Bergedorf. Das Abendblatt stellt in einer Serie vor, was die sieben Hamburger Bezirke im Jahr 2016 planen. Teil 6: Bergedorf.


Großbaustellen werden das Gesicht Bergedorfs auch 2016 wieder an vielen Stellen verändern. Und darunter finden sich bei Weitem nicht nur solche, die Wohnraum für Flüchtlinge schaffen. Doch auch eine ganze Reihe weiterer Projekte sind für das neue Jahr anvisiert. Darunter positive, wie ein professionelles Tourismus-Marketing, aber auch negative, wie die Entlassung von 425 Mitarbeitern beim größten Bergedorfer Unternehmen, der Hauni. Hier unser Überblick.

1. Neubaugebiete Tienrade / Haempten

Nördlich vom Reinbeker Redder, direkt an der Landesgrenze zu Schleswig-Holstein, sollen im Sommer Kräne für den Bau von mehr als 600 Wohnungen stehen. Nach erheblichem Zwist hat die Bezirksversammlung letztlich der Änderung des B-Plans zugestimmt. Ursprünglich sollten am Rand der Havighorster Feldmark vornehmlich Doppel- und Reihenhäuser entstehen. Doch dann wäre hier weit weniger Wohnraum entstanden als im jetzt vorgesehenen bis zu fünfgeschossigen Wohnungsbau.

2. Einkaufszentrum Rappoltweg

Das 60er-Jahre-Einkaufszentrum Rappoltweg in Lohbrügge-Nord ist seit Jahren ein Schandfleck: Immer mehr Geschäfte schließen, Obdachlose haben die Tiefgarage erobert. Jetzt macht das Bezirksamt Druck: Die vier Eigentümer sollen ein Zukunftskonzept entwickeln, gern mit Fokus auf Wohnungsbau. Dagegen regt sich Widerstand: Die Anwohner, vornehmlich Senioren, fürchten den Verlust der letzten Reste ihrer Nahversorgung. 2016 wird das Jahr der Richtungsentscheidung.

Flüchtlinge und ihre
Unterbringung
werden auch in
Bergedorf ein Thema
bleiben
Flüchtlinge und ihre Unterbringung werden auch in Bergedorf ein Thema bleiben © HA | Michael Arning

3. Flüchtlingsunterkunft im
Ex-Baumarkt Max Bahr

Dramatische Szenen spielen sich an der Kurt-A.-Körber-Chaussee fast täglich ab, seit im September 900 Flüchtlinge im umfunktionierten Baumarkt leben. Die Zustände sind so schlimm, dass die Notunterkunft laut Senat so schnell wie möglich aufgelöst werden soll – spätestens wenn im Spätherbst der Flüchtlingsstadtteil am Mittleren Landweg in Billwerder fertig ist.

4. Entlassungen bei der Hauni

Weil die Menschen weltweit weniger rauchen, muss die Hauni als Weltmarktführer bei Zigarettenmaschinen massiv Arbeitsplätze abbauen. In Bergedorf, dem Stammsitz der Firma mit mehr als 2000 Beschäftigten, trifft es im neuen Jahr 425 Menschen. Beim Schwarzenbeker Unternehmen des Mutterkonzerns Körber-AG sind es weitere 114. Ob der Wechsel in eine eigens gegründete Beschäftigungsgesellschaft nur vorübergehend ist, bleibt abzuwarten.

5. Mittlere Bille:
Regenwasser-
Behandlungsanlage

Gleich neben dem Bille-Wanderweg fließt in Lohbrügge Hamburgs dreckigster Fluss: Die Mittlere Bille, die weitgehend von Wasser aus Straßengullys gespeist wird. Jetzt endlich wurde gut eine Million Euro bewilligt für eine großflächige Regenwasser-Behandlungsanlage mit ökologischem Schilfgürtel im Oberlauf hinter dem BMW-Autohaus. Im Frühjahr soll der Bau starten.

6. Prestigeprojekt „Bergedorfer Tor“

Es soll bis zu neun Stockwerke hoch werden und erfordert Investitionen im dreistelligen Millionenbereich: Im Frühjahr beginnt der Bau vom „Bergedorfer Tor“, einem Komplex mit Wohnungen, Kita, Büros und Arztpraxen auf dem Gelände der Bergedorfer Hauptpost. Erstes sichtbares Zeichen sind die jenseits der Bahnlinie bereits aufgestellten Container, in die das Kundenzentrum von Post und Postbank Ende Januar einzieht. Die Postfiliale kehrt im Jahr 2017 in eigene Räume ins „Bergedorfer Tor“ zurück.

2016 könnte zum
Schicksalsjahr des
KulturForums werden
2016 könnte zum Schicksalsjahr des KulturForums werden © BGZ / Ulf-Peter Busse

7. KulturForum Serrahn

2016 wird zum Schicksalsjahr des KulturForums. Der Mietvertrag des beliebten Veranstaltungszentrums im historischen Gummi-Wegener-Haus direkt am Serrahn läuft Ende Oktober aus, weil er an den der IG Metall gekoppelt ist. Die Gewerkschaft hat gekündigt und auch die ebenfalls hier aktiven Kollegen von Ver.di und DGB wollen nicht einspringen. Also lastet die Hoffnung jetzt auf dem extra gegründeten Verein „Kulturhaus Serrahn“. Der bräuchte für die Rettung aber 5000 Mitglieder. Bisher liegt ihre Zahl aber noch im dreistelligen Bereich.

8. Tourismus-Büro

Bergedorfs Wirtschaftsverband WSB setzt auf professionelles Tourismus-Management für den Bezirk. Was noch als beschauliche „Bergedorf-Information“ im malerischen Hasse-Turm neben der Kirche St. Petri und Pauli residiert, soll dafür einen echten Manager erhalten. Unter dem Slogan „Nahtürlich“ will Bergedorf Gäste für Tagestouren und Erholungswochenenden in der Metropole Hamburg werben. Im März soll das Marketingkonzept stehen. Ob der Hasse-Turm Sitz des Büros bleibt, ist noch unklar.

9. Neubau am Schuhhaus Schüttfort

Kein Bauprojekt wurde 2015 so kontrovers diskutiert, wie der Abriss der über 150 Jahre alten Kornspeicher an der Chrysanderstraße für die Erweiterung des Schuhhauses Schüttfort. Mehr als vier Millionen Euro investiert der Bergedorfer Familienbetrieb, dessen Stammgeschäft am Sachsentor so im Oktober auf knapp 1000 Quadratmeter Verkaufsfläche verdreifacht werden soll.

10. Pläne für die künftige Nutzung
der Handelsschule

Spätestens 2018 zieht Bergedorfs renommierte Handelsschule von der Wentorfer Straße nach Bergedorf-West um. Schon in 2016 muss die Politik aber die Weichen stellen für die Zukunft des traditionellen Schul-Areals, das sich im Bergedorfer Zentrum bis zur Chrysanderstraße zieht. Während viele Fraktionen reinen Wohnungsbau favorisieren, warnen die Einzelhändler: Die denkmalgeschützte, ehemalige Mädchenschule an der Chrysanderstraße muss mindestens teilweise für Geschäfte reserviert werden – als lebenswichtige Erweiterung der Einkaufsmeile Sachsentor.


11.
Neuer Aldi schon wieder überplant

Er liegt zwar etwas versteckt, ist für das Gründerzeitviertel Bergedorf-Süd aber ein wichtiger Nahversorger: Der vor zwei Jahren am Neuen Weg eröffnete Aldi wird schon wieder überplant. Um die Umgebung für Wohnungsbau zu entwickeln, muss Aldi wohl schließen und auf kleinerer Grundfläche neu eröffnen.

12. Abriss der 100 Jahre alten
HMG-Industriehallen

Dramatische Werte hat die Bodenuntersuchung rund um die 92 Jahre alten, weißen Hallen der einstigen Hanseatischen Motoren-Gesellschaft (HMG) am Weidenbaumsweg ergeben: Sowohl Schweröl und Diesel als auch das zur Entfettung von Maschinenteilen genutzte LCKW wurden bis zu 25 Meter tief unter der verwaisten Fabrik des längst aufgelösten Schiffsmotorenherstellers gefunden. Für die Sanierung will Investor Hans-Werner Maas die Hallen nun abreißen. Ihre Rettung sei zu teuer. Dabei sollten sie eigentlich als Sitz eines Nahversorgungszentrums in sein Wohnungsneubau-Projekt „Weidensteg“ am Schleusengraben inte­griert werden. Nun sollen die Abrissbagger anrücken.

13. Neubauprojekt „Schilfpark“

Schon im Frühjahr werden die Vorarbeiten für das neue Wohngebiet „Schilfpark“ am Ostufer des Schleusengrabens beginnen. Gut 200 Wohnungen, teils als Eigentum, sind am Wasser nahe des Energie-Campus geplant. Dahinter wird ein breiter Schilfgürtel angelegt, bevor sich zum Curslacker Neuen Deich hin Handwerkerhöfe anschließen. Vom „Schilfpark“ aus führt voraussichtlich ab 2017 eine moderne Rad- und Fußwege-Brücke ins gegenüber liegende „Weidensteg“-Viertel.

14. Windpark Curslack

Voraussichtlich im Sommer werden fünf jeweils 180 Meter hohe Windkraftanlagen südöstlich der A-25-Anschlussstelle Bergedorf aufgestellt. Das erwartet jedenfalls Prof. Dr. Werner Beba. Der Forscher der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) ist Chef des Energie-Campus, der im vergangenen Frühjahr auf der anderen Seite der Autobahn am Schleusengraben seine Arbeit aufgenommen hat. Die fünf Windriesen sollen den Wissenschaftlern die Möglichkeit geben, Material, Effizienz und Naturschutz an real laufenden Anlagen zu erproben. Das macht Bergedorf zum Zentrum der norddeutschen Windkraftforschung. Zudem werden die Anlagen große Teile des Bezirks mit erneuerbarer Energie versorgen.

15. Neubau Stadtteilschule Kirchwerder

Der Neubau der Stadtteilschule Kirchwerder könnte Ende des Jahres 2016/Anfang 2017 starten. Auf dem etwa 60.000 Quadratmeter großen Areal zwischen dem Neubaugebiet Karkenland und dem Marschbahndamm ist am Kirchenheerweg neben dem Schulneubau samt Sporthalle, Parkplätzen und Bushaltestellen auch ein Wohngebiet geplant. Wohn- und Schulgebiet sind etwa gleich groß.

16. Bebauung ehemaliges BIG-Gelände

Die Erschließung des etwa fünf Hektar großen Areals erwies sich als schwieriger, sprich nasser, als gedacht. Die Straße wird schon gebaut. Nun soll es in 2016 so richtig losgehen, will die NCC Deutschland GmbH insgesamt 50 Einfamilienhäuser und 18 Doppelhaushälften bauen.

17. Neubaugebiet Avenberg

Nordwestlich der Straße Beim Avenberg sollen 101 Wohnungen in Hof­ensembles, Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäusern entstehen. Im August 2015 wurde der Bebauungsplan beschlossen. Ende des vergangenen Jahres waren alle Häuser verkauft beziehungsweise reserviert. Ab Februar stehen nun die Eigentumswohnungen zum Verkauf.

18. Flüchtlingsunterkunft in Billwerder

Am Mittleren Landweg soll auf dem acht Hektar großen Gleisdreieck eine Flüchtlingssiedlung mit knapp 800 Wohnungen für gut 3000 Flüchtlinge bis Ende 2016 fertiggestellt werden. Die Firma Fewa hat schon Ende 2015 einen Antrag auf Baugenehmigung gestellt, Mitte Januar soll der Grundstücksverkauf über die Bühne gehen.