Hamburg. Die Zahl der Straftaten stieg nach der Corona-Pandemie wieder an. Diese Delikte fallen in der neuen Kriminalstatistik auf.

Nach zwei für die Polizei ruhigeren Jahren infolge der Corona-Maßnahmen hat die Kriminalität in Hamburg zuletzt wieder spürbar zugenommen. Das zeigen die Zahlen aus der Kriminalstatistik für 2022, die am Mittwoch im Präsidium vorgestellt wurde. „Wir sind nach zwei Ausnahmejahren wieder im polizeilichen Normalbetrieb“, sagte Innensenator Andy Grote (SPD) und betonte zugleich: In Hamburg sei es so sicher wie 1979.

Demnach hatte die Polizei vor allem in den Bereichen Fahrraddiebstahl und Betrug viel zu tun. Bei den Tötungsdelikten dagegen gibt es einen historischen Tiefstand. Erschreckend ist der Anstieg der Gewalttaten auf Schulhöfen.

Polizei Hamburg: Mehr Straftaten nach Corona-Pandemie

Die Gesamtzahl der erfassten Straftaten im vergangenen Jahr blieb im Vergleich zu 2019 nahezu unverändert (+ 0,2 Prozent), stieg jedoch im Vergleich zum Corona-Jahr 2021 um 24.836 Delikte (+13 Prozent) auf 211.239 Fälle.

Die Zunahme erklärt man auch mit einem Anstieg der Einwohnerzahl. "Dem geringfügigen Anstieg der Kriminalität um 0,2 Prozent steht im selben Zeitraum ein Bevölkerungswachstum in Hamburg von 2,6 Prozent gegenüber", teilte die Innenbehörde mit.

Stellten die Hamburger Kriminalstatistik 2022 vor: Jan Hieben, Leiter des LKA (v.l.), Polizeipräsident Ralf Martin Meyer, Innensenator Andy Grote (SPD) und Sandra Levgrün, Leiterin der Pressestelle der Polizei.
Stellten die Hamburger Kriminalstatistik 2022 vor: Jan Hieben, Leiter des LKA (v.l.), Polizeipräsident Ralf Martin Meyer, Innensenator Andy Grote (SPD) und Sandra Levgrün, Leiterin der Pressestelle der Polizei. © Unbekannt | André Zand-Vakili

„Wir haben in Hamburg ein sehr hohes Sicherheitsniveau“, sagte Grote. Statistisch betrachtet sei das Risiko, in Hamburg Opfer einer Straftat zu werden, im Langzeitvergleich "so gering wie seit über 40 Jahren nicht mehr", sagte Grote und dankte allen Hamburger Polizistinnen und Polizisten, "die hier Tag und Nacht auf unseren Straßen unterwegs sind, um uns zu schützen."

Polizei Hamburg verzeichnet mehr Fahrraddiebstähle

Viele Hamburger hatten jedoch auch vergangenes Jahr den Diebstahl ihres Fahrrads zu beklagen. Nachdem bereits 2020 eine deutliche Zunahme (damals +21 Prozent) der Fälle registriert wurde, stieg die Zahl der Fahrraddiebstähle zuletzt im Vergleich zu 2021 erneut – um +3 Prozent auf jetzt 14.735 Fälle.

Seit Beginn der Pandemie würden Fahrräder vielfach als Alternative zu anderen Verkehrsmitteln genutzt, teilte die Innenbehörde weiter mit. Der Anteil von Fahrrädern am Verkehr sei seit 2019 um 33 Prozent gestiegen. Dabei seien immer mehr hochwertige Räder wie E-Bikes auf Hamburgs Straßen unterwegs.

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Die Polizei steuere zwar verstärkt mit "zielgerichteten operativen Maßnahmen" gegen den Diebstahl, heißt es. "Entscheidend ist jedoch auch eine erfolgreiche Prävention insbesondere durch eigene Maßnahmen zur Fahrradsicherung, worauf die Polizei mit ihren Aufklärungskampagnen kontinuierlich hinweist."

Weniger Autodiebstähle als vor der Pandemie

Auch die Gesamtzahl der Diebstahlsdelikte sei im vergangenen Jahr gestiegen. 2022 gab es laut Kriminalstatistik im Vergleich zum Vorjahr zwar 13.396 mehr Fälle (+19 Prozent), jedoch bewege man sich damit noch unter dem Vor-Pandemie-Niveau (-6 Prozent im Vergleich zu 2019). Am deutlichsten bemerkbar mache sich der Rückgang im Dreijahrszeitraum bei Diebstählen von und aus Autos mit einem Minus von 14,4 Prozent (+6,9 Prozent zum Vorjahr).

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Eine hohe Priorität für die Polizei habe die Bekämpfung des Taschendiebstahls. „Das wieder deutlich intensivere öffentliche Leben, verbunden mit stark erhöhter Mobilität, einer hohen Frequenz im öffentlichen Raum und zahlreichen Veranstaltungen in der Stadt" habe 2022 beinahe zu einer Verdoppelung der Fälle im Vergleich zum Vorjahr geführt, teilte die Innenbehörde mit.

Die Zahl der erfassten Fälle stieg um 4.439 auf 10.958, liegt aber immer noch unter den Niveau von 2019 (-7 Prozent). Die Polizei führe regelmäßig Schwerpunkteinsätze, auch unter Beteiligung der Bundespolizei, etwa im Umfeld des Hauptbahnhofs durch.

Wohnungseinbrüche in Hamburg

Auch die Zahl der Wohnungseinbrüche in Hamburg nehme in der Langzeitbetrachtung ab: Im Vergleich zu 2021 sei es im vergangenen Jahr zwar wieder zu mehr Tatgelegenheiten gekommen – so arbeiten etwas weniger Menschen im Homeoffice – dennoch liege die Fallzahl mit 2.506 deutlich unter der von 2019 (-42 Prozent).

Mit Ausnahme des Corona-Jahres 2021 (2.204 Fälle) handele es sich um die niedrigste Zahl der Wohnungseinbrüche seit Beginn der Auswertung im Jahr 1971. In gut der Hälfte der Fälle blieb es beim Versuch: Häufig scheiterten die Täter an gut gesicherten Fenstern und Türen.

Mehr Betrugsopfer in Hamburg

Betrugsdelikte machen gut 14 Prozent der Gesamtkriminalität aus. Die Fallzahl von mit 29.806 Taten bewegt sich in etwa auf dem Niveau von 2019, wobei den größten Anteil dabei mit mehr als 11.026 Taten der Waren- und Warenkreditbetrug ausmacht. Da sich ein erheblicher Teil des (Kauf-)Konsums in das Internet verlagerte und Versandunternehmen oft kontaktlos abstellen bzw. lieferten, sei das Entdeckungsrisiko einer solchen Straftat gesunken.

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Auffällig ist, dass sich die Energiekrise, die hohe Inflation und die gestiegenen Benzinpreise auch in der Kriminalität bemerkbar macht. Das Delikt Tankbetrug sei im Vergleich zum Vorjahr um 68,5 Prozent (+921 Fälle) gestiegen.

Historischer Tiefstand bei Tötungsdelikten

Bei den Gewalttaten kann die Polizei in einem Bereich dagegen einen historischen Tiefstand vermelden: Die Zahl der Tötungsdelikte in 2022 mit 11 vollendeten und 24 versuchten Taten sei der niedrigste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen in 1971, wie die Behörde ausführt. Sämtliche Fälle aus dem vergangenen Jahr habe man aufklären können.

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Überraschend dürfte für viele Menschen in Hamburg der Rückgang beim Einsatz von Schusswaffen und Messern sein: Bei deutlich weniger Gewalttaten haben 2022 Schusswaffen eine Rolle gespielt. In 72 Fällen der Gewaltkriminalität seien sie eingesetzt worden – das sind 19 Fälle weniger als vor der Pandemie im Jahr 2019 und 7 Fälle weniger als 2021. Ebenso verhalte es sich mit Messerangriffen: Ihr Anteil an den Gewalttaten sei von 10 Prozent im Jahr 2019 auf nun 8 Prozent im vergangenen Jahr (629 Fälle) gesunken.

Insgesamt aber mehr Gewalttaten in Hamburg

Insgesamt habe es wieder mehr Gewalttaten in Hamburg gegeben. Die Polizei zählt in diesem Bereich im vergangenen Jahr 7.583 Straftaten. Die Zahl habe damit im Vergleich zu 2019 (7.186 Fälle), aber auch im Vorjahresvergleich (6.799 Fälle) erhöht.

„Immer wieder sind die Betroffenen, sowohl auf der Opfer-, aber auch auf der Täterseite dem Randständigen- und Drogenmilieu zuzuordnen, wo es zu Straftaten innerhalb dieser Szene kommt", teilte die Innenbehörde mit. Das betreffe auch die Raubstraftaten. Die Zahl blieb mit 1.756 zwar um vier Prozent unter 2019, stieg jedoch im Vergleich zu 2021 um 20 Prozent.

Erschreckend: Deutlich mehr Gewalt auf Schulhöfen

Auffällig sei der Anstieg der Gewalt auf den Hamburger Schulhöfen. Dort wurden 2021 37 Prozent mehr gefährliche Körperverletzungen angezeigt als im Vorjahr.

Bei den Körperverletzungen insgesamt registriert die Polizei sowohl einen leichten Anstieg gegenüber 2019 wie auch zum Corona-Jahr Jahr 2022 (+13 Prozent) auf 21.059 Fälle, darunter 5.555 Fälle von schwerer und gefährlicher Körperverletzung.

Mit vielen Taten stand demnach ein Konsum harter Drogen wie Heroin, Crack und Kokain in Verbindung, insbesondere im Stadtteil St. Georg. Bei den Konsumentendelikten stieg die Anzahl festgestellter harter Drogen um fast 900 Fälle im Vergleich zum Vorjahr.

Mehr sexuelle Angriffe in Hamburg

„Einen spürbaren Anstieg registrierte die Polizei auch bei den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung", so die Innenbehörde. Dazu zählten eine Zunahme bekannt gewordener Fälle von Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie, aber auch gemeldete Fälle von sexueller Belästigung sowie ein Anstieg bei den Vergewaltigungen, sexuellen Nötigungen und Übergriffen in besonders schweren Fällen.

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„Letzteres geht vor allem auf eine erhöhte Anzeigebereitschaft zu Fällen in Partnerschaften zurück", interpretiert die Behörde. Die Zahl stieg um fünf Opfer gegenüber der Zahl von 2019 bzw. 29 Opfer gegenüber 2021 auf 63 im vergangenen Jahr. Die Polizei appelliert daher weiterhin, Sexualstraftaten auch in Partnerschaften konsequent anzuzeigen.

Mehr Gewalt gegen Polizisten

Deutlich häufiger kam es zu Gewalttaten gegenüber Polizisten. Die Zahl solcher Angriffe stieg im Vergleich zu 2019 um 34 Prozent und zum Vorjahr um zwölf Prozent auf 2.597.

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Die Zahl der Betroffenen bei Feuerwehr und Rettungsdiensten sei dagegen um -24 Prozent gegenüber 2019 bzw. -12 Prozent gegenüber 2021 gesunken. Dabei seien die jüngst in der Politik erbittert debattierten Angriffe rund um die Silvesternacht noch gar nicht in der Statistik erhalten. Sie würden erst in der Auswertung für 2023 berücksichtigt.

Kriminalität in Hamburg: In Vorjahren lagen Zahlen weit unter der Norm

In der Statistik für das Jahr 2020, die vor einem Jahr vorgestellt wurde, hatte es in vielen Bereichen stark rückläufige Zahlen gegeben. Etwa bei Einbrüchen (Minus von mehr als 50 Prozent), ebenso wie bei Diebstahlsdelikten, Autoaufbrüchen oder Sachbeschädigung.

Dass diese Entwicklung mit Corona und den damit verbundenen Beschränkungen zu tun hatte und dass das nicht so bleiben sollte, lag für viele Experten auf der Hand.

Polizeipräsident: "2506 Einbrüche sind eine erfreulich niedrige Zahl"

„Für die Kriminalität war die Pandemie quasi ein Glücksfall", sagte Polizeipräsident Ralf Martin Meyer. Im vergangenen Jahr habe das öffentliche Leben wieder an Fahrt aufgenommen, daher sei ein Anstieg der Zahlen zu erwarten gewesen.

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„In vielen Deliktsbereichen bleiben sie aber auch auf dem niedrigen Vor-Pandemie-Niveau von 2019. Besonders freue ich mich über die Entwicklung der Einbruchskriminalität, deren Bekämpfung mir ein besonderes Anliegen ist", so Meyer. „2506 Einbrüche sind eine erfreulich niedrige Zahl." Auch der Polizeipräsident bedankte sich bei seinen Kolleginnen und Kollegen für ihren Einsatz.

Kritik von der CDU: „Nur die Spitze des Eisbergs“

„Obwohl sich der nach Beendigung der Corona bedingten Einschränkungen erwartete Anstieg bei den in der PKS erfassten Straftaten wiederfindet, stellt sich die Frage, ob es sich hierbei nicht nur um die Spitze des Eisbergs handelt", gibt dagegen Dennis Gladiator, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, zu Bedenken.

Beim LKA stapelten sich mehr als 10.000 unbearbeitete Akten, sagt Gladiator und geht daher von deutlich mehr Straftaten aus, als in der Statistik erfasst wurden. „Nach wie vor sind Hamburgs Ermittler heillos überlastet", kritisiert der CDU-Politiker.