Ursprünglich sind die 1200 Quadratmeter großen Räume des ehemaligen Musikhaus von Merkl nur bis Jahresende gemietet. 20 Kontaktnachverfolger sitzen hier im Zwei-Schicht-System am Telefon. Jetzt nehmen sich von Krenski und Co vor, mit dem Gebäudeinhaber über eine Verlängerung des Mietverhältnisses zu sprechen. Zudem sollen auch weitere Räume hinzugemietet werden.

Der stellvertretende Bezirksamtsleiter hat noch einen grundsätzlichen Appell an die Bergedorfer: „Nutzt die Chance, euch impfen zu lassen.“ Die aktuelle Corona-Lage beurteilt der 56-Jährige als „beherrschbar“.