Hamburg. Zahl der Taten in der Stadt steigt kräftig. Genaue Zahlen sowie Hintergründe für diese Entwicklung – und was Experten voraussagen.

Die Einbruchszahlen in Hamburg steigen wieder. Im Vergleich zum Tiefststand im Corona-Jahr 2021 haben sich die Fälle nahezu verdoppelt. Auch im Vergleich zu 2022 gibt es wieder wesentlich mehr Einbrüche in Wohnungen und Häuser. Ein kleiner Trost: Die Zahl der Taten ist noch deutlich unter den Zahlen der Jahre vor Corona.

1931 Haus- und Wohnungseinbrüche wurden im ersten Halbjahr 2023 bei der Hamburger Polizei angezeigt. Das sind knapp 400 mehr als im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres. Die Zahl der Taten, bei denen es bei einem Versuch blieb, betrug 927 – das waren 48 Prozent. Die Aufklärungsquote lag bei 7,6 Prozent.

Polizei Hamburg: Mehr Wohnungseinbrüche in Hamburg

2019, im Jahr vor Corona, hatte es in den ersten sechs Monaten noch 2460 Haus- und Wohnungseinbrüche in Hamburg gegeben. Die Zahl der Versuche hatte bei 1149 gelegen. Das entsprach einer Quote von knapp 47 Prozent. Die Aufklärungsquote war mit 7,8 Prozent minimal höher als aktuell.

Die Entwicklung überrascht nicht, schaut man auf die Einschränkungen in der Bewegungsfreiheit wegen Corona, die vor allem anreisende Täter aus anderen Regionen ferngehalten haben dürften.

2015 hatte es einen jahrelangen Höchststand an Einbrüchen in Hamburg gegeben. Am Ende des Jahres waren 9006 Fälle zur Anzeige gebracht worden. Die Polizei hatte damals mit der Gründung der Soko „Castle“ reagiert. Diese Sonderkommission hatte sich auf die gewerbsmäßigen Einbrecher spezialisiert, die auffallend oft aus Südamerika oder Südosteuropa kamen. Die Arbeit war recht erfolgreich.

Sonderkommission „Castle“ mit Erfolgen

In den folgenden Jahren gingen die Einbruchszahlen in Hamburg fast kontinuierlich zurück. Das „Geheimnis“: Die Soko führte Taten durch akribische Beweissicherung zusammen. So konnte man einzelnen Einbrechern mehrere Taten zuordnen. Die Gerichte reagierten im Idealfall entsprechend. Das schreckte Banden ab. 2018 wurde die Sonderkommission in eine feste Dienststelle umgewandelt, dem LKA 19/Castle.

„Der Schritt war zu erwarten“, sagt Jan Reinecke, Hamburger Landeschef beim Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Sonderkommissionen seien immer temporär angelegt. „Man muss sich aber auch darüber klar sein, dass das LKA 19 nicht mehr über die Möglichkeiten, wie zur Zeit der Soko verfügt“, so Reinecke. „Das gilt besonders für den Zugriff auf operative Einheiten, die ja ein wesentliches Element sind, wenn es darum geht, Tatschwerpunkte zu lokalisieren und Täter festzunehmen. Zur Zeit der Soko konnte man da aus dem Vollen schöpfen. Selbst das MEK und viele Zivilfahnder waren eingebunden. Das ist heute nicht mehr so.“

Man habe damals auch einen politisch gewollten Schwerpunkt gesetzt. Mittlerweile beherrschen andere Bereiche das Thema Innere Sicherheit – beispielsweise die Szene rund um den Hauptbahnhof, die durch Drogen- und Gewaltdelikte auffällt.

Auch Prominente von Einbrüchen betroffen

„Dabei ist der Ansatz, gezielt gegen die professionellen Einbrecher vorzugehen, genau richtig“, so Reinecke. Man müsse Hamburg für reisende Täter so unattraktiv wie möglich machen. Experten setzen dabei auf hohen Verfolgungsdruck und hoffen gleichzeitig auf angemessene Urteile der Justiz. Besonders wichtig ist zudem die privat bestmögliche Sicherung der Wohnungen und Häuser.

All das funktioniert besonders gut bei Banden, die nach Tatgelegenheiten suchen und nicht auf spezielle Häuser oder Wohnungen festgelegt sind. Das erklärt auch die hohe Zahl der Taten, bei denen der Einbruch im Versuch stecken blieb. Oft nutzen Einbrecher einfach die passende Gelegenheit. Leitern im Garten oder Werkzeug in einem ungesicherten Schuppen sind für Einbrecher quasi wie eine Einladung. Ebenso gehört das auf „Kipp“ stehende Fenster dazu. Stoßen die Täter dagegen auf ein gut gesichertes Haus oder eine gut gesicherte Wohnung, beispielsweise mit Fensterscheiben aus durchwurfhemmendem Glas, lassen sie in der Regel bereits nach kurzer Zeit von dem Einbruch ab.

Polizei Hamburg: Ferienzeit für Einbrecher besonders interessant

Anders sieht es aus, wenn die Einbrecher sich einen Tatort gezielt ausgesucht haben, um eine besonders lukrative Beute zu machen. Prominentes Opfer einer solchen Tat wurde das Model Sylvie Meis. Im Juli stiegen Einbrecher in ihre Eppendorfer Wohnung ein. Die Täter waren über die Dächer mehrerer Häuser gekommen und hatten aus dem Ankleidezimmer rund zwei Dutzend teure Handtaschen gestohlen. „Solche Täter lassen sich nicht abschrecken“, sagt ein Beamter.

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„Man muss sich nichts vormachen. Hamburg wird auch in Zukunft für professionelle Einbrecher eine interessante Stadt bleiben“, sagt Thomas Jungfer, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Wie sich das Jahr weiterentwickeln wird, ist nur schwer abzusehen. Die Ferienzeit, die jetzt zu Ende geht, wird gerne von Einbrechern genutzt, um in verwaiste Wohnungen oder Häuser einzusteigen. Allein am vergangenen Wochenende gab es in Hamburg 18 Einbrüche und Versuche. In neun Fällen blieb es beim Versuch. In drei Fällen wurden die Einbrüche tagsüber begangen.

Vergleicht man die Zahlen der Jahre 2017 bis 2019, gab es stets im ersten Halbjahr deutlich mehr Einbrüche, als im zweiten Halbjahr. So waren es 2017 im ersten Halbjahr 3357 und im zweiten Halbjahr 2382 Taten. Bleibt es bei der Entwicklung, so dürfte man am Ende dieses Jahres weniger als 4000 Einbrüche inklusive Versuche in der Hansestadt zählen. Das gab es in den 50 Jahren vor Corona nicht mehr.