Bergedorf. Hohe Gebühren, aber keine angemessene Gegenleistung: Wer eine der beiden Kapellen auf Bergedorfs Friedhof für eine Trauerfeier anmietet, bezahlt für 90 Minuten 184 Euro an die Hansestadt Hamburg. Was er dafür aktuell bekommt, ist allerdings ein echtes Trauerspiel.
Außen hui, innen pfui: Wenn Trauergäste in der denkmalgeschützten Kapelle 1 den Blick schweifen lassen, wird sichtbar, was nicht sein sollte: ein dichtes Gewirr von Spinnweben unter der Kuppel, die Farbe an den Wänden ist ausgeblichen und fleckig, auf dem grau gefliesten Fußboden vor dem Altarraum dominieren schmutzige und ungepflegte Fliesen – teilweise angeschlagen –, die nur durch einen von manchen Bestattern eigens mitgebrachten Teppich oder durch aufwendige Blumen- und Kranzarrangements verdeckt bleiben.
Wer für einen Abschied allerdings nicht viel in üppige Blumen- oder aufwendige Kerzenkreationen investieren kann, für den werden die Mängel zum Problem. Lediglich vier von der Decke hängende Lampen spenden ein eher funzeliges Licht. Eine Musikanlage fehlt komplett, wenn Bestatter keine Anlage mitbringen, niemand die Orgel oder ein anderes Instrument spielt, gibt es bei der Trauerfeier keine Musik.
Diese Unzulänglichkeiten ärgern Bestatter und Trauernde. „Wenn man diese wunderschöne Kapelle innen regelmäßig pflegen, Mängel kurzfristig ausbessern würde, müsste man sich über ein schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis nicht aufregen“, kritisiert Jessica Sagel, Floristin im Team der Gärtnerei Knappe in Wentorf, die häufig Bestatteraufträge erledigt und selbst bereits drei private Trauerfeiern in der Aussegnungskapelle erlebt hat. „An würdiger Atmosphäre fehlt es dort leider momentan.“
Dabei ist das neobarocke Bauwerk von 1908 auf dem Bergedorfer Friedhof ein denkmalgeschütztes Schmuckstück. Der Bergedorfer Geerd Dahms, deutschlandweit einziger vereidigter Denkmalschutzgutachter, findet es „ein Unding, so mit einem Juwel der Baukunst umzugehen“. Der Bezirk sei in der Pflicht, auch in den Innenräumen umgehend etwas zu unternehmen, damit das kulturelle Erbe gepflegt werde. „Die herrliche Lage am Geesthang, die beeindruckende Kuppel und die alte Bausubstanz sind optimal für einen würdigen Totenabschied“, meint Dahms.
Michael Krüger, Geschäftsführer der Firma Enne Leverenz, findet es „schlimm, dass Angehörige so zur Kasse gebeten werden, wenn sie dafür nicht einmal eine saubere, gepflegte Atmosphäre vorfinden“. Auch quietsche die Schiebetür, ein ehemals vorhandenes Waschbecken sei ersatzlos abmontiert worden, defekte Lampen würden erst nach mehrmaligen Nachfragen ausgetauscht.
Bei einem Ortstermin mit dem Bezirksamtsmitarbeiter Wolfgang Charles, zuständig für bauliche Fragen auf dem Friedhof, machten Bestatter auf die Mängel aufmerksam. Viele davon seien schnell zu beheben. Noch wesentlich „katastrophaler“, sagt Astrid Hallmann von „Trauerlichtung“, sei die Situation in der größeren Kapelle 2 – einem kalten, von Tristesse und nüchterner Sachlichkeit geprägten 70er-Jahre-Betonbau. „Dieser Bau ist für uns immer nur eine Notlösung, wenn viele Gäste kommen.“ Der im vorderen Bereich der Halle liegende Teppich sei total fleckig und unansehnlich, müsse unbedingt ausgewechselt werden, monieren auch ihre Kollegen. Sie wünschen sich hier ebenfalls eine verbesserte Beleuchtung und „irgendetwas, das Wärme schafft“. Möglicherweise ließe sich auch hier „mit Farbe etwas bewirken“.
Die Bestatter bemängeln die unebene und bei Feuchtigkeit glitschige, zum Teil bemooste Zuwegung zur Kapelle 2, verschobene und hoch stehende Platten. An den Ziegelwänden bilden sich stellenweise große, weiße Ausblühungen – ein Fehler, der vermutlich schon damals beim Bau entstanden ist, meint Bezirksamtsvertreter Wolfgang Charles. Ganz klar für ihn: „Der Bereich der Zuwegung muss unbedingt gemacht werden. Und die anderen Punkte prüfen wir: Lichtoptimierung und das Auswechseln schmuddeliger Bodenbeläge sowie eine bessere Grundpflege der Kapellen sollten zügig klappen.“ Ein neuer Farbanstrich für die Kapelle 1 sei vermutlich mit hohen Kosten und einer längeren Innen-Einrüstung verbunden.