Allermöhe. Vor 25 Jahren gründete der heute 51-Jährige die Bergedorfer Schifffahrtslinie. An Bord ist seitdem viel passiert.
Aufgewachsen am Ufer der Dove-Elbe in Moorfleet hatte Heiko Buhr schon als kleiner Junge stets das Wasser im Blick. Dass er auch beruflich hinauf aufs kühle Nass wollte, das sei ihm schon früh klar gewesen, erinnert sich der heute 51-Jährige: „Der kleine Heiko wollte aufs Schiff.“ Schließlich war das in seiner Familie längst Tradition, waren schon drei Generationen der Männer vor ihm Binnenschiffer.
Dass er allerdings irgendwann mal Chef einer eigenen kleinen Reederei sein würde, das habe er tatsächlich nicht zu träumen gewagt. Umso glücklicher ist der Kapitän nun, dass seine Bergedorfer Schifffahrtslinie in diesem Jahr bereits ihren 25. Geburtstag feiert.
Bergedorfer Schifffahrtslinie: Mit einer ehemaligen Hafenbarkasse fing alles an
Dabei hätte Vater Hans es eigentlich gern gesehen, wenn sein Sohn nicht in die Fußstapfen seiner Vorfahren getreten und an Land geblieben wäre, erinnert sich Heiko Buhr. Schließlich habe er sich aber durchgesetzt und wurde auch Binnenschiffer. Mit einem Gastanker auf dem Rhein war er ebenso unterwegs wie auf der Elbe und arbeitete dann für Strom- und Hafenbau im Büro. Doch nach wenigen Jahren wurde ihm zwischen all den Akten und Papierbergen bewusst, dass ihm eines schmerzlich fehlte: das Wasser.
Ein Kollege war damals vom Frachter auf ein Fahrgastschiff umgestiegen, mit dem er Rundfahrten auf der Wilsterau anbot. „Das müsste doch auch auf der Dove-Elbe funktionieren“, gab er Heiko Buhr damals den Tipp. Und keine sechs Wochen später startete der Marschländer tatsächlich mit seiner Schifffahrtslinie. Eine stabile, geschweißte Hafenbarkasse war damals das erste Schiff der Flotte.
Nach Wettbewerb in der Bergedorfer Zeitung wurde die Barkasse „Lütt Elv“ getauft
Nach einem Wettbewerb in der Bergedorfer Zeitung wurde die Barkasse auf den Namen „Lütt Elv“ getauft. Das stehe im Plattdeutschen für kleine Elbe, und so wurde die Dove-Elbe damals von vielen Vier- und Marschländern genannt, erklärt Heiko Buhr. „Mit der Lütt Elv fing alles an“, sagt der 51-Jährige, der damals mit maximal 86 Personen an Bord zu Rundfahrten durch die Vier- und Marschlande startete.
Auch Geburtstage wurden an Bord gefeiert oder die „Lütt Elv“ für andere Charterfahrten gebucht. Vornehmlich am Wochenende und unter der Woche am Abend stand Heiko Buhr dann am Steuer. Viel Zeit zum Schlafen blieb nicht mehr, schließlich hatte der zweifache Familienvater erst mal seinen Bürojob im Hafen behalten. 2004 warf er dann aber alle Sicherheit über Bord und widmete sich – auch mit großem Zuspruch seiner damaligen Frau Nicole und den Eltern – seiner Bergedorfer Schifffahrtslinie.
Fünf Schiffe und ein vierzigköpfiges Team
Seine Flotte war zu dem Zeitpunkt auf drei Schiffe angewachsen, sodass sich der Betrieb nicht mehr nebenbei bewältigen ließ. Vor allem die Kombination der Kurzreisen mit kulinarischen Genüssen schien seinen Fahrgästen zu gefallen: „Wenn wir Essen angeboten haben, standen die Leute Schlange“, erinnert sich Heiko Buhr. Ob Erbsensuppe satt oder Brunch mit Oktoberfest-Motto – selbst am Sonntagmorgen war so manche Tour ausgebucht.
Der Filterkaffee war dann schon mal so schnell alle, dass Frau Nicole und Mutter Heidi Nachschub kochten, und Vater Hans dem Schiff in die Vierlande hinterherfuhr, um die Kannen von der Schiefen Brücke in Curslack per Seil an Bord hinabzulassen, erinnert sich Heiko Buhr.
Dem Chef machte die angespannte Personalsituation zu schaffen
Fünf Schiffe und ein 40-köpfiges Team – darunter 20 feste Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und 20 Aushilfen – gehörten zwischenzeitlich zu Heiko Buhrs Schifffahrtslinie. Mittlerweile ist die Reederei aber wieder geschrumpft – und zwar ganz bewusst.
Die Entscheidung hatte mehrere Gründe, vor allem machte dem Chef die angespannte Personalsituation zu schaffen, die sich nach der Pandemie noch weiter verschärft hatte. Insbesondere im Service brauchte es mehr helfende Hände. Und die waren – wie überall in der Gastronomie – kaum zu bekommen.
Nach der Pandemie wurde Tempo rausgenommen
Gemeinsam mit Mareijke, seit 2012 die Frau an seiner Seite, entschied er daher, Tempo rauszunehmen, um so weiter mit Herzblut dabei zu sein. Das Team wurde auf vier Mitarbeiter verkleinert, der Fahrplan deutlich ausgedünnt, die „Serrahn Star“ verkauft. Auf der „Serrahn Deern“ gibt es keine Bedienung mehr am Tisch, sondern Fahrgäste können Picknickkörbe mit an Bord bringen.
Nachdem während der Pandemie zunächst gar keine und dann nur eine reduzierte Anzahl an Fahrgästen an Bord gehen durfte, wurde die maximale Besetzung auf beiden Fahrgastschiffen, neben der „Serrahn Deern“ gehört noch die „Serrahn Queen“ zur Flotte, nicht mehr hochgesetzt.
Denn die Erfahrung habe gezeigt, dass die Gäste es schätzen, mehr Platz an Bord und an Deck zu haben, erklärt Heiko Buhr. Und auch ihm bleibe so mehr Zeit, um sich mit seinen Gästen zu beschäftigen. Klasse statt Masse – darauf habe er schon immer Wert gelegt, betont Heiko Buhr, der gern in die Gesellschaft hineinhorcht und neue Wege wagt: So führte er auf seinen Fahrgastschiffen bereits ein Rauchverbot ein, bevor 2007 das Nichtraucherschutzgesetz in Kraft trat.
Zudem legt er großen Wert auf Umweltbewusstsein: Bereits 2017 wurden alle Schiffe auf den gasbasierten GTL-Treibstoff („Gas to Liquids“) umgestellt. Der Kraftstoff stoße laut Buhr 90 Prozent weniger Ruß aus und sei biologisch abbaubar. „Die Menge an Kraftstoff, die wir an einem Tag verbrauchen, verbraucht ein Kabinenschiff in einer Stunde“, erklärt er.
Erste Fahrt führt in diesem Jahr führt nach Dresden
Am Dienstag, 21. März, wird die „Serrahn Queen“ in dieser Saison zu ihrer ersten Tour auslaufen und dann Dresden ansteuern. Weitere mehrtägige Flussfahrten führen in den kommenden Monaten nach Kassel, Berlin oder auch Travemünde. Ostern (8. und 9. April) gibt es die ersten Fahrten mit der „Serrahn Deern“ durch die Vierlande. Im Mai sollen die Vierlandenfahrten – passend zum 25. Jubiläum – 25 statt 32 Euro kosten, kündigt Heiko Buhr an. Offizieller Saisonstart ist am 1. Mai mit der bereits ausgebuchten Brunchfahrt mit dem Shanty Chor.
Mit den „Fleetenkiekern“ verbinden Mareijke und Heiko Buhr eine von vielen Anekdoten, die sich in der bisherigen Geschichte der Bergedorfer Schifffahrtslinie ereignet haben. Nach dem Tod ihres Chorleiters Helmut Piepiorka im Jahr 2015 stand der Chor kurz vor der Auflösung. Die gebuchten Auftritte an Bord der Schifffahrtslinie wollten die Männer aber noch absolvieren, erinnert sich Mareijke Buhr.
Dabei erzählten sie von ihrem Schicksal. Unter den Gästen an Bord befand sich zufällig Gaby Müller. Sie spielte schon lange das Akkordeon und war so ergriffen von der Geschichte, dass sie beschloss, die Männer kennenzulernen und zu schauen, ob es passt. „Das tat es offensichtlich wunderbar, denn bis heute ist sie die Chorleiterin der ,Fleetenkieker’“, berichtet Mareijke Buhr.
„Serrahn Queen“ wird in der Tatenberger Bucht zur schwimmenden Bühne
In all den Jahren seien viele schöne und auch nervenaufreibende Geschichten passiert: Ob Mönchstaufe oder Hochzeiten an Bord, ein in Flammen stehender Generator oder Leichenfund am Schiffsbug. Besonders in Erinnerung wird Heiko Buhr das Konzert in der Tatenberger Bucht bleiben, bei dem sein Fahrgastschiff im ersten Corona-Sommer 2020 zur schwimmenden Bühne wurde.
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Die Bergedorfer Schifffahrtslinie möchte zum Jubiläum eine Festschrift zusammenstellen und ihre Kunden gern mitnehmen auf die Reise durch die Vergangenheit: Ob Anekdoten oder Fotos – Kapitän Buhr und sein Team freuen sich, wenn Kunden Lust haben, Geschichten einzureichen, die sie auf einer Fahrt mit der Bergedorfer Schifffahrtslinie erlebt haben oder Bilder zusenden, die sie auf einem Törn gemacht haben. Kontakt: Telefon 040/73 67 56 90, E-Mail an info@bergedorfer-schifffahrtslinie.de oder im Internet: www.bergedorfer-schifffahrtslinie.de.